Zitat geschrieben von tatze-1
Sowas, woher weiß Mann denn das?
Das ist schnell erklärt - hast Du 'ne Minute?
Die Geschichte von der Reise des kleinen Goldschmieds
Eines Tages beschloss der kleine Goldschmied übermütig, seinen ersten Urlaub seit fünf Jahren auf einmal zu nehmen. Das Ziel seiner Reise war lange gewählt. Es sollte der Ort sein, an dem sich jedes Ding wohl fühlt, wo eins zum anderen gehört, der Ort, an dem sich Goldschmied und Uhrmacher gute Nacht sagen. Er hatte schon viel darüber gehört und in alten Schriften gelesen...
So bestieg er früh am Morgen sein Eselchen und trieb das Tier in Richtung Westen. Schon kurz nach Antritt der Reise durchzuckte ihn der Gedanke, dass er ohne ein Geschenk an die Wesen dieses Ortes dort nicht willkommen sein könnte. Glücklicherweise lag auf seinem Weg ein Brunnen, von dem es hieß, wer aus ihm tränke, der würde sanftmütig. Der kleine Goldschmied verhandelte hart mit dem Besitzer des Brunnens – der schließlich für ein paar Goldstücke einige Krüge der wundersamen Flüssigkeit her gab.
So konnte die Reise weitergehen. Er ritt zunächst durch grüne Auen, vorbei an blühenden Gärten und die Sonne am Himmel lachte den beiden zu. Manche Menschen winkten ihm und seinem stolzen Eselchen. „Wie freundlich hier die Menschen sind“ dachte er, als sie wieder von einer großen vierspännigen Kutsche überholt wurden, die laut schnaufend und ächzend an ihnen vorbei zog.
Der Weg war gut befestigt und sie kamen rasch voran. Dabei überquerten sie breite Flüsse ohne eine Furt benutzen zu müssen, weil man den Weg hoch über das reißende Gewässer gebaut hatte. „Das müssen mächtige Wesen sein, die hier leben.“ staunte der kleine Goldschmied. Als die Sonne ihren höchsten Stand erreichte, trieb er das Tier zu mehr Eile. Er spürte, das Ziel war nah. In seiner Aufregung verpasste er jedoch eine Gabelung des Weges und so kam es, dass sie an großen rauchenden Schloten vorbei kamen und sich schließlich in einem tiefen Tal wiederfanden. Auf einer großen Tafel stand in goldenen Lettern, dass hier die knöchernen Überreste des ersten Bewohners dieses Tals gefunden worden waren. Jener hatte hier schon gelebt, als es noch gar keine Goldschmiede gab. Ein unheimlicher Ort. Viel schneller als zuvor ritten sie in entgegen gesetzter Richtung davon.
Da sich die beiden nun auf dem rechten Weg befanden, erreichten sie bald die mächtige Stadtmauer. Kein Soldat versperrte ihnen den Weg noch wurden sie und ihre Krüge kontrolliert. Stattdessen hieß sie ein Schild, dessen Wappen er als das erkannte, wie es in den Schriften gezeichnet war, willkommen.
Schon kurz darauf standen die beiden vor der steinernen Residenz des weit und breit mächtigsten Goldschmiedezauberers. Schnell lud sich der kleine Goldschmied die Krüge auf den Buckel, was das Eselchen damit danken wollte, nicht fort zu laufen und an Ort und Stelle auf ihn warten zu wollen. Mit etwas zittrigen Fingern betätigte er das Geläut an der großen Eingangspforte. Zu seiner Verwunderung öffnete sie sich darauf von ganz allein. Er huschte hindurch und befand sich in einer großen Halle mit vielen Türen. Sein goldschmiedischer Sinn wies ihm die Tür zur linken. Nach zaghaftem Klopfen nahm er allen Mut zusammen und öffnete sie energisch. Zwei Feen empfingen ihn und fragten nach dem Grund seines Besuchs. Er deutete auf seine Krüge und hoffte so, die Feen milde zu stimmen. Die waren aber gar nicht beeindruckt und fragten erneut, was sein Begehren sei. Er gab sich also zu erkennen und sagte, dass er zu einer geheimen Zusammenkunft geladen wäre, bei der es um einen magischen Kasten ginge, der in der Lage sei, Blitze wie die vom Himmel zu erzeugen. Eine der Feen deutete ihm, er solle ihr folgen. Er durchschritt einen großen Raum, der mit überaus geheimen Schriftrollen angefüllt war, verwinkelte Gänge, in denen er sich allein sicher verirrt hätte. Als sie an einer Tür vorbei kamen, durch die Tageslicht drang, sagte ihm die Fee, dort draußen könne er seine Krüge abstellen. Um den wertvollen Inhalt wissend, folgte er nur widerwillig der Anweisung. Aber was blieb ihm übrig, schließlich wollte er ja zum geheimen Treffen zugelassen werden!
Nach einer weiteren Vorhalle gelangten sie schließlich in das allerheiligste: unzählige Goldschmiedeplätze reihten sich aneinander, unvorstellbar viele Werkzeuge, von denen der kleine Goldschmied das ein oder andere wieder erkannte, eine riesige Feuerstelle, überdacht von einem gigantischen Rauchfang und im Zentrum des Raumes der mächtige Goldschmiedezauberer im Gespräch vertieft mit dem Bewahrer des Geheimnisses vom Blitzkasten. Viele andere Goldschmiede huschten geschäftig umher, grüßten freundlich und entschwanden wieder in den zahllosen Gängen. Es war herrlich anzuschauen! Hier konnte man sein, was man war – Goldschmied! Schnell ergriff ihn eine Art heimatliches Gefühl. Seine Sinne wussten nicht, was sie zuerst wahrnehmen sollten, bis sie an den kleinen, aber wachen Augen des mächtigen Goldschmiedezauberers hängen blieben. Aus dessen gewaltigem weißen Rauschebart hörte er seinen Namen, dann wurden Hände geschüttelt und dazu wurde köstlicher, heißer Kaffee gereicht.
Wie der kleine Goldschmied bald erfuhr, hatte der mächtige Goldschmiedezauberer bereits damit begonnen, dem Bewahrer des Geheimnisses sein Wissen zu entlocken. Im Zuge der überaus schwierigen Verhandlungen wurde schließlich der geheimnisvolle blitzerzeugende Kasten auf gebaut. Ein wahres Wunderwerk der Alchemisten, dass es mit unglaublicher Energie möglich machte, nahezu jedes Material untrennbar mit einander zu verbinden. Der Bewahrer des Geheimnisses beherrschte diese Energie mit unglaublicher Leichtigkeit. So wurden ihm diverse Szenarien zur Probe vorgelegt, die er allesamt meisterte. Natürlich wollten sie aus ihm auch das letzte Quentlein Wissen holen und so schlug der kleine Goldschmied den Genuß der köstlichen Flüssigkeit aus seinen Krügen vor. Bereits nach dem zweiten Krug wurde der Bewahrer ganz sanftmütig und verriet auch die letzten Geheimnisse des Blitzkastens. Jedoch schworen alle, die Geheimnisse nur an wenige Auserwählte weiterzugeben, so dass an dieser Stelle leider nicht davon berichtet werden kann. Der Genuß des Brunnenwassers führte beim Bewahrer schließlich zum Erfolg – er kehrte zufrieden zurück und erklärte dem kleinen Goldschmied, dass er an diesem geheimen Ort den Zeitpunkt des Geburtstages des mächtigen Goldschmiedezauberers erfahren habe. So erlangte auch der kleine Goldschmied Kenntnis davon.
Erst spät, als die Sonne schon längst nicht mehr schien, trennte man sich wieder und der kleine Goldschmied navigierte anhand der Sterne am nächtlichen Himmel auf dem Rücken seines braven Eselchens zurück in seine Heimat.
Ob die Geschichte wahr ist? Natürlich ist sie wahr – genau so hat es sich zugetragen!