Zitat geschrieben von susa
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Ich bin manches mal auch ratlos, wie man mit solchen Kunden umgehen soll. Ich versuche es dann immer mit dem Vergleich:
Das ist ein Schrank aus Schweden ,von einem bekannten Möbelhaus.
Sie möchten also eine Sonderanfertigung in Edelholz, ein Leben lang haltbar, an nachfolgende Generationen vererbbar, einmalig in Design und speziell auf ihre Bedürfnisse angepasst, -kann man sich als Kunde nicht vorstellen, daß man diesen Schrank nun nicht zum Preis von dem aus Schweden bekommen kann :roll:
Aber da haben wohl viele Handwerker, nicht nur in unserer Branche , Probleme ,ihren Kunden eine Absage zu erteilen.....
Ein gutes Beispiel hierzu:
Ich habe einen sehr lieben "Nichtkunden" und das kam so:
Ein potentieller Kunde wollte eine Serie liegender Löwen massiv in Feinsilber gegossen und fertiggestellt haben. Sie sollten je um die 5 Kilo Feinsilber wiegen.
Als ich seine Vorstellungen hörte, nur ein Guss, ganz einfach und dann Hochglanz polieren und kosten sollte es auch nicht viel, habe ich abgewunken und Ihm empfohlen das alles selbst zu machen.
Der Hintergrund ist folgender:
Das Feingussverfahren mit dem wir Schmuck und Präzisionsteile giessen eignet sich für Wandstärken von unter einem Millimeter bis zu maximal einem cm. Danach werden die Gussfehler exponentiell stärker und einen solchen Guss auf Hochglanz zu bringen ist extrem aufwendig.
Der Löwe sollte aber an der dicksten Stelle 7 cm im Durchmesser haben.
So etwas herzustellen ist nicht unmöglich aber eben nicht billig. Wir hätten dafür ein anderes Gussverfahren einsetzen müssen.
Das war vor ca einem Jahr. Vor wenigen Wochen war der Kunde wieder bei mir und hat mir 3 solche Löwen vorgestellt.
Er hat eine Geisserei gefunden, die mit einer ordentlichen Ausschussqote von nur 30% die Löwen giesst, für das Absägen der Gussköpfe hat er mit Wasserstrahlsägen und diversen Verfahren experimentiert, den Schwanz und Löcher schweisst er anodisch nachdem die Form auf mehrere 100°C erhitzt hat. Er ist zwei mal in London und bei vielen Firmen in Deutschland gewesen, hat an Arbeitszeit, Reisekosten und Inverstitionen deutlich mehr investiert als ich von Ihm für die Arbeit verlangt hätte. Nur das wäre er niemals bereit gewesen zu bezahlen.
Die Löwen haben großteils tiefe Schrumpflunker in der Bodenfläche, die aber von Ihm als künstlerisches Element gesehen und akzeptiert werden, seine Ansprüche an die Glätte und Politur sind deutlich gesunken.
Und langsam versteht er meine frühere Empfehlung, weil er erkennt wie schwierig es ist sein Projekt zu verwirklichen und wie hoch der Aufwand ist.
Zum Schluss:
Der Löwe sieht wirklich gut aus und meine Kritik bezieht sich nicht darauf das er schlecht gemacht ist, ganz im Gegenteil. Nur entspricht das Objekt nicht den anfangs naiven Vorstellungen des Kunden. Inzwischen weis er warum und hat dazugelernt.
Wenn der Löwe wirklich ein Serienrenner wird, dann wird ihm bestimmt die Arbeit zu viel und dann ist er vielleicht auch bereit einen angemessen Preis bei mir zu bezahlen.
Manchen Dingen muss man einfach die Zeit zur Entwicklung geben.
Viele der jungen Kunden wissen einfach zu wenig welche Arbeiten notwendig sind und haben daher kein Gefühl was eine Goldschmiedearbeit kosten kann.
Ich denke das gerade solche Diskussionen bei denen sich nicht unbedingt die Goldschmiede Rabattschlachten liefern sollen, die notwendige Aufklärungsarbeit leisten können.
Ich denke da mit Grausen z.B. an frühere Kampfpreise von Juweliergeschäften, die Ringweitenänderungen und Reparaturen für subventionierte Preise angeboten haben die nicht kostendeckend sein konnten, nur um beim Kunden als billig zu gelten.
Das führt dann dazu das für einen Reifenwechsel mit auswuchten beim Auto locker 80 Euro für eine halbe Stunde Arbeit bezahlt werden, aber eine Goldschmiedearbeit von 2 Stunden deutlich weniger kosten soll.
Daran sind nicht die Kunden schuld, eher eine falsche Preispolitik.