Die Frage von Daniel ist durchaus berechtigt.
Ich bin momentan auf der Suche nach Trauringen aus Platin und habe mir daher viele Angebote machen lassen. Fazit: Ich habe noch nie so eine starke Preisstreuung für ein wirklich vergleichbares Produkt gehabt, dessen Wert sich stark durch den Materialpreis definiert und relativ einfach zu berechnen ist. Aber gerade bei Dingen die mit Hochzeit zusammenhängen wird man sehr leicht über den Tisch gezogen, weil man sich diesen Tag ja nun auch etwas kosten lassen will. (Ähnlich wie bei Beerdigungen).
Es ist natürlich sehr einleuchtend, dass der Preis von Platinringen sehr stark an den Preis von Platin gebunden ist. Daher erzählen einem die meisten Goldschmiede auch sofort etwas von dem stark schwankenden Platinpreis und dass sie daher die Angebote nur für wenige Tage binden können etc.
Sieht man sich den Platinpreis dagegen mal an, so sieht man, dass dieser z.Zt. eher günstig ist und mit ca. 26 Euro pro Gramm nur halb soviel kostet wie z.B. vor einem Jahr. Die
Ringe kosten aber irgendwie genau das gleiche, wie vor einem Jahr. Seltsam, oder? Man hat den Eindruck, dass steigende Platinpreise direkt an den Kunden weitergegeben werden, sinkende dagegen nicht.
http://www.finanzen.net/rohstoffe/platinpreis
Der 2. Punkt ist, dass kleinste Änderungen an der Form, der Breite oder an dem Profil des Ringes direkte Auswirkungen auf den Endpreis haben, da ja auch entsprechend mehr oder weniger Platin benötigt wird. Das leuchtet ein. Komischer weise hat aber der Parameter, der das Volumen des Ringes (und damit natürlich auch die entsprechend benötigte Masse an Platin) am allermeisten beeinflusst, nämlich die Größe (Umfang) des Ringes bei den meisten Goldschmieden überhaupt keinen Einfluss auf den Preis. Seltsam oder?
Es geht sogar noch weiter:
Eheringe kauft man immer im Paar (logisch) daher werden meistens Paarpreise angegeben. Frauen haben üblicherweise natürlich kleiner Finger als Männer, aber auch hier spielen beide Ringgrößen überhaupt keine Rolle. D.h. ein homosexuelles Pärchen mit 2 Ringen in Größe 65 zahlt für die gleichen Ringe genauso viel wie das hetero Pärchen mit Ringgröße 65 und 52 bzw. das lesbische Pärchen mit 2x Ringgröße 52 obwohl letzteres nur 20% weniger Platin benötigt. Wie viel die Ringe letztendlich wiegen, die man kauft gibt kaum ein Goldschmied an, und das aus gutem Grund, da man damit den tatsächlichen Wert des Ringes sehr einfach berechnen könnte.
Natürlich müssen auch die Herstellungskosten berücksichtigt werden, aber auch hierzu ein kleines Beispiel: Ich habe mir bei einem Goldschmied 2 Ringe konfigurieren lassen und diese aus Titan herstellen lassen. Die beiden Ringe kosteten zusammen 212 Euro. Bei Titan ist der Materialpreis wohl zu vernachlässigen, daher können wir davon ausgehen, dass die 212 Euro sich fast vollständig aus den Herstellungskosten zusammensetzen.
Nun habe ich das Volumen der Ringe bestimmt, indem ich sie gewogen habe und das Gewicht durch die Dichte von Titan (ca. 4,5 g/ccm) geteilt habe. Die beiden Ringe wogen zusammen ca. 6,4 g was einem Volumen von ca. 1,42 ccm Titan entspricht. Zur Gegenprobe habe ich noch den Wasserverdrängungstest mit den beiden Titanringen gemacht, was ziemlich genau das gleiche Volumen ergab.
Um nun die Masse von Platin zu berechnen, die man zur Herstellung der beiden Ringe aus Platin benötigt muss man einfach dieses Volumen der Ringe mit der Dichte von Platin (ca. 21,45 g/ccm) multiplizieren. Dies ergibt ca. 30,5 g Platin. Rechnen wir ein gutes halbes Gramm drauf für den Verlust bei der Verarbeitung so sind wir bei ca. 31 g Platin, also ziemlich genau einer Feinunze Platin (ca. 31,1 g). Diese Feinunze Platin kostet z.Zt. ca. 800 Euro. (31 g x 26 €/g = 806 €)
Addiert man dazu die 212 Euro die der Goldschmied sich für die Herstellung der beiden Titanringe berechnet hat, so landet man bei gut 1.000 € für die Herstellung der identischen Ringe aus Platin. De Facto wollte der Goldschmied jedoch 2.400 Euro für die beiden Platinringe haben, also rund 1.400 Euro mehr, als sich aus dem Materialpreis und den Herstellungskosten ergeben. Hinzukommt, dass Goldschmiede aus Gründen der Materialhärte nicht reinstes Platin verwenden sondern eine 950er Legierung mit nur 95% Platin, also eigentlich nur 29,5 g Platin.
Nun könnte man argumentieren, dass die Verarbeitung von Platin schwieriger ist, als die von Titan, und der große Preisunterschied zwischen den Platin und den Titanringen daher rührt. Sieht man sich jedoch mal die Schmelztemperaturen von Titan (1668°C) und Platin (1772°C) an, so sieht man, dass diese gar nicht weit auseinanderliegen. (Zum Vergleich: Eisen schmilzt bei 1535°C, Gold schon bei 1065°C und Silber bei 962°C)
http://www.ptable.com/
Alles in allem ist Platin ähnlich schwer oder einfach zu verarbeiten wie Titan und das ganze ist eine riesen Abzocke!