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Hilfe beim Guss von Eheringen

 
Philipp92
 
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Philipp92

 ·  #1
Hi ihr Lieben Kollegen,

Ich brauche mal eure Hilfe. Ich habe mir Ende letzten Jahres aus einem Dentallabor Nachlass einen kleinen Gussraum ausgebaut.
Indutherm MC 15 Gießgerät, Vorwärmöfen von Mihm-Vogt und jede Menge Ausstattung. Also super Equipment. Eine Einarbeitung in (den Dentalguss) mit phosphatgebundener Einbettmasse mit Silber 925 gabs auch.
Ich möchte nun Eheringe in guter Qualität herstellen. Momentan mache ich das mit einer diagonalen Lötfuge mit der ich die Ringe im Zweifelsfall (bei Stabilitäts Tests) 10 Größen dehnen und wieder stauchen kann ohne dass der Ring irgendwelche Spuren abgesehen von den Druckstellen vom Stauchen bekommt.
Ich habe nun ca. 10 Güsse mit Gold gemacht und dabei viel von dem Wissen hier im Forum und den Seminarinhalten von Herrn Butschal angewandt und stetig die Parameter verändert. Habe von phospahtgebundener Speed auf reguläre gipsgebundene Einbettmasse gewechselt.
Nun sehen die Güsse auf den ersten Blick immer super aus. Durch das Argon keine Oxidschicht, kaum Lunker und wenn dann nur sehr kleine die bei leichtem schmiegeln verschwinden.

Der letzte Versuch z.b. war mit gipsgebundener Einbettmasse in einer kleinen 6er Muffel.
Programm 280/580/750 Grad mit 2/5/8 Grad aufheizen pro Minute dann abkühlen auf 400C 30 min halten und Guss von 585 Gelbgold/satt von Hafner bei 950C nach Datenblatt. Verwendet wurde ein Graphittiegel ohne Schmelzpulver und nur frisches Gold. Die Ringe waren 4mm und 2mm breit und 1,7mm hoch

Mein Problem ist nun dass bei jedem Versuch die Ringe sobald ich sie entweder mit dem Hammer strukturiere oder weiter Walze sie von der Oberfläche her rissig werden. Das passiert auch nicht bei starker Verformung sondern schon nach einer Runde Hämmern um den Ring. Das kenne ich so von geschmiedetem Metall überhaupt nicht. Mir ist schon bewusst dass die Korngrösse nach dem Guss nicht so fein ist wie handgeschmiedet aber selbst wenn ich den Ring mehrmals langsam aufwalze und weichglühe passiert beim stauchen sofort wieder das gleiche, dass innen im Band Risse und Verformungen entstehen.
Ich habe die Ringe mit Borax wieder eingeschmolzen und in eine Stahl Kokille gegossen um zu prüfen ob es verunreinigt ist. Klappt problemlos und lässt sich ohne irgendwelche Mucken weiterverarbeiten.

Ich verlinke noch ein paar Videos auf denen man sehen kann wie ich die Ringe anwachse und ein Video eines gehämmerten Rings. Einmal auf der Innenseite nach dem Hämmern und einmal auf der Außenseite nach 3 Größen ausdehnen um den Effekt besser zu sehen. 3 Größen ist viel aber mit einem geschmiedeten Ring würden zumindest keine Verformungen entstehen.
Und beim gegossenen Ring waren sie auch nach einer Größe schon sichtbar.


Hat von euch jemand eine Idee was ich hier verbessern kann?
Ich würde mich sehr über Rückmeldung freuen!

Grüße aus Rosenheim,
Philipp
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Philipp92
 
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Philipp92

 ·  #2
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #3
Da das Material in der Eisenform gut ist und in der Küvette nicht, kann man schon mal einen Legierungsfehler ausschließen.

Nach den Videos würde ich den Verdacht des übergroßen Kornwachstums zustimmen.

Wie macht man die kleiner?
1. Die Körner wachsen beim langsamen Abkühlen in der Nähe des Gefrierpunktes immer schneller bis es fest wird. Diese Zeitspanne muss man klein halten.

a. Küvette kälter hilft ein wenig (400°C ist ein guter Mittelwert für Schmuck, Eheringe kann man auch bei 200°C giessen und nur extrem filigrane Stücke mit deutlich unter 1 mm Querschnitten bei 500-600°C), aber noch mehr hilft eine Schmelze, die gerade noch so die Form füllt und dann schnell erstarrt. Als Mittelwert nehme ich 30-35°C über der optischen Flüssigkeitsgrenze (Solidus). Bei meinem 585 Gelbgold sind das etwa 860°C. Kann man selber mal ausprobieren, indem man in 10er Schritten die Temperatur senkt bis der Glanz der Oberfläche nachlässt und die sichtbare Kristallisation beginnt und die Schmelze matschig wird.
Hier ist es noch einmal schön erklärt: https://www.agosi.de/wp-conten…iFibel.pdf

b. Kornfeinerzusätze in der Legierung helfen das Kornwachstum dadurch zu bremsen, dass sie viele Kristallistationskeime bilden, die dann schnell aneinanderstoßen und nicht mehr weiter wachsen können. Dazu gibt es viele Ansätze.
Ich hatte gelesen, dass Metallstäube aus der Platingruppe, die nicht im Gold schmelzen, sondern Aggregate von nur wenigen dutzend Atomen bilden, als Kornwachstumkeime gelten.
Da hatte ich aber nichts parat und habe mir dann folgendes ausgedacht. Wenn eine sichtbare Rhodiumschicht auf einer dünnen Messingfolie mehr als Einhundert Atomlagen dick ist und in 30 Sekunden in meiner Galvanik entsteht, dann müsste eine Rhodiumschicht von nur 10-20 Atomlagen in 3 Sekunden entstehen. Wenn ich dann ein kleines Stückchen einer solchen sehr dünnen Messingfolie in die flüssige Goldschmelze werfe, dann müsste sich das Messing schlagartig auflösen und kleine Fetzchen der Rhodiumbeschichtung in der Schmelze verteilen. Das habe ich dann ausprobiert und die Güsse sind gleichbleibend auch nach mehreren Neuschmelzen deutlich feinkörniger geworden. Seitdem mache ich das immer bei neuem Gold.

c. Es gibt speziell für Guss optimierte Legierungen und Legierungszusätze. Die sind anders als die Legierungen für Schmiede.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #4
Philipp92
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Philipp92

 ·  #5
Hallo Herr Butschal,

Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Danke auch dass sie so frei ihr Wissen teilen ihre Seminarinhalte und die vielen Antworten hier im Forum sind sensationell!

Ich werde auf jeden Fall in den kommenden Tagen einmal mit den Temperaturen experimentieren und Rückmeldung über die Ergebnisse geben.
Das ist für mich der Punkt den ich jetzt am einfachsten beeinflussen kann.

Den Ansatz mit den Kornfeinerzusätzen finde ich auch sehr interessant, damit werde ich auch noch experimentieren allerdings habe ich momentan keine Galvani zur Verfügung.
Ich hatte den Text von agosi in der Vergangenheit schonmal gelesen konnte mir damals aber noch nichts darunter vorstellen.

Wenn ich ein optimales Gussergebnis hinbekomme mit möglichst feinem Korn. Mit welcher Qualität kann ich dann rechnen?
Mein Ziel ist es natürlich das handwerklich beste Ergebnis für den Kunden zu erzielen aber die ersten Versuche haben die Erwartungen schon erstmal gedämpft.
Ziel ist es die Ringe viel kleiner zu gießen und größer zu walzen und zu schmieden mit gleicher Qualität wie die bisher geschmiedeten Ringe nur ohne Lötfuge.
Ist das überhaupt realistisch?
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #6
Warum will man die zu klein gießen und dann walzen?

Wenn das Korngefüge fein genug ist und keine Fehler im Gussgefüge sind, dann ist die Qualität vergleichbar. Nur wenn man es härten wollte, wäre das Walzen dann sinnvoll.
Wenn es Fehler gibt, dann kommen sie allerdings beim Umformen raus.
Tilo
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Tilo

 ·  #7
ist denn eine Ringwalze im Bestand?
ich habe mit meinem Gießverfahren niemals Probleme
kommt halt mit viel weniger Aufwand aus und ohne Argon
einfach rotierende Stahlkokillen und Propan oder Propan-Sauerstoff.
dann etwas abdrehen
Anfangsgröße ist meist etwa 40, bei sehr großen und dicken Ringen auch mal 48

und aufwalzen mit 2 Maschinen: die erste mit viel Kraft, aber ohne Rundlaufgarantie und die 2. für die exakte Endgröße und Rundlauf

dann Seiten abdrehen auf Zielmaß und Innenbombierung drehen (meist mit Handentgrater
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #8
Da gießt Du auch in eine runde Eisenform mit fast blitzartiger Abkühlung des Goldes. Das gibt natürlich dem Kornwachstum keine Chance. Das ist eine tolle Sache, kann aber nicht jeder selber bauen. Für Trauringe gibt es wahrscheinlich nichts Besseres. Zum Kaufen gibt es so eine Vorrichtung, glaube ich, nicht.
Philipp92
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Philipp92

 ·  #9
@Heinrich Butschal
Die Idee vom aufwalzen kommt daher, dass ich mit dem Ergebnis bisher so unzufrieden bin ich Möglichkeiten suche die Material Qualität im Nachhinein zu verbessern und zu verfeinern.
Wenn die Qualität übers Gießen direkt einwandfrei wäre würde ich das nur noch fürs Härten von glatten Ringen machen
Aber jetzt geht’s eh erstmal an die Experimente mit der Temperatur und den Kornfeinerzusätzen

@Tilo Ich bin natürlich beim recherchieren auch über deine Methodik gestolpert. Das finde ich auch sehr spannend. klingt nach ner extrem zuverlässigen effizienten Lösung!
Gibts die Stahl Kokillen zu kaufen oder hast du die anfertigen lassen?
Leider haben wir nur eine sehr Windige „Ringwalze“ die für Experimente mit dünnen Ringen reicht aber für breiteres und stärkeres Material wär das Teil unbrauchbar
Tilo
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Tilo

 ·  #10
die Stahlkokillen sind vom Dreher angefertigt
meine kleine Drehbank für die Ringe ist zu klein für die Stahlkokillen.

schlimmer noch: die Ringwalze, die auch mit starken Ringen klarkommt, gibts nur noch gebraucht (oder sehr teuer in Industriegröße und-preis)
und die ist schwer zu finden, weil die, die sowas verkaufen bei ebay oder Kleinanzeigen, entweder eh nicht wissen, was das ist und wie man sie korrekt benennt, und selbst wenn, dann gibts etliche Namen dafür: Rändelmaschine, Randelmaschine, Trauringwalze, Trauringwalzmaschine, Ringrändelmaschine usw usf
schlecht für strategische Suche per automatischer Benachrichtigung.
und: manchmal fehelen dann die Profilröllchen oder es sind eher die früher üblichen schmalen, stark gewölbten dabei und nicht die heute üblichen weniger stark gewölbten Profile, weshalb da auch ein Dreher benötigt wird und die Röllchen gehärtet werden sollten
nicht müssen, aber ungehärtete verformen sich leider. gehärtet ist viel besser

und wenn du nur so eine kleine Ringwalze hast, bei der man einen Drehgriff um die zentrale Welle dreht: nein, die taugt für Trauringe nicht wirklich, da die Ringe darauf sowohl eiförmig werden , als auch, schlimmer noch, S-Schlag bekommen können
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