Blausilber ist eine landläufige Bezeichnung für diesen Tiefenoxid-Schaden. Es handelt sich um feinst verteilte Sauerstoff-Kupfer Verbindungen, die, wenn ein Teil angeschliffen wird (z.B. durch Polieren) plötzlich als bläulich anmutender Fleck auf der Oberfläche auftauchen. Es ist jedoch keineswegs ein Fleck, sondern eine, das ganze Teil umspannende Schicht. Man kann sie zwar durch Schleifen entfernen, jedoch ist das bekanntlich mit sehr viel Arbeit verbunden. Zudem entsteht diese Schicht immer wieder neu, wenn das Teil erwärmt wird.
Warum aber nun Kupfer-I-Oxid? Wird ein Silberteil erwärmt, entsteht durch die Kupfer-Beimengung Kupferoxid. Dieses sieht an der Oberfläche des Werkstoffes meist schwarz aus. Im Bereich einer reduzierenden Flamme beobachten wir jedoch, dass sich die warme Oberfläche bisweilen mit rötlichen Flecken überzieht, die sich jedoch sofort wieder schwarz färben, wenn man die Flamme weg nimmt und freier Luftsauerstoff mit der Oberfläche in Berührung kommt. Die durch die Sauerstoff verbrauchende Flamme erfolgte Umwandlung von Kupfer-II-Oxid zu Kupfer-I-Oxid (die Flamme hat dem Oxid ein Atom Sauerstoff entzogen (mehr schafft sie nicht!) und verbraucht, daher nun Kupfer-I-Oxid) wird durch den freien Luftsauerstoff sofort rückgängig gemacht und der alte Zustand wird wieder hergestellt. Das Gemeine beim Schmelzen ist nur, dass Kupferoxidul sofort in der Schmelze verschwindet und nicht mehr herausgefiltert werden kann. Hier müssen zur Entfernung andere Mittel herangezogen werden. Die hierzu notwendigen metallurgischen Kenntnisse sind nicht allzu verbreitet und zudem nicht überall anwendbar.
In den tieferen Bereichen einer Silberlegierung, sieht das jedoch anders aus. Auch hier ist das Kupfer der Legierung eine Verbindung mit Sauerstoff eingegangen. Durch den nur sehr geringen Nachschub von Sauerstoff, bleibt die Reaktion mit dem Kupfer jedoch erst einmal in der ersten Stufe stecken, es entsteht Kupfer-I-Oxid (Kupferoxidul). Die Bindungskräfte der Kupfer-Sauersoff-Verbindung sind bei der ersten Stufe wesentlich höher, als bei der zweiten. So ist es auch sehr schwierig, eine Kupfer-Sauerstoffverbindung mit nur einem Sauerstoff-Atom aufzubrechen. Ein vorhandenes, zweites Atom (Schwarzes Kupferoxid) lässt sich dagegen rel. leicht entfernen. Dazu reicht schon eine sauerstoffarme Flamme aus. Ein Vorgang, der uns beim Einschmelzen der Reste oft Probleme bereitet. Kupferoxidul kann weder durch Einschmelzen, noch durch Abbeizen, noch durch Borax oder andere Flussmittel aufgelöst werden!
Beim Einschmelzen von stark kupferhaltigen Resten, sollte man zur Vermeidung übler Folgen, das Material zuerst einmal absäuern, da sich schwarzes Oxid leicht lösen lässt. Oft befinden sich jedoch rote Reste auf der Oberfläche, Sie sollten mit verdünnter Salpetersäure entfernt werden. Die nun metallisch reinen Oberflächen, können nun ganz normal mittels einer reduzierenden Flamme, oder im Graphit-Tiegel unter Kohle (etwas Zucker wirkt Wunder, er verbrennt und hinterlässt reduzierende Kohle, stört auch nicht beim Ausgießen der Schmelze) eingeschmolzen werden. Das Ausgießen selbst sollte man, wegen des mitgeschmolzenen Flussmittels, an der Atmosphäre vornehmen, die Flamme also wegnehmen und einfach ausgießen. Die sich sofort bildende Haut aus Kupferoxid, sorgt dafür, dass kein Borax mit in die Gussform gelangen kann. Ist diese aus Metall, so sollte man diese vor dem Eingießen mit einem Silikon-Trennspray besprühen, wie es die E-Schweißer zur Vermeidung des Anbackens von Metallspritzern auf der Oberfläche der zu schweißenden Teile verwenden.
Reinigt man die einzuschmelzenden Reste nicht vom Oxid, passiert nämlich folgendes: Der schwarze Kupferoxid-Mantel des Materials, verwandelt sich zunächst in Oxydul, da die Flamme oder das Flussmittel ein Atom Sauerstoff wegreduzieren. Der verbleibende, unzerstörbare Rest, schwimmt anschließend als hauchdünne Häutchen in der Schmelze umher und wird mit ausgegossen, wodurch er in das Gussstück gelangt. Da Kupferoxidul keine nennenswerte metallische Bindung mit der Legierung eingeht, reißen die Guss-Stücke beim Walzen und brechen auseinander. Die Bruchstellen sind immer schieferig und kupferfarben. Ist das erst einmal geschehen, ist guter Rat teuer, zumal die ganzen Hausmittelchen dagegen nicht helfen, sondern den Zustand eher verschlimmern. Der Zusatz von Cadmium bei einem neuerlichen Einschmelzen, würde zwar das Problem lösen, kann aufgrund der herrschenden Gesetzeslage, sowie aus Gesundheitsgründen, jedoch nicht empfohlen werden. Andere, evtl. noch wirksame Methoden lassen sich, aufgrund des schwierigen Umgangs und der unkalkulierbaren Folgen für die Legierung, nicht empfehlen, - das sollte den Fachleuten, z.B. in den Scheideanstalten vorbehalten bleiben. So bleibt als einzig empfehlenswerter Tipp, eigentlich nur die Vermeidung der oben beschriebenen Fehler.
Noch ein kurzer Abstecher zum Löten: Die heute verbotenen cadmiumgebildeten Hartlote für Gold und Silber, hatten, im Gegensatz zu den heute erhältlichen, die charmante Eigenschaft Kupferoxidul aufzulösen. Und so wundert es keineswegs, dass Lötstellen aufbrechen, wenn sie oxidierte Bauteile fügen sollen. Beispiel: Ein aufgesägter Ring, wird durch ein eingesetztes Teil vergrößert. Die Sägestellen sind zwar blank uns sauber, das einzulötende Teil jedoch oxidbehaftet. Was geschieht?
Früher: Das flüssige, cadmiumhaltige Lot löste das Kupferoxidul auf, die Lötstelle war OK.
Heute: Das schwarz geglühte, einzusetzende Teil, wird durch Wärmeeinwirkung und das Flussmittel beeinflusst. Das Kupfer-2-Oxid verwandelt sich in Kupferoxidul. Die Lötstelle wird (muss!) bei Belastung aufbrechen! Also immer schön schaben, feilen, schmirgeln, beizen. Vor jeder Lötung! Das brachte uns die EU. Die Fachleute aus Brüssel müssen es ja wissen …