Liebe Forum-Gemeinde,
branchenintern habe ich einige Diskussionen aufgegeben, aber da die Mehrzahl der Leser vermutlich einige Dinge nicht so genau weiß, finde ich es an der Zeit, diese Dinge ein wenig zu relativieren, denn das Bild welches gezeichnet wird erscheint mir ein wenig einseitig:
1. JRG/IS
Zitat
Übrigens: Die JRG ist von den Verbänden gekapert worden und die IS scheiterte an der Engstirnigkeit der jenigen, für die die ganze Mühe gedacht war.
Meine Mutter hat mit Ihrem Geschäft damals eine Vereinbarung unterzeichnet, dass sich der Rechnungsbetrag mit ihrem Hauptlieferanten um 5% erhöht, welche dieser Initiative zu Gute kommen. Für sie ist der Eindruck entstanden, dass zunächst mal nach Geld aus dem Fachhandel gerufen wurde und man dann mal schaut, was damit gemacht werden kann. Denn das einzig greifbare Ergebnis war eine CD mit Motiven, die sie bakam! Und 5% bei einem Hauptlieferanten sind ein paar Euro mehr im Jahr als die erwähneten 50! Dann bleibt natürlich nur ein übler Nachgeschmack für , in diesem Fall, "die Engstirnige".
2. Mainstream-Ware
Ich schreibe als einer, der ein Geschäft mit nicht unerheblichen Kosten, vor allem aber mit nennenswerter Personalverantwortung führt.
Es ist leicht diese Ware zu verteufeln, wenn man sein Geschäft in einer günstigen Kostenstruktur betreibt, vielleicht sogar "nur" Einzelkämpfer in einer B-Lage ist.
Für mein Geschäft sieht es so aus , dass ich den vergleichsweise hohen Bestand an "besseren/individuellen/handgefertigten" Waren durch die Rohgewinne aus dem niedrigeren Bestand an "Mainstream-Ware" subventioniere. D.h., dass es nicht eine Frage des Angebotes, sondern vielmehr eine Frage des Interesses ist. Übrigens stellt sich das auch in der Auslage (Schaufenster) so dar. Die aufwendigere Dekoration, der größere Platz für die "nicht-Maistream" Ware...
Mit dieser Aufteilung erreichen wir zwar einen höheren Anteil an (subjektiv) besserer/werthaltiger Ware als Kollegen die überwiegend auf Trends und Marken setzen, aber für eine betriebswirtschaftlich rentables Ergebnis kann es dennoch nicht aufkommen. Da hilft auch nicht, auf die Mentalität der Verbraucher zu schimpfen. Egal, ob es die "Geiz-ist-geil-Fraktion" oder die "Armee der uniformierten Konsumenten" ist.
3. Der "Juwelier", ein reiner Händler ohne Fachkompetenz? "...Nur ein Gewerbeschein genügt...."
Ich bin ganz sicher, dass der Verbraucher unterscheiden kann, ob jemand ein selbsternannter Juwelier ohne background ist oder nicht. Und auch einige fachlich versierte Teilnehmer dieses Forums sollten ein wenig mehr Objektivität gegenüber Kollgen oder Wettbewerbern zeigen.
Viele Juweliere (natürlich nicht alle!) haben durchaus handwerkliche Ausbildungen (Goldschmiede, Uhrmacher, Juwelenfasser) oder vergleichbare, die zur Führung eines Geschäftes befähigen (Gemmologen, Kaufleute... ) und sind in Ihren Städten als anerkannter Fachbetrieb über Generationen verwurzelt. Ein Juwelier hat nicht zwangsläufig keine (Goldschmiede-)Werkstatt. Auch wenn der Umsatzanteil der Handelsware entsprechend bedeutender ist, kann ein Juwelier durchaus ein größeres Handwerksvolumen in eignenen Werkstätten erzielen, als manch ein rein handwerklicher Goldschmiede- oder Uhrmacherbetrieb.
Wo "man" Schmuck kaufen sollte, muss jeder Verbraucher selbst entscheiden. Um zwei Extreme zu beschreiben: Er kann bei dem Goldschmied mit guter handwerklicher Qualifikation, der aber maximal lokale/nationale Messen oder gar nur das Internet besucht um seinen Wissensstand zu erreichen, genauso falsch aufgehoben sein, wie bei dem Juwelier-Kaufmann, der jede internationale Messe besucht und dort die schönsten Neuheiten sehen kann, aber nur nach günstiger, evtl. schlecht gemachter Ware sucht. Dass es dazwischen jede Menge Möglichkeiten gibt, wo der Juwelier-/Goldschmiede-Kunde ein für sich geieignetes Angebot finden wird bzw. einen guten Kauf tätigen kann, ist wunderbar und macht die Vielfalt der Branche aus.
Diejenigen, die, sei es aus welchen Gründen auch immer, unnötig und pauschal andere seriöse Teile der Branche diskreditieren, tun der Branche insgesamt keinen Gefallen. Vor allem wiedersprechen sie mit ihren Aussagen dem was Schmuck darstellen kann:
Individualität, Toleranz, Mut, Harmonie, ein Teil unserer Kultur und was jeder sonst mit Schmuck ausdrücken möchte.
Es ist wohl ähnlich wie in der Textilbranche: Der Schneidermeister, der "nur" eine Änderungsschneiderei betreibt, wird viel weniger Anlaufpunkt für die Mode-Käufer sein, als das Modehaus mit einem ausgewogenem Sortiment.
Andererseits hat sicher der ambitionierte Maß-Schneider ein Publikum, ohne gegen Modehäuser Stimmung machen zu müssen...
In diesem Sinne, schönen Sonntag für alle
Mathias