Goldschmiedeforum
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Zugeschaut: Herstellung von Schmuckstücken mit Rosenmotiv

 
Tilo
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Tilo

 ·  #1
Hier mal eine Anleitung für Schmuckstücke in Form einer Rose, mancher mag sie als altmodisch abtun, aber ne nette Arbeit für den interessierten Hobbygoldschmied ist es meiner Meinung nach, da kaum spezielle Werkzeuge notwendig sind und man gar nicht so furchtbar genau arbeiten muß, um ein ansehnliches Ergebnis zu schaffen.
Mindestausstattung: Arbeitsplatz mit Feilnagel, Sägebogen,Nadelfeilen,Kugelpunzen,"Dremel"o.ä. mit Polierrädchen und -paste,Spitzstichel ,Schaber, Beizmöglichkeit mit Erwärmung,damit es schnell geht,Blechwalze,diverse Zangen,etwas Blei,Lötmöglichkeit mit weicher Flamme(bei mir Mundlötrohr),Edelmetallblech mit passendem Blechlot, Blechschere fürs Lot;Zieheisen und-zange, wenn man nicht den gerade passenden Draht hat,hier 1mm und die entsprechende Bohrmöglichkeit

Die Bilder wurde alle beim Arbeiten mit einer Kodak-Kompaktkamera gemacht, wozu ich die Teile auf ein (anfangs)weißes Stück Papier legte. Ich hätte vermutlich öfter den Makromodus verwenden sollen, manchmal sind die Fotos recht unscharf, was ich auf dem kleinen Display nicht bemerkte. Da ich sie wegen des Uploads mit analogem Modem stark verkleinert habe, ist es nicht so tragisch.

Wie das Walzen von rötlichem Goldblech auf knapp über -,20 mm aussieht, weiß sicher jeder Hobbygoldschmied(bei Jeddeloh gibts schon für unter 200 Euro Walzen, deshalb setze ich diese auch als Mindestausrüstung voraus).Im beschriebenen Fall gehts um Ohrringe, für Anhänger kann das Blech auch ein wenig stärker sein, für einen Ring sollte es doch eher-,35...-,40 stark sein.Für Silber schlägt man auf alle genannten Blechstärken noch was drauf.
Ich laß das Material dann zunächst hart(für Laien: Metall wird durch Walzen hart und anschließendes Glühen wieder weich und verformbar), damit es sich beim Sägen nicht so leicht verbiegt.
Da in meiner Werkstatt seit 60 Jahren ab und zu solcherlei Schmuckstücke gefertigt wurden, gibts natürlich Schablonen, die mehr oder weniger großzügig oder knapp zum Anreißen genommen werden, je nachdem, wie groß die Blüte werden soll, beim ersten Mal wird man um einige Versuche in Silber oder Kupfer nicht herumkommen.(Bild 11)

Zunächst zeichnet man sich also die Blütenblätter aufs Blech (Bilder 14u.15)und sägt sie aus, was das eine oder andere Sägeblatt kosten wird, weil sich das dünne Blech gerne verkantet und die Säge killt.(Bild!13) Für eine größere Blüte beim Anhänger sollte man noch eine weitere etwas größere Lage Blätter herstellen.
Nach dem Aussägen (Bild 16)werden die Blätter etwas befeilt (Bild17)und die Kanten geschmirgelt, mit Abdeckmittel D oder Borax bestrichen und geglüht und gebeizt(sehr schwache Säure oder nur heißes Wasser), bei Bedarf die Fläche mit 400..600er Schleifpapier geschmirgelt, damit grünliche Sudschichten beim Gold bzw. die "Blausilber" genannte Tiefenoxydation beim Silber schon im Ansatz vermieden werden, denn später bekommt man sie mechanisch nicht mehr ab(nur elektrisch durch Glanzentsuden, was ja gerade bei Hobbyisten nicht unbedingt möglich ist und das auch ich wegen mancherlei Risiken vermeide, wo es geht)
Nun erfolgt das plastische Verändern/Treiben/Auftiefen der Blätter mit kleinen Kugelpunzen auf einem kleinen Bleistück, die inneren Blätter nur von oben, die äußeren teils auch von unten her.(Bilder18 u. 19)
Jetzt werden die Blätter von oben schön mit einem Mikro-oder Hängebohrmotor poliert,vorher schleifen ist bei Verwendung ordentlichen Kugelpunzen kaum notwendig.(Bild20 und Bild23 mal probehalber zusammengesetzt)
Für den Kern der Knospe und als Montagehilfe braucht man jetzt rötlichen Draht 1,-...1,1, an den man eine Kugel anschmilzt(Bild21).
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Tilo
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Tilo

 ·  #2
Diese Kugel wird gerichtet, daß sie mittig sitzt , oben spitz gefeilt und mit 3 Kerben versehen, geschmirgelt und poliert. (Bild22)
Nun muß man noch die Blätter mittig ankörnen und bohren mit dem exakten Durchmesser des Montagehilfedrahts(wenn man sie jetzt erst polierte, würde sich das Loch erst mal wieder lötunfreundlich mit Polierpaste zusetzen).Jetzt wird die erste Blütenblattschale und die Knospe gründlich mit Abdeckmittel/Borax behandelt, zusammengesteckt und mit der Pinzette am Draht verkehrtherum haltend von unten/jetzt oben mittels um den Draht platzierter Lotstückchen verlötet, bei Ohrringen wegen schwacher Belastung beim Gebrauch kann man gleich 2 Lagen auf einmal, die kleinste muß dann aber auch schon außen poliert sein . Bei einer Blüte für einen Ring sollten die Blätter jeder Lage vor der Endmontage an Berührungsstellen untereinander verlötet und jede Lage einzeln an den Draht gelötet werden.
Jetzt Beizen, die Außenseite polieren, alles abdecken,die Lötstelle frischen, Flußmittel dran(Borax hat eine zu hohe Wirktemperatur bei Silber)und die nächste Lage anlöten, wie zuvor in der Pinzette nach unten gedreht, habe ich nicht fotografiert, sollte klar sein.
Es nervt ein wenig, immerzu beizen und abdecken, aber ich habe den Eindruck, daß einfach nur neue Abdeckschichten auf alte draufzupacken, wirkt schlechter.
Man muß jede Lage so drehen, daß halt ein gleichmäßiger Gesamteindruck entsteht, sollte die Blüte aufgrund zu unterschiedlich großer Blätterkreise insgesamt zu flach wirken, kann man auch noch flache Miniöse(n) als Zwischenlage verwenden, um die Knospenmitte höher zu bekommen.
Nun kneift/sägt man den noch überstehenden Draht ab..Jetzt muß man sich an die "grünen" Blätter machen: ich verwende dazu blaßgelbes Gold, Perfektionisten könnten eine grünlichgelbe Speziallegierung verwenden, wie sie auch beim Grandelschmuck gebräuchlich ist.Wie auch immer, das Blech für die Blätter habe ich etwa -,35 dünn gewalzt, die Blätter draufgezeichnet (Bild24)und ausgesägt, dann erst geglüht, hier allerdings immer ohne den Zirkus mit Abdecken, denn hier ist ja die grünlichgelbe Sudfarbe gewünscht.
Da ich diese Art Schmuck auch nur alle paar Jahre mal fertige, hätte ich mir mal lieber vorher ein Bild eines älteren Modells angesehn, die Blätter hätten, rückwirkend betrachtet, durchaus kleiner ausfallen können.Die Blätter werden nun außen etwas eingekerbt mit einer Dreikantnadelfeile, mittig graviert mit einem Stichel oder einfach mitebenfalls mit feiner Nadelfeile geritzt. Anschließend auch auf dem Blei mit Kugelpunzen vorsichtig etwas leben einhauchen, also von hinten die Blatthälften wölben und zusätzlich mit Zangen vorsichtig ein wenig knicken entlang der Mittellinie und die Spitze etwas abbiegen.(Bild25u.26)Jetzt noch, das ist natürlich nicht so einfach, mit einem Stichel die Blattadern zur Mitte hin stechen, das muß man ein wenig üben, ist zu schaffen, auch wenn man (so wie ich z.B.)nicht gerade der geborene Graveur ist,man wird gerade als Anfänger auch mal abrutschen, wenns nicht zu tief ist, kann man sachte drüberschmirgeln und selbst ne doppelte Linie ist kein Beinbruch, sonder ne "Laune der Natur" ;-)
Nun und lötet man einen am Ende abgeflachten blaßgelben Draht 1,-..1,1mm als Stiel an(Bild28) Da meine Blätter.(Bild27 zeigt sie von hinten und vorn) tendenziell eher zu groß waren, habe ich sie überlappend zusammengelötet und dann an Stiel und Blüte gelötet(Bild29beim u.31nach dem Löten)
Die beiden auf den Fotos 25/26 erkennbaren Miniblätter sind für die nackigen Ohrringbrissuren.Logisch, daß man jetzt die runden und ovalen Ösen für die Ohrringbewegung wickeln(Bild30),
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Tilo
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Tilo

 ·  #3
aufsägen(Bild32) und ebenso wie die kleinen Blätter an die Ohrringbügel anlöten muß.(Bild33)
Jetzt kommt mal wieder ein kleine Fehlleistung, rechts im Bild 34 die erste Version, die ich angelehnt an das Bild eines Anhängers im Gedächtnis mit offenem Stielende geplant hatte.Die Zwischenöse sollte optisch frei über dem Stiel hängen, dafür hatte ich dahinter eine Überwurföse gelötete.Praktisch hat es mir mit der Lücke zur Blüte aber eh nicht gefallen und schlimmer noch: das Stielende hatte ich wegen der Gefahr des Hängenbleibens in Wollschals z.B.so kurz abgesägt, daß die bereits gelötete Zwischenöse drüberflutschen konnte und dann in der dahinterliegenden Öse hing, was dann natürlich die Hinterseite der Rose nach vorne drehte. Ich habe dann zwar ne kurze Stielverlängerung drauf"gezaubert", die aber nach gewisser Tragezeit/Verschleiß unter ungünstigen Umständen doch den Dreheffekt erzielen hätte können, und da es mir auch nicht so richtig gefiel, habe ich dann die Zusatzöse abgesägt und das Stielende bei beiden Ohrringen zur Öse um-und kürzergebogen und angelötet.
Nach dem Löten der Zwischenösen wurde endlich letztmalig gebeizt,geschmirgelt und poliert("Dremel"),,( Wer in Silber arbeitet, kann ja noch weißsieden,also mehrfach glühen,beizen und "Kratzen",was eine Art Politur mit Messingbürstchen ist).Nun noch die Klappbrissuren angenietet und die Stielblätter abschließend mit nem Glasradierer leicht mattiert , die Polierpaste mit einer Zahnbürste mit warmem "Spüli"wasser abgewaschen ,und gegen Kalkflecken die Ohrringe in destilliertem Wasser gespült und in Buchenholzspänen versenkt zum Trocknen(ja, man kan sie auch einfach trockenpusten und mit nem Baumwolltuch abreiben ;-) )
Einige Zeit später ab ins Etui zum Fotografieren, und endlich fertig.


Zum Schluß jetzt noch das anschließend aus den Tiefen meines PCs beförderte Bild (36)eines größeren Anhängers, farblich nicht exakt, weil vor Jahren anläßlich einer Reinigung mit ner ganz billigen Jenoptikkamera aufgenommen, da hatten wir sogar noch Dornen an den Stiel gemacht und eben die Blätter proportional kleiner.

Anmerkung für die Profis: die Anker-Kette auf dem Bild ist auch Handarbeit in Drahtstärke -, 40 mit handgearbeitetem Federring 5,5mm, zu DDR-Zeiten gabs ja kaum maschinengefertigte Ketten.
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 ·  #4
Wow - was für eine unglaubliche Arbeit in so einem kleinen Schmuckstück steckt.

Danke für die Demonstration und die sehr tollen Fotos dazu!
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #5
Hallo Tilo!

Gratuliere, ein wunderschöner Bericht. Hier wird auch dem Laien klar, dass es sich bei handgearbeitetem Schmuck um Erzeugnisse hoher handwerklicher Schwierigkeit handelt , in Verbindung mit sehr viel Fleiß und Können!

Das ist nicht so einfach wie ins Regal greifen und zur Kasse gehen. Leider darfs dann oft auch nicht sehr viel mehr kosten. Den erforderlichen Preis wird der Kunde jedoch immer nur dann zahlen wollen, wenn er weiß um was es sich handelt. Facit: Wir brauchen Aufklärung und noch viele solcher tollen Berichte!

Gruß, Ulrich
Goldie
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Goldie

 ·  #6
grandios, tilo :super:

danke für deinen super bericht. genau das was ich mir für dieses forum schon immer gewünscht habe. die kategorie "zugeschaut" ist eröffnet und wie ulli schon angedeutet hat, kollegen hängt euch dran, im sinne der aufklärung :)


tilo, alle daumen hoch! :)

liebe grüsse
martin
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 ·  #7
Danke dafür. Hoch interessant!
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #8
Tilo
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Tilo

 ·  #9
ich habe den Text stellenweise deutlich überarbeitet, einige Tippfehler und Ausdrücke korrigiert und Verweise auf die Bilder eingefügt
kaa
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kaa

 ·  #10
Danke für den tollen Beitrag. Ein Laie kann sich oftmals nicht vorstellen, was für eine Arbeit hinter einem Schmuckstück steckt!
Goldie
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Goldie

 ·  #11
admin-info: und die datenbank gibt die bilder nun auch in der richtigen reihenfolge aus

ich kann nur nochmals betonen wie ich tilos mühe honoriere.

oben rechts neben dem topic-titel findet ihr bei jedem thema einen button "thema weiterempfehlen" (siehe abbildung davon unten) - so auch bei diesem beitrag. bitte nutzt diese funktion und empfeht tilos mini-workshop weiter.

danke :)

liebe grüsse
martin
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chrisi
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chrisi

 ·  #12
Hallo Tilo, das ist genau das was ich suche mit Fotos und jeden Schritt erklärt, ganz ganz Toll. Nun kann ich endlich ein Stück Rosendamast mit Blätter und Blüten verzieren.
Macht bitte weiter so im Forum.
:bounce:
Gruß Chris
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 ·  #13
Genial- Danke!
Hellen
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Hellen

 ·  #14
Hallo Tilo

Sieht wirklich sehr hubsch aus. Ich habe eine Frage, hast du die Teile der Rose auf einmahl gelotet oder ein fur ein. :?

schone grusse
Hellen
Tilo
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Tilo

 ·  #15
hallo Hellen
ich habe jeweils eine blattschale auf den stift gesetzt und dann mit lotstückchen von der blütenunterseite, die ich zum löten nach oben hielt am stift, mit lotstückchen gelötete

dann gebeizt, neu abgedeckt und die nächste blattschale angelötete
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