Hallo Herr Brepohl,
:mrgreen:
Besten Dank für Ihre ausführliche Antwort!
Sie haben ganz Recht, denn Filigran findet man vorwiegend im Trachtenschmuck. Vielleicht könnte man in diesem Bereich die Recherche vertiefen.:arrow:
Über das technische Verfahren konnte ich in 2 Goldschmiedewerkstätten im Balkan schon zuschauen und mitwerkeln; im Grunde besteht die meiste Arbeit darin, den Draht vorzubereiten; er wird Kilometerlang gezogen, hauchdünn, gewickelt und wieder gewalzt.
Das macht es auch möglich, große Flächen mit wenig Material auszufüllen.
Zitat geschrieben von Prof. Dr. Erhard Brepohl
In meinem Buch "Theophilus Presbyter und das mittelalterliche Kunsthandwerk" Bd. II "Goldschmiedekunst". Köln 1999) wird sehr interessant beschrieben, wie am Anfang des 12. Jhh. Filigranbelötungen gemacht wurden.
In meiner Ausgabe "Cellini, Traktate über Goldschmiedekunst und Bildhauerei"(Köln 2005) wird in Kapitel II "Drahtarbeit" ausführlich die Filigranbelötung (Mitte 16. Jhh.) beschrieben.
Das sind die beiden wichtigsten Quellenschriften der Goldschmiedetechniken.
Das werde ich mir mal zu Gemüte führen und auch an meinen Berufschullehrer weitergeben.
Zitat geschrieben von Prof. Dr. Erhard Brepohl
Ich war beispielsweise 1972 in dem Dorf Kransnoja an der Wolga, 500 km östlich von Moskau. Dort wurde im 19. Jhh. in jedem Haus Filigranschmuck gemacht. So, wie etwa im Erzgebirge Spitze geklöppelt wurde. Es war eine Möglichkeit, um im Winter die Zeit zu nutzen, um das geringe Einkommen der Familien etwas aufzubessern. Nach der Oktober-Revolution wurden die Familienbetriebe zu einem Staatsbetrieb mit etwa 500 Beschäftigten zusammengefasst, daneben stand eine Berufsschule, in der der Nachwuchs ausgebildet wurde. In meinem Buch habe ich ein Zigarettenetui abgebildet, das ich dort geschenkt bekam.
Das hört sich interessant an, wie eine kleine "Filigranstadt".
Vielleicht weiß dort noch der ein oder andere etwas über die Historie.
Zitat geschrieben von Prof. Dr. Erhard Brepohl
...und in Ländern wie Deutschland wäre ein gut gearbeitetes Filigranarmband ganz einfach viel zu teuer.
Ja, bei den heutigen Goldpreisen, Internetshops und Guß-Import denkt jeder 3x über die Investition in Schmuck aus Edelmetall nach.
Ansonsten ist die Präzision bei der Filigfranarbeit immer so eine Sache; wie Sie sagten, ein
gut gearbeitetes erfordert viel Zeit. Der Goldschmied, bei dem ich die Filigrankunst intensiver gelernt habe, sprach von einer Redewendung
"filigrane Kunst ist dadurch daß sie keine Maße braucht und auch nicht hat, immer einzigartig".
Zitat geschrieben von Prof. Dr. Erhard Brepohl
Schmuckgeschäfte gab es in Fülle. Dort gab es wunderbaren Hals- und Armschmuck aus Au 750 z. B. aus dem Irak. Als ich nach dem Preis fragte, wurde das Schmuckstück auf die Waage gelegt, mit dem Goldpreis multipliziert, und es ergab sich ein so niedriger Preis...
Es ist meist so, daß im Ausland der Schmuck nach Gewicht berechnet wird. Der Arbeitsaufwand ist unerheblich. Aus diesem Grunde steht in der Regel mehr Quantität als Qualität der Schmuckanfertigung im Vordergrund-also oftmals "schludrig"verarbeitet. ~Die Regel bestätigt die Ausnahme. (oder wie war das doch gleich?)
Liegt der variable Goldpreis tatsächlich an der wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Landes? Also je niedriger die Landeswährung, desto niedriger ist der Goldpreis? (mal von den Börsenkursen abgesehen?!?) Dann wäre es logisch Sinnvoll, wenn jeder Goldschmied sein Gold aus einem Land importieren könnte, wo die Landeswährung deutlich weniger wert ist als der ? Kennen Sie die Zollgesetze und inwieweit es sich lohnt? Oder ist die Verzollung so hoch, daß es im Endeffekt auf's gleiche hinausläuft? Ich meine, wenn "fertiger" (arbeitstechnisch gesehen "Billig"-)Schmuck importiert werden kann, gilt es auch für den Rohstoff Edelmetall? Oder gibt es eine Welt-Wirtschafts-Hand, die darüber wacht? Das würde mich brennend interessieren!
Zitat geschrieben von Prof. Dr. Erhard Brepohl
Ich hoffe, dass ich Ihnen helfen konnte, für weitere Fragen jederzeit gern bereit
Ja, ich freue mich sehr über Ihre Antwort und bezüglich des Filigrans haben Sie mich auf die Idee gebracht, bei den traditionellen Trachtenschneidern Nachforschungen zu versuchen.
Meinen besten Dank
und die besten Grüße!