Zitat geschrieben von Schüler
nur finden Sie es nicht ziemlich merkwürdig, dass es sogar die Lehrer selbst sind die es den Schülern der Goldschmiede Klassen sagen?
da ich sehr viele Lehrer, Theorie wie Praxis, an der Schule kenne und auch u.a. einer meiner Meisterklassenkameraden dort unterrichtet, wäre es interessant zu wissen, ob solche Aussagen von Theorieseite kommen oder von Praxisseite. Wenn Du Dich dazu äußern willst, dann aber bitte keinen Namen nennen.
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Kann durchaus sein das sie selber dort waren, aber ich bitte Sie, ein Goldschmied brauch nicht so einen Mist, wie Emailieren, Zisilieren, Sieberschmieden oder Edelsteinschleifen!!!
Ja, ich war selber dort, sowohl in der Lehre als auch in der Meisterausbildung. Und ich muß Dir widersprechen, ein Goldschmied braucht so einen Mist wie Emaillieren, Ziselieren, Silberschmieden oder Edelsteinschleifen.
Emaillieren vielleicht nicht so häufig, dafür wird heute mehr Colorit verwendet, aber beispielsweise bei Firmen wie Wellendorf oder Otto Jakob emaillieren die Goldschmiede noch per Hand. Das weiß ich von mehr als zwei Kollegen, die dort gearbeitet haben.
Kenntnisse vom Ziselieren machen immer Sinn.
Antiklastischer Schmuck kommt ohne Silberschmieden nicht aus, genauso geschmiedete Armreife etc.
Und Edelsteinschleifen. Nun, wenn man das kann und die passenden Maschinen hat, kann man sich tolle Steine schleifen, die es so auf dem Markt nicht gibt. Allerdings ist das eine Bonusfähigkeit, für die andere extra Kurse belegen. Ich spreche aus meiner Praxiserfahrung: Es gab durchaus das eine oder andere Mal, wo ich, weil es der Zeitplan nicht anders erlaubte, Steine wie Onix, Lapislazuli, Opal, Bernstein oder Perlmutt (um nur einige Beispiele zu nennen) an meinem Werktisch selber nachgeschliffen bzw. eingeschliffen habe oder neu aufpoliert habe.
Das Wissen, was Du in diesen Bereichen gelernt hast während Deiner Ausbildung, das kann Dir niemand mehr nehmen. Irgendwann kommst Du in eine Situation, in der Du Dein Wissen rauskramen und anwenden mußt. Und als Goldschmied sollte man immer darauf schauen, sein Wissen theoretisch und praktisch zu erweitern und zu festigen. Der Lernprozeß ist nie abgeschlossen.
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Was bedeutet denn der begriff Goldschmied?
Nicht Emailiertante oder Zisilieronkel oder Silberschmiedhannes, oder Nixenschleifer.
doch, genau das bedeutet der Begriff Goldschmied. Daß der Beruf in diese einzelnen Sparten zerstückelt wurde, liegt an der Industrialisierung. Da wurde für jeden einzelnen Handschlag quasi ein Beruf geschaffen. Bis zur Industrialisierung gabs beispielsweise den Edelsteinfasser nicht, auch keine Poliseusen, keine Graveure, keine Ziseleure, keine Silberschmiede etc. Bis dahin war der Goldschmied alles in einer Person. War von vorne bis hinten für seine Arbeit verantwortlich. Es war beispielsweise noch bis Anfang 20. Jhdt. Pflicht (man möge mich von der Jahreszahl her korrigieren), als Meisterstück einen Pokal zu entwerfen und zu schmieden, alle Steine daran selber zu fassen etc. Der Goldschmied, so wie man ihn heute kennt, ist ein Ergebnis der Zeitentwicklung. Der Kunde gibt einem keine Zeit mehr für Anfertigungen, daher wird möglichst rationell gefertigt, also schlichte, einfache Formen, nicht viel geschnörkel. Wenn Geschnörkel gewünscht wird, wird in Wachs geformt und abgegossen, weil die Zeit fürs Ziselieren nicht mehr drin ist, denn time ist money und der Kunde will kein Geld mehr ausgeben. Wohl dem Goldschmied, der Kunden hat, denen das Handwerk noch den entsprechenden Zaster wert ist.
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Kommen Sie doch auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn Sie selbst Goldschmiedemeisterin sind, oder sind Sie eine "Künstlerin".
ich sehe mich weniger als Künstlerin, denn als Handwerkerin und fühle mich sehr auf dem Boden der Tatsachen stehend.
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Ich selbst würde mich nicht einstellen, wenn ich keinerlei erfahrungen habe, was täglich in einem wirklichem Goldschmiedebetrieb abläuft, dass man nicht mal einfache reperatur arbeiten leisten kann.
wieso? Die Erfahrung hat auch kein Lehrling aus dem Dualen System, der frisch aus der Schule seinen Weg an den Werktisch findet. Darum bist Du ja Lehrling. Die Schule kann den täglichen Wahnsinn in einem Goldschmiedebetrieb nicht ersetzen. Btw. ist das echt ein Unterschied, ob ich in der Schule eine Öse verlöte oder im Betrieb eine Anhängeröse zulöte? Ob ich in der Schule einen
Ring biege, rundrichte und verlöte oder im Betrieb einen Kundenring verkleinere? Der Arbeitsvorgang ist der gleiche, egal ob in der Schule am Werktisch oder in freier Wildbahn, nur unter ein bißchen anderen Konditionen und Zeitvorgaben.