Schmuck-Themen allgemein
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Wo sind Eure Schmerzgrenzen?

 
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 ·  #1
Moin Forumsiker,

hier kommt sie wieder: So eine unpassende Frage zum Goldschmiedehandwerk, die ich aber nun mal spannend finde. Sie entstand ausgehend von Stefans wundervoller Idee "Schreib es auf!", deren Umsetzung als Textring man auf seiner hp, aber auch hier im Thread zum "Schmuck passend zur zweiten Chance" bewundern kann. Da die Frage aber nicht nur an Stefan gerichtet ist, stell ich sie mal neu und an alle:

Wo sind Eure Grenzen im Umsetzen von Kundenwünschen? Und zwar die prinzipiellen? Was habt Ihr schon abgelehnt oder würdet Ihr nicht machen?

Damit will ich jetzt nicht auf die juristische Seite hinaus, also darauf, dass auch schon ein Handwerker ohne kreativen Anteil selbstverständlich eine klar definierte Verantwortung hat, weil nämlich keineswegs die Verantwortung für Inhalte allein der Auftraggeber trägt. Das ist ja ohnehin eher eine Frage für die Rechtsauskunft.
Mich interessiert die persönliche Seite. Denn erinnert Euch an unseren Thread über den Magersuchtkult und Schmuck als Erkennungszeichen ... oder denkt an verfassungsfeindliche oder strafrechtlich relevante Inhalte und Symbole ... oder auch nur Sitten- und Geschmacksverirrungen oder oder ...

Oder um es so provozierend wie möglich zu fragen: Macht Ihr für Geld letztlich alles?

Wie immer neugihrwisstschone Grüße,
Jade
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #2
Eine Schmerzgrenze ist wenn ich für zu wenig Geld, Pfusch abliefern soll. Das mache ich nicht. Interessanterweise kamen die auch stilistisch und inhaltlich bedenklichen Aufträge fast immer auch aus dieser Ecke.

Ansonsten habe ich in fast 30 Jahren keine großen Probleme aus bedenklichen Ecken gehabt. Ich konnte eigentlich immer aus wirtschaftlichen Gründen (zusätzlich) solche Aufträge ablehnen.

Zusammengefasst: die Spinner sind auch immer Geizig. ;-)
stefan
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stefan

 ·  #3
hallo jade,
wir (meine frau und ich) haben vor jahren eine aussage von diana freeland, ehemalige chefredakteurin der us-vogue von 1962-71 gefunden, die ziemlich gut unsere denk- und arbeitsweise beschreibt. sie hat mal gesagt: „mein erfolg beruhte auf einem einfachen rezept: damit neues entsteht, darf man den leuten nicht geben, was sie wollen, sondern das, von dem sie nie zu treumen wagten.“
vielleicht kanst du nach dieser aussage auch meine haltung zum „neuen“ aus dem thema „was macht euch kreativ?“ ableiten. Sicher haben wir auch moralische grenzen (neben den juristischen), intimschmuck zählt aber nicht dazu. wir tun uns eher mit gestalterischen kompromissen sehr schwer (hallo hardy / ***, ich denke da an unsere stundenlangen telefonate, als es um die umsetzung, der von dir geschützten symbole im schmuck ging- wie weit bist du damit?).
seit ende des studiums (1993) führen wir eine eigene werkstatt und galerie in der wir ausschließlich unsere eigenen arbeiten zeigen. wir machen fast keine reparaturen (unter 5%- selten mal eine restaurierung für einen befreundeten antiquitätenhändler und ab und zu mal eine titanbrille am laser schweißen) wir sehen uns überhaupt nicht als dienstleister und folgen keinen trends (wir versuchen eher selbst welche zu setzen). deshalb arbeiten wir äußerst selten nach kundenvorgaben. es gibt genügend handwerker, die dem geschmack (gut oder schlecht) der kunden folgen. (nur beim textband z.b. bestimmt der kunde über den inhalt- das gehört aber zu diesem konzept).
es ist unser größter luxus im schmuck nur das zu tun, was in erster linie wir für richtig und gut erachten. wenn sich dann jemand dafür begeistert, dann nur weil er wirklich unvoreingenommen, neuem offen gegenüber tritt. derjenige hat dann einen objektiven zugewinn und nicht nur eine erneute bestätigung dessen, was er sowieso schon vor hatte. ich gebe zu, dass diese denkweise (besonders in kriesenzeiten) sehr unökonomisch ist. wenn es aber mal soweit kommen sollte, dass wir am hungertuch nagen, dann glaube ich, können wir immer noch reparaturen von kollegen annehmen, um die teueren geräte, die lehrlinge und uns zu ernähren.

gruß stefan
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 ·  #4
Hallo Stefan,

Deine Denkweise ist mir, wie Du weißt, sehr sympathisch, denn unökonomische Denkweisen sind mir auch aus ähnlichen Gründen nicht fremd. Aber ich möchte doch noch mal zur Frage zurück, wenn eben auch nur in dem einen Fall, der für Dich relevant ist, nämlich dem Textband. Kannst Du Dir einen Text vorstellen, der Dich an die Grenze Deines eigenen Konzepts bringen würde, den Du also zu gravieren ablehnen würdest und zwar UM Deines Konzepts willen, also weil es Dir sonst Deine eigene Idee vergällen würde? Denn jeder Künstler liebt doch seine Ideen und Geschöpfe ...

Jade
stefan
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stefan

 ·  #5
hallo jade, wie heinrich schon geschrieben hat, bis jetzt bin ich an dieser grenze nocht nicht gestossen. eine morddrohung z.b. würde ich anlehnen, sicher auch verfassungswiedrige geschichten (wenn ich es merke) . vielleicht fällt mir noch irgendeine böswilligkeit ein- aber die menschliche psyche ist unergründlich- ich weiß nicht, was den kunden alles einfällt.
stefan
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #6
Hallo zusammen,

ich hatte desöfteren mit derartigen Wünschen zu tun. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen die ich nicht ausführe und auch nicht ausführen werde. Dazu gehören Replikate von Orden und Ehrenzeichen genau so, wie NS- Schmuck oder Schmuck für Teufelsanbeter und ähnliches. Da sollen sich diese Herrschaften andere Quellen suchen. Hinter einem Orden oder einem Ehrenzeichen steht immer auch eine persönliche Auszeichnung.

Eine Inflation auf einem derartigen Gebiet zu fördern, ist einfach unlauter.

NS-Schmuck oder die Anfertigung derartiger Embleme und Abzeichen lehne ich aus so vielen Gründen ab, dass das Internet nicht ausreicht um sie zu aufzuführen.

Schmuck für Teufelsanbeter lehne ich ebenfalls grundsätzlich ab, weil ich damit destruktive Kräfte unterstützen würde, die sich einen Spaß daraus machen, die urpersönlichen Refugien ihrer Mitmenschen kaputt zu machen. Nicht etwa dass ich dies aus religiösen Gründen ablehne, es hat mehr etwas mit der Würde des Menschen zu tun. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für alle anderen Religionen. Man darf die Religionen anderer einfach nicht mit Füßen treten, egal welcher Richtung sie angehören. Aus diesem Gund würde ich derartige Aufträge immer ablehnen, egal in welcher Höhe die Vergütungen winken.

Etwas ganz anderes sind Schmuckstücke, die in anmaßender Form von irgend welchen Gruppen verteufelt werden. Wenn sich also jemand partout eine mit Brillanten verzierte Gewindestange durch seinen Schnibbel stecken will, dann ist das einzig und allein seine Sache. So was mache ich immer, Hauptsache ist, ich muss das Ding nicht einbauen.

Gruß, Ulrich
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