Zitat geschrieben von Brettwerk
Kann ich gut nachvollziehen - aber gehört zur Geschichte eines Gegenstandes nicht auch dessen Nutzung und Erhaltung?
Grundsätzlich kann man sagen, schon, aber eine Bedingung ist das nicht. Die Kirche will ihre Stücke erhalten haben, aber auch nutzen. Die Museen wollen ihre Stücke nur noch erhalten. Und wenn ein Privatmensch ein Stück hat, das er nur noch im Schrank verstauben lassen will, dann muß das nicht mehr unbedingt nutzbar gemacht werden.
Eigentlich ist jeder Handschlag, der an dem Stück gemacht wird, eine Veränderung der Geschichte des Stücks. Ein sensibles Thema. Und das ist die Gewissensfrage, die vor jeder Restaurierung gefragt und durchdiskutiert wird. Was ist das Ziel? Das fällt unter den Bereich Restaurierungsethik. Ich versuche mal, mein Unterrichtsskript etwas zusammenzufassen. Reparatur, Restaurierung oder Konservierung.
Eine
Reparatur versetzt den Gegenstand in einen gebrauchsfähigen Zustand zurück, mitunter unter Inkaufnahme von Veränderungen, die weder form- noch materialgerecht sind. Die historische Substanz steht definitiv nicht im Vordergrund.
Bei einer
Restaurierung wird der Gegenstand ebenfalls wieder in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzt. Erneuerungen dürfen hier aber nur vorgenommen werden, wenn’s keine andere Lösung gibt. Die höchste Priorität bei einer Restaurierung gilt der Substanzerhaltung.
Konservieren bedeutet, daß der Gegenstand in dem Zustand, wie er gerade ist, der Nachwelt erhalten bleibt. Nichts wird verändert oder erneuert. Gefährdete Teile werden ohne Reparatur gesichert, damit der Verfall gestoppt wird. Wenn etwas aus optischen Gründen ergänzt werden muß, dann muß das sofort als neu erkennbar sein und auch so montiert sein, daß es später einmal ohne Beschädigung der Originalsubstanz wieder demontiert werden kann.
Welcher dieser drei Ansätze letztendlich verfolgt wird, hängt u.a. vom Auftraggeber und seiner Intention und vom historischen und ideellen Wert ab.
Man kann sagen, daß im Grunde genommen die Übergänge zwischen den Restaurierungsansätzen in der Praxis meist fließend sind, da eine klare Trennung oftmals schwierig ist. Mischformen sind daher durchaus üblich. Für den Restaurator bedeutet dies aber immer, die Originalsubstanz zu erhalten.
Restaurieren heißt nicht „wieder neu machen“. Letztlich gibt das Objekt die Maßnahmen vor, die der Restaurator nach eingehendem Schadensbefund in seinen Maßnahmenvorschlägen dem Kunden anbietet und detailliert auseinandersetzt. Welche Maßnahme dann effektiv umgesetzt werden soll, das entscheidet letztendlich der Kunde. Das WIE allerdings obliegt dem Restaurator. Wenn ein Restaurierungsauftrag erteilt wird, dann wird zusätzlich zur Bestands- und Schadensaufnahme in Wort und Bild jeder Handschlag schriftlich und bildlich dokumentiert und diese Dokumentation zusammen mit dem restaurierten Objekt dem Kunden übergeben, damit später genau nachvollzogen werden kann, was wie gemacht worden ist und im Zweifelsfall, wer es verbockt hat. Die Verpflichtung zur Dokumentierung ist in der Charta von Venedig begründet.
Zitat geschrieben von Silberfrau
Keiner will ein teuer restauriertes Auto, nur zum Ansehen! Der vorgesehene Benutzungszweck ist ein essentieller - wenn nicht sogar DER essenzielle Bestandteil eines Oldtimers. Ausnahmen wie "das erste Benz-Fahrzeug" vor.
nicht immer. Ich zitiere jetzt mal direkt aus dem Skript von Andreas Bachmeier:
"Im profanen Bereich wird in der Regel das Objekt in den ursprünglichen Zustand rekonstruiert, ohne auf die Rekonstruierung hinzuweisen. Dies geschieht aus Geldwertgründen, da die Rekonstruierung den Verkaufswert enorm steigert." Er bezog sich hier zwar eher auf profanen Schmuck und Korpuswaren, da die im Moment noch anders bewertet werden als sakrales Gerät und Museumsstücke, aber ich denke, man könnte das auch hier auf dieses Autothema beziehen.
Sodele, viel geschrieben, wahrscheinlich Thema verfehlt, aber ich hoffe trotzdem, etwas informativ gewesen zu sein.