Totalreflektion ist nur ein Teil der Wahrheit. Alleine damit würde kein Refraktometer funktionieren. Bei einem Refraktometer ist auf der Ableseskala i.d.R. ein heller und ein dunkler Bereich zu erkennen. Das hat was mit Reflektion und Brechung des Lichts zu tun. Ich versuche die Erklärung auf Basis eines wissenschaftlichen Artikels, den ich vor einigen Jahren aus dem Englischen übersetzt und hier um sämtliche Formeln, Berechnungsbeispiele und sst. Blabla gekürzt habe.
Licht tritt an der Rückseite des Refraktometers durch eine Öffnung ein, (in der ein gelber Natriumfilter angeordnet sein kann aber nicht muss). Dann trifft es auf einen Spiegel, der das Licht auf das Zentrum eines Halbzylinders überträgt. Dieser Halbzylinder besteht aus hochbrechendem Glas mit einem Brechungsindex von ~ 1,88. An der Grenze zwischen dem Halbzylinder und dem Edelstein wird das Licht teilweise innerhalb des Steins gebrochen und teilweise im Halbzylinder reflektiert. Da der Halbzylinder eine relativ geringe Härte aufweist, muss darauf geachtet werden, dass er nicht zerkratzt wird. Das würde das Refraktometer ruinieren, da der optische Kontakt zwischen dem Edelstein und dem Zylinder unmöglich wäre und man so falsche Werte erhalten würden.
Wenn Licht von einem optisch dichteren Material (mit höherem Brechungsindex) zu einem optisch weniger dichten Material (mit niedrigerem Brechungsindex) wandert, wird alles Licht, das die Grenze der zwei Materialien erreicht, entweder in dem dichteren Material reflektiert oder in dem weniger dichten Material gebrochen, abhängig von dem Einfallswinkel des Lichts. Für jeweils zwei in Kontakt stehende Medien, in denen Licht vom dichteren zum weniger dichten Medium wandert, ist die Trennlinie, in der der Lichtstrahl entweder total reflektiert oder gebrochen wird, festgelegt und kann berechnet werden. Diese Trennlinie wird als kritischer Winkel bezeichnet. Wenn Licht die Grenze der beiden Materialien in einem Winkel erreicht, der größer ist als dieser kritische Winkel, wird der Lichtstrahl vollständig in das dichtere Material reflektiert. Licht, das die Grenze in einem Winkel erreicht, der kleiner als der kritische Winkel ist, wird aus dem dichteren Medium heraus gebrochen (und eine kleine Menge wird reflektiert) in das weniger dichte Medium. Alles Licht, das sich genau im kritischen Winkel bewegt, folgt dem Weg der Grenze zwischen den beiden Materialien. In einem Halbzylinder erreichen der einfallende und der austretende Strahl, wenn auf die Mitte gerichtet, immer die Grenze in einem Winkel von 90 Grad. Brechung tritt nicht auf, wenn ein Lichtstrahl in einem Winkel von 90 Grad auf die Grenze trifft. Ein Halbzylinder wird deshalb verwendet, damit es keine Brechung des Lichts gibt, das in das dichtere Material eintritt oder dieses verlässt.
Das gemmologische Standardrefraktometer kann dieses Phänomen nutzen, da die reflektierten Lichtstrahlen als helle Fläche auf der Skala erscheinen, während die gebrochenen Strahlen nicht sichtbar sind (und daher schwarz erscheinen). Die Hell / Dunkel-Grenze, die auf der Skala des Refraktometers gezeigt wird, ist eine sichtbare Darstellung des kritischen Winkels.
Das gemmologische Standard-Refraktometer misst somit den kritischen Winkel zwischen dem Glashalbzylinder und dem Edelstein und stellt dies auf einer kalibrierten Skala graphisch dar. Wichtig ist es daher, dass beide Flächen – Halbzylinder und zu untersuchendes Material - sauber -am besten poliert- und plan sind. Auf die Transparenz des zu untersuchenden Materials kommt es nicht an.
Hoffe, geholfen zu haben!