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Silber: Feingehalt prüfen?

 
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #31
Liebe Goldschmiede-Gemeinde,
im 14. Jh. entstanden die ersten Goldschmiedezünfte, und in deren Zunftordnungen wurden für die Edelmetallerzeugnisse Mindestfeingehalte festgelegt.
Beispiel sei Nürnberg, 16. Jh.:Die Zunft beauftragte einen Beschaumeister damit, die Erzeugnisse aller Mitglieder auf Qualität von Design, Ausführung, Material, Preis zu überprüfen, denn der Export all der silbernen Ziergeräte hing von der Zuverlässigkeit der Nürnberger Goldschmiedekunst ab.
Der Hersteller schlug seinen Firmenstempel ein.
In meinem Beitrag vom 10.5.07 hatte ich die Stichprobe beschrieben, mit der der Feingehalt kontrolliert wurde.
Wichtig: Es gab keinen Hinweis auf den konkreten Feingehalt des Werkstücks, der Beschaumeister bestätigte nur, dass der vorgeschriebene Mindestfeingehalt garantiert ist und schlug im Auftrag des Rates der Freien Reichsstadt Nürnberg den Grossbuchstaben N neben den Firmenstempel ein. So finden wir es am Fuss der silbervergoldeten Pokale usw.
Beim Schmuck wurde oft auf die Punzierung verzichtet.
In den vielen Kleinstaaten und Freien Reichsstädten war das Verfahren ähnlich.
Wir können heute anhand dieser Stempel die Herkunft der Stücke nachweisen.
Erst im 19. Jh. gab es unterschiedliche Silberlegierungen, deren Feingehalt in Lot Feinsilber angegeben wurde. Häufig findet man beispielsweise Bestecke mit 12 Lot (750 Tsdt.) Silbergehalt. Bei Schmuckstücken sucht man jedoch die Punzierung vergeblich.

Erst mit Inkrafttreten des Stempelgesetzes am 1.1.1888 wurde das reichseinheitliche Verfahren eingeführt, das prinzipiell auch heute noch gilt und auf das ich in einem weiteren Beistrag eingehen werde.
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #32
Liebe Goldschmiedegemeinde,
nach der Gründung des Deutschen Reiches 1872 wurden Währung, Maße, Gewichte usw. für ganz Deutschland vereinheitlicht. So regelte das Stempelgesetz vom 16. Juli 1884, das am 1.1.1888 in Kraft trat, den Feingehalt von Gold- und Silberwaren.
Wichtig ist dabei die nur in Deutschland eingeführte Besonderheit: Das Deutsche Reich kontrolliert und garantiert den Feingehalt, bevollmächtigt aber den einzelnen Goldschmied, seine Erzeugnisse nicht nur mit Feingehalts- und Firmenstempel zu versehen, sondern auch im Namen des Deutschen Reiches die Reichskrone einzuschlagen. In einigen europäischen Ländern muß der Goldschmied genauso, wie er früher zum Beschaumeister ging, auch jetzt noch alle seine Erzeugnisse beim staatlichen Punzamt gegen Gebühr stempeln lassen!
Für Silberwaren gelten folgende Reglungen: Sie dürfen in jedem Feingehalt hergestellt werden. Schmuck kann man auch in jedem Feingehalt stempeln: Feingehalts- und Firmenstempel; Gerät (Bestecke!) darf nur ab Ag800 gestempelt werden: ebenso, zusätzlich Krone (Reichssymbol) und Halbmond (Silbersymbol).
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #33
Um das mit der Stempelung von Schmuck und Gerät noch einmal aufzudröseln:

Schmuck (Ringe, Broschen usw., sowohl aus Gold als auch aus Silber)

  • Kann mit einer Feingehaltsangabe versehen werden - muss aber nicht!
  • Jeder Feingehalt ist möglich (also auch 123 oder 999)
  • Der Firmenstempel und/oder Meisterzeichen ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, wird aber in der Regel dennoch gestempelt
  • Der angegebene Feingehalt darf max. zehn tausend Teile abweichen (ob nach oben oder unten, lässt der Gesetzgeber offen ;) )
  • Reichskrone und Halbmond bzw. Sonnensymbol dürfen bei Schmucksachen nicht gestempelt werden


Gerät (Bestecke, Schalen, Becher usw., sowohl aus Gold als auch aus Silber)

  • Kann mit einer Feingehaltsangabe versehen werden - muss aber nicht!
  • Nicht jeder Feingehalt ist möglich (bei goldenem Gerät darf ab 585, bei silbernem Gerät ab 800 gestempelt werden)
  • Der Firmenstempel ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben, wenn der Feingehalt angegeben wird!
  • Der angegebene Feingehalt darf bei goldenem Gerät max. fünf tausend Teile und bei silbernem Gerät max. acht tausend Teile nach unten abweichen
  • Reichskrone und Halbmond müssen bei silbernem Gerät zusätzlich gestempelt werden, bei goldenem Gerät Reichskrone und Sonnensymbol, wenn der Feingehalt angegeben wird.


Platin- und Palladiumschmuck bzw. Gerät
Keinerlei gesetzliche Vorgaben!

Gruß, Mario.
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Guestuser

 ·  #34
Sehr geehrter Herr Prof. Brepohl,
danke für Ihre interessanten Ausführungen zum Feingehalt von tibetischem Silber.
Klingt plausibel.

An alle Interessenten von Prüfsäure: ich habe die Säure analyisert und nachgemischt. Sie besteht aus etwa 20 %iger Salpetersäure und ist fast gesättigt mit Kaliumdichromat (etwa 12 g/50 ml).
Mit meinem selbst hergestellten Reagenz habe ich praktisch identische Ergebnisse wie mit der gekauften Prüfsäure erhalten.

Eine Optimierung war nicht möglich, mehr Salpetersäure ist ohnehin nicht ratsam (man denke auch an seine Gesundheit, bei 65 %iger werden kräftig nitrose Gase freigesetzt) und mehr Kaliumdichromat geht nicht.
Vorsicht beim Nachmischen, ätzend und cancerogen, die Mischung.

Sorry, hab wieder keine Zeit zum Fotographieren der Silberschale, kommt aber noch.
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #35
Liebe Goldschmiedegemeinde,
Mario hat "das mit der Stempelung" nochmal aufgedröselt, dabei sind seine Hinweise auf die Tolerenzgrenzen besonders zu beachten.
Weil für die Nutzer des Forums die Kennzeichnung der goldenen und silbernen Schmuckstücke besonders wichtig ist (Mario behauptet, dass der Firmenstempel nicht nötig ist), möchte ich ihm widersprechen und ich fordere jeden, der Schmuck herstellt, nachdrücklich auf. unbedingt mit Feingehaltsstempel und Firmenstempel die Verantwortung für die Qualität der Edelmetalllegierung zu übernehmen!
Ich beziehe mich auf den Text der Urfassung des Gesetzes:
§3. Abs. 1.Die Angabe des Feingehaltes auf goldenen und silbernen Geräten geschieht durch ein Stempelzeichen, welches die Zahl der Tausendteile und die Firma des Geschäfts, für welches die Stempelung bewirkt ist, kenntlich macht.
Abs. 2. (bezieht sich auf die Symbole Krone, Sonne Halbmond).
§ 5.Abs. 1. Schmucksachen von Gold und Silber dürfen in jedem Feingehalt gestempelt werden...
Abs. 3. Das gemäß §3 bestimmte Stempelzeichen darf auf Schmucksachen von Gold und Silber nicht angebracht werden.
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Guestuser

 ·  #36
Was mich noch bezüglich der Stempel interessieren würde:
Darf man heute noch Silber mit 800 stempeln?
Ich verlaß mich nämlich drauf, dass auf den Antiquitätenmärkten die 800er-Stempel ein Beweis für ein gewisses Alter sind.
Und in diesem Zusammenhang: Ab wann wurde mit 925 bzw. 835 gestempelt?
Und: welche Literatur ist im Hinblick auf Stempel aus dem asiatischen u. südeuropäischem Raum empfehlenswert? Ich hab mir den Jan Divis zugelegt, aber der hilft mir oft nicht weiter. Ich habe etliches aus Iran, Libyen, Persien, Ägypten etc. und da sind völlig unbekannte Punzen zu sehen.

Wegen dem Bild von der Silberschale muß ich mich entschuldigen, die Fotos sind überhaupt nichts geworden, muß es nochmal probieren. Kommt noch.
Goldie
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Goldie

 ·  #37
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #38
Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
(Mario behauptet, dass der Firmenstempel nicht nötig ist), ...

Zu dieser "Behauptung stehe ich nach wie vor.

Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
... möchte ich ihm widersprechen ...

Das nehme ich zur Kenntnis, Herr Prof. Dr. Brepohl.

Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
... und ich fordere jeden, der Schmuck herstellt, nachdrücklich auf. unbedingt mit Feingehaltsstempel und Firmenstempel die Verantwortung für die Qualität der Edelmetalllegierung zu übernehmen!

Das machen wir und darüber hinaus auch alle Kollegen, welche mir bekannt sind. Es geht hier aber nicht nur darum, mit dem Firmenstempel die Verantwortung für den tatsächlichen Feingehalt zu übernehmen. Für die Richtigkeit des Feingehaltes haftet auch der Verkäufer der Ware.

Ich denke (viele Kollegen werden es sicher ebenfalls so sehen), dass es eine schöne Sache ist, ein selbst hergestelltes Unikat mit dem eigenen Stempel zu versehen. So kann unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Jahren noch nachvollzogen werden, wer (und vielleicht auch wann) dieses Stück gefertigt hat (gefertigt worden ist).

Vielleicht ist dies eine geeignete Stelle, noch einmal darauf hin zu weisen, dass es (ich glaube seitens des ZV) die Bemühungen gibt, das Büchlein der Firmenstempel zu aktualisieren. In einem Aufruf wurden alle Kolleginnen/Kollegen gebeten, ihre Stempel(abdrücke) in Form von Bildern an eine zentrale Stelle zu senden - eine sinnvolle Sache, wie ich meine.
Leider habe ich dazu keinen direkten Link parat, aber vielleicht weiß ja eine/r der Kolleginnen/Kollegen mehr darüber.

Gruß, Mario.
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #39
Zitat geschrieben von Goldie
man darf jederzeit unter-stempeln, ...


Hallo Martin, was meinst Du mit "unter-stempeln"?

Gruß, Mario.
Goldie
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Goldie

 ·  #40
hatte mich blöd ausgedrückt, mario, aber was ich meine ist du kannst jederzeit 925 sterling silber auch 800 stempeln, also niedriger stempeln, ohne dabei gegen gesetze zu verstossen. das gilt meines wissens für alle legierungen.

lg
martin
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #41
Zitat geschrieben von Goldie
... du kannst jederzeit 925 sterling silber auch 800 stempeln, also niedriger stempeln, ohne dabei gegen gesetze zu verstossen.


Was Du schreibst, ist sicher richtig - dennoch hätte ich da einen Einwand ;) :

800 vs. 925 - dabei siegt in Punkto Zugfestigkeit und Härte 800!

Was ich damit sagen will - ein 800er Stempel suggeriert mir andere Materialeigenschaften als ein 925er. Der Unterschied wäre im Gebrauch der Sache spürbar.

Gruß, Mario.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #42
Goldie
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Goldie

 ·  #43
richtig, richtig ihr beiden :)

aber ich bezog mich auf silbersammler der meinte dass er sich auf antiquitätenmärkten anhand des stempels 800 auf ein gewisses alter verlässt. ich wollte ihm klar machen, dass es zwar ein anhaltspunkt aber keine garantie für ein gewisses alter ist nur weil etwas mit 800 gestempelt ist.

lg
martin
Tilo
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Tilo

 ·  #44
wenn ich was auf alt trimmen wollen würde, dann würde ich auch in 800er arbeiten, ist doch eh günstiger,
also zusammengefaßt : 800er stempel ist ein indiz,aber kann von fälschern problemlos auch heute hergestellt werden
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Guestuser

 ·  #45
Wenn der 800er-Stempel von Fälschern heute noch verwendet wird, wie erkennt Ihr dann das Alter der Sammelstücke?
Nur aufgrund des Aussehens auf eine Epoche zu tippen, reicht sicher auch nicht.

Ich denke mal, Fälscher machen das nur, wenn der Profit das Risiko rechtfertigt. Z.B.: die Schalen, Teller von 1900 mit 800er-Stempel kosten etwa das 2 bis 3-fache des Materialwertes (natürlich mit Ausnahmen), da lohnt sich die Fälscherei nicht.
Anders siehts z.B. bei einer Zuckerdose von 1700 aus, die kostet leicht mal über 1000 Euro und dann lohnt sich das Plagiat.

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