Ob ich so ein Kind habe? Zum einen ja, zum anderen war ich selbst eins. Das mit ADHS kann ich nicht recht nachvollzehen, aber die Erwachsenen wollten bei mir partout immer für die Dinge und Bereiche die Aufmerksamkeit erhöhen, an denen ich nicht das geringste Interesse hatte. Für die Dinge die mich faszinierten, war ich nach Meinung der Erwachsenen immer zu klein. Später hieß es dann gar, ich sei frühreif, was immer das heißen mochte.
Dass ich Dinge die mich interessierten nur ein einziges mal zu hören oder zu lesen brauchte, hat wiederum niemand interessiert. Und dass ich mir mit vier oder fünf Jahren das Lesen selber beigebracht habe, weil es da ein Buch gab mit dem schönen Titel "Die Biene Maja und ihre Abentheuer", hatte die Ursache, dass man mir einige Kapitel vorgelesen hatte, den Rest jedoch nicht. Das Buch war in Gotik gedruckt. Ich kann es heute noch fast auswändig.
Für mich, als die personifizierte Nervensäge, bstand das Leben meist aus Fluchtbewegungen vor dem Ärger und den daraus resultierenden Repressalien der Erwachsenen. Also habe ich ein geheimes Leben angefangen. Und das haben die Großen dann schon gar nicht mehr verstanden, noch viel weniger gut geheißen. ADHS? alles Käse, alles Quatsch!
Das einzige was diesen Kindern fehlt, ist die Gelegenheit sich einzubringen, ernst genommen zu werden und mit wichtigen und interessanten Aufgaben betraut zu werden! Kinder wollen auch was können, wollen sich beweisen, wollen, ja brauchen Beifall und Anerkennung! Die Erwachsenen haben das nie begriffen. In meiner Kindheit jedenfalls nicht.
Als meine Eltern später auf die Idee kamen, dass ich Beamter bei der Bundesbahn werden sollte, bin ich nach Bad-Kreuznach gefahren, wo die Einstellungsuntersuchung mit ausgedehnetn Tests stattfand. War ja eine tolle Reis. Interessant. Na meine Welt war das aber nicht, ich hab so ziemlich alles in den Sand gesetzt, was man mir an Aufgaben vorgelegt hat. Das Einzige, was bei mir wirklich prima war, waren wahrscheinlich die Röntgenaufnahmen.
Und so bin ich dann gegen jeden guten Rat Goldschmied geworden und das bin ich heute noch. Jeden Tag. Macht immer noch Spaß. Ein normaler Arbeitstag hat bei mir etwa 12 bis 15 Stunden. Wenn ich alt bin, mache ich vielleicht weniger. Aber ich bin ja erst (fast) 71
Fazit: Wenn jedes Kind das tun kann (darf) was ihm Spaß macht, spielt es überhauft keine Rolle ob es ADHS hat. Wenn ich das schon höre:
AUFMERKSAMKEITSDEFIZIT! Ich war immer dort viel zu aufmerksam, wo es für mich interessant war. Das haben sie Neugier genannt! Und dass ich zappelig war wie der berühmte Philipp, das lag an der uninteressanten und öden, blöden Umgebung und an den blöden Erwachsenen, die immer die unmöglichsten Dinge von mir wollten. Das war im Ruhigsitzmodus einfach nicht zu ertragen! Heinrich Hoffmann hat es bereits 1845 beschrieben:
„Ob der Philipp heute still
Wohl bei Tische sitzen will?“
Also sprach in ernstem Ton
Der Papa zu seinem Sohn,
Und die Mutter blickte stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Und daran hat sich bis heute nicht das Geringste geändert.
Ich sags mal anders herum: Ein Kind ohne ADHS, ist ein krankes, ein dressiertes Kind! Bei mir hat sich die Krankheit gottlob gehalten, hoffentlich geht sie nie weg, denn es ist ein Stück meiner Natur, mich für die Dinge zu interessieren, die
MICH interessieren. Der Rest geht mir, mit Verlaub gesagt, am Allerwertesten vorbei! Da dürfen sie dann auch gern sagen, dass ich ein Aufmerksamkeitsdefizit habe. Nur das Zappelige ist weg. Na ja, wie war das? Irgendwas...