Zitat geschrieben von Heinrich Butschal
Die aber in jahrelanger Stänkerei gegen die EU von David Cameron aufgehetzt worden ist.
Cameron war eher harmlos, er hatte die Ankündigung, ein Referendum über den Verbleib in der EU abzuhalten aus parteipolitischen Gründen (um die Brexit-Leute bei der Stange zu halten bzw. endgültig ruhig zustellen, keiner ging ja davon aus, dass die Befürworter gewinnen) gemacht. Er war damals in einer Koalition mit den Libdems und dachte auch, dass er dieses Versprechen machen kann, da die Koalition auch nach der Wahl fortgesetzt wird (die Libdems hätten einer Abstimmung über den Austritt nicht zugestimmt, sie waren damals entschieden pro-EU). Cameron hat also darauf gewettet, dass er das Versprechen nicht einzulösen braucht. Entgegen der Umfragen hat Cameron dann doch die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen gewonnen und sah sich gezwungen sein Wahlversprechen einzulösen. Und der Rest ist Geschichte...
Boris Johnson war übrigens auch nicht für den Austritt, er hat die Kampagne nur unterstützt, um sich in eine bessere Position für die Cameron Nachfolge zu bringen, sein Ziel war es Premierminister zu werden. Johnson hatte sich bis zum Schluß alles offengehalten und hat, wenn ich mich recht erinnere, Cameron nur eine SMS geschickt, in der stand, dass er doch Leave unterstützten wird. Dann hat er seinen Artikel an den Telegraph geschickt und ist in den Wahlkampf eingestiegen.
Selbst Johnson und die Brexiteers dachten nicht daran, dass sie gewönnen. Deshalb hatte auch keiner einen Plan in der Schublade, als das Votum doch für den Austritt ausging (vgl. dazu die Abstimmung in Dänemark über den Maastricht Vertrag, dort hatten die Gegner fertig ausgearbeitete Positionen/Vorschläge, auf Basis derer Dänemark dann seine Sonderregeln bekommen hat).
Das Ganze erinnert an einen über die Stränge geschlagenen Saufabend mit gegenseitigen Herausforderungen, Wetten, Spielchen und Neckereien von Halbstarken aus der Oberschicht; am nächsten Morgen kommt das Dienstpersonal und räumt auf bzw. Papa schickt einen Scheck.
Die ganze Diskussion über einen Austritt Großbritanniens geht zurück bis zum Beitritt. Bereits 1975, 2 Jahre nach dem Beitritt zur EWG, haben die Britten schon einmal darüber abgestimmt, ob sie bleiben wollen oder gehen. Damals haben sie sich für ein Bleiben entschieden. Dann war für knapp 20 Jahre mehr oder weniger Ruhe (abgesehen von Thatcher und ihrer Klopferei mit der Tasche), Fahrt aufgenommen hat die Diskussion wieder nach dem (zeitweisen) Ausscheiden Großbritanniens aus dem EWS/WKM 1 Ende 1992.
Anfangs waren es nur einzelne Stimmen, mit der Zeit hat sich die Unzufriedenheit aber weiter fort gefressen, die hauptsächlichen Gründe, die die Menschen dazu bewegt haben, für den Austritt zu stimmen, waren alle innenpolitischer Natur bzw. wurzeln in innenpolitischen Entscheidungen der ersten 2000er Jahre (Stichwort Freizügigkeit, Steuer-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in den Jahren 2007-09 nachfolgend auf die Finanzmarktkrise,...).