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Titan!?

 
Adrian Weber
 
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Adrian Weber

 ·  #31
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Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #32
Lese das Ganze erst jetzt. Kampf dem Sommerloch!

In der Vergangenheit habe ich mit der Verarbeitung von Ti reichlich Erfahrungen sammeln können, insbesondere im Schweißbereich.

Titan ist ein sehr weiches und leichtes Metall, mit relativ hohem Schmelzpunkt. Es ist das leichteste Schwermetall. Die Daten hab ich nicht mehr im Kopf, können jedoch überall nachgelesen werden.

Was Titan so einzigartig und interessant macht, ist seine relativ hohe Beständigkeit gegen Säuren und elektrolytische Einwirkungen, sowie seine enorme Reaktivität mit anderen Elementen, Als Legierungsmetall ist Titan nur in sehr begrenztem Rahmen zu verwenden, weil nur ganz geringe Mengen im Kristallgitter eingebaut werden. Darüber hinaus treten sofort chem. Reaktionen mit den Metallen und Elementen ein, die bei Titan zu unglaublichen Veränderungen führen.

So hat reines Titan (grade 1) beispielsweise eine Festigkeit von etwa nur 30 Kilo. Mit einigen wenigen Promille an Sauerstoff (grade 2), verändert sich diese abrupt auf 70 Kilo. Kommt nun noch Metall ins Spiel, wird es erst richtig interessant. Die meisten Metalle sind jedoch vollkommen ungeeignet als Legierungszusätze für Titan. Umgekehrt geht das schon eher. Hochlegierter Edelstahl mit einer Stabilisierung durch Titan, ist absolut seewasserbeständig und ein wahrhaftes Teufelszeug. Beispiel 1.4571 und Ähnliche. Aus diesen Werkstoffen werden auch Uhrgehäuse gefertigt, man setzt es in der Medizintechnik ein , oder baut Geräte für die Seeschifffahrt daraus.

Als Legierungszusätze für Titan werden vor allem Vanadium und Aluminium verwendet. Eine gängige Legierung von sehr hoher Festigkeit, besteht z.B. aus 4% Aluminium und 6% Vanadium, Rest Titan, auch etwas Sauerstoff. Man sieht, es sind nur geringfügige Beimengungen notwendig, um einen Hightech Werkstoff zu bekommen.

Die chem. Verbindungen von Titan sind fast immer sehr hart und haben keinerlei Ähnlichkeiten mehr mit Metall. Sie ähneln vielmehr sehr oft den keramischen Werkstoffen. Titan mit Stickstoff macht Fräser nicht nur schön goldig, sondern erhöht selbst die Standzeit von Hartmetallwerkzeugen erheblich. Derartige Beschichtungen werden im Vakuum aufgedampft (PVD und SPUTTER verfahren).

Eine ganz besondere Gruppe sind die TitanShape Memory Alloys, oder auch Gedächtnismetalle genannt. Bekannt wurden sie weiten Kreisen als Material für die beliebten FLEX-Brillengestelle. Bei ihnen wird jedoch nicht etwa die Gedächtniseigenschaft der Werkstoffes genutzt, sondern die "Pseudoelastizität". Diese Werkstoffe haben eine Elastizität bis zu 9% (!!!). Davon träumt auch der beste Federstahl vergeblich.

Wo viel Licht ist, gibt es auch immer viel Schatten: Titan hat überhaupt keine guten Lagereigenschaften, davon können Uhrenbesitzer ein Lied singen. Der Verschleiß wütet förmlich. Aus diesem Grund verwenden die Hersteller bei beweglichen Teilen immer Zwischenstücke, etwa aus Messing oder Monel, um den Verschleiß in Grenzen zu halten. Besitzer von Uhren aus Titan wissen ein Lied davon zu singen, wie schnell Titan schadhaft werden kann.

Interessant ist, dass sich Titan unter normalen Umständen nicht atmosphärisch löten lässt. Als nicht anlötbarer Bindedraht ist Ti nicht zu schlagen. Jedoch neigt der Draht zur Entzündlichkeit. Brennendes Ti kann mit Wasser nicht gelöscht werden, das Gegenteil tritt ein, Wasser führt zu Explosionen.

Beim Erhitzen zeigt es das gesamte Farbspektrum als Anlauffarben. Wie Aluminium oder Tantal, lässt es sich auch elektrisch oxidieren. Hierbei kann durch einen Sauerstoff abspaltenden Elektrolyten sowohl die Dicke der Oxidschicht, als auch deren Farbe verändert werde. Mit aufgetrockneten Fremdoxiden, etwa Kupferchlorid, kann diese Eigenschaft verstärkt werden. Teilweise sind so richtig grelle Farbeffekte möglich.

Mehr zum Thema Titan findet Ihr auf meiner Webseite
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #33
Hallo Mario,

je nach Legierung und Abkühlgeschwindigkeit können bei solchen Herstellungsverfahren auch ganz neue exotische Materialeigenschaften entstehen.

Die Eigenschaften können, müssen aber nicht zwangsläufig schlechter sein.

Ein Cousin hat mir von einer Forschungsarbeit (vor 30 Jahren) von 3M berichtet. Die hatten sehr dünne Kupferfäden extrem schnell aus der Schmelze gezogen und extrem schnell abgekühlt. Dies Kupferfäden waren dann magnetisch und konnten als magnetisierbare Gewebe verarbeitet werden.
Kupfer ist normalerweise nicht magnetisch.
myp
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myp

 ·  #34
Zitat geschrieben von MaSa

Vielleicht gibt es hier ja Neuerungen auf dem Gebiet und Du kannst ein paar Beispiele davon zeigen.


Ich guck mal dass ich ein paar Bilder von Bauteilen online stelle.

Gruß
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #35
Zitat
In der Tat lassen sich damit aus den verschiedensten Materialien sehr komplizierte Formen fertigen - allein die Oberflächengüte lässt meiner Meinung nach zu Wünschen übrig, da viel Nacharbeit erforderlich is
t.

Hierbei muss man unterscheiden, welches Verfahren angewendet wurde. Im Bereich der Pulvermetallurgie gibt es zwei große Bereiche: Schichtweise sintern, das aufgetragene Metallpulver wird dann meist mit Diodenlasern verschweißt und anschließend auf Schichtstärken-Sollmaß geschliffen, Lage für Lage. Das ist vergleichbar mit dem Wachsdrucken. Bei diesem Verfahren können auch Innengeometrien erzeugt werden, also z.B. hohle Bauteile. Nachteil: Wie zuvor bereits angeführt, ein ziemlicher Aufwand an Nacharbeit.

Bei dem zweiten Verfahren werden die Bauteile aus Pulver, meist mit einem Extruder gepresst. Das ist wie bei der Kunststoffverarbeitung. In einer geeigneten Form werden die Bauteile aus Pulver und Bindemitteln gepresst und auf einer feuerfesten und reaktionsinaktiven Unterlage deponiert. Dieses vorgepresste Bauteil besteht zunächst noch aus Pulver, welches jedoch durch einen thermischen Sinterprozess zu einem massiven Stück zusammengebacken wird. Diese Erzeugnisse haben eine sehr glatte Oberfläche und sind genau so belastbar, wie andere, massive Teile. Bereits in den Neunziger Jahren wurden diese Verfahren von den Herstellern von Zubehör für Titanbrillenfassungen entwickelt, da sich Titan sehr schlecht und nur teuer und langsam fräsen lässt. Ohne diese Technologie gäbe es aus Kostengründen keine Brillenfassungen aus Titan, mit Scharnieren, Schließblöcken und Stegstützen aus gleichem Material.

Auch im Edelmetallbereich wurde und wird diese Technik bisweilen eingesetzt. Man denke nur einmal an die Trauringe von NIESSING, die ohne jeden Übergang von Weißgold nach Rotgold wechselten, von da dann ebenso übergangslos gelb wuirden, durch alle möglichen Gelbschattierungen wieder in den Weißen, bzw. grauen Bereich verliefen. Durch gezieltes Auftragen von verschiedenfarbigem Goldpulver welches miteinander verpresst und unter hohem Druck erhitzt wurde, hergestellt.

Diese Herstellungsverfahren haben sich für viele Bereiche und Produkte, wegen ihrer leichten Handhabung (allerdings Anlagenintensiv!) und der überaus hohen Qualität und guten Automatisierungsmöglichkeiten bewährt.

In unseren kleinen Werkstätten nicht, oder nur selten einsetzbar, erfreut sich doch eine Abart dieses Prinzips, das Diffusionsschweißen, recht hoher Beliebtheit. Als Mokume Game, bei Stahl auch Damast genannt, bietet das Diffusionsschweißen interessante technische und gestalterische Möglichkeiten.
ricknick
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ricknick

 ·  #36
Mein Brillengestell ist aus Titan ( Beitrag - Masa) und ich bin begeistert.
Hier zählt ja auch jedes Gramm auf der Nase :)
sie hat schon einiges durchgehalten und so werde ich das Material bei der nächsten wieder wählen.
Aus unserem Shop


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