5.10.14
Immer erst "Onkel Jürgen" (nicht Josef - mein Gott, ich bin doch keine 58 und aus Bavaria) fragen, wenn's um "Perlen" geht. "Der weiß doch alles...!"
Zuerst einmal empfehle ich allen Experten - Nicht-Experten sowieso -weltweit und grundsätzlich - wenn hier erlaubt - genug Vertrauen in die eigenen Standing zu haben. Das könnte dann in Statements münden die in etwa lauten könnten: "Sorry, aber von dieser Meterie habe ich KEINE Ahnung - absolut nicht - gar keine - null - nix - nada und "nottingham". Ich finde..., nein, ich bin ganz sicher, dass genau diese "Stärke" (die ja eigentlich nichts als menschliche Normalität ist) Reputation bringt und nicht bei Jenen zu Zweifeln führt, die das Wissen dieser Experte in anderen Feldern schätzen und gerne in Anspruch nehmen möchten und schätzen!
Keiner kann alles wissen!
Ich z.B. habe keine Ahnung von pre-kolumbianischer Kunst - trotz mehrfacher Besuche in SA, darunter auch Kolumbien und Equador (die, meine ich ebenfalls im Raum Quito gesiedelt haben). Deren Goldkunst ist fantastisch, berührt aber nicht mein Herz - vielleicht ein Interesse für mein geringes Interesse!
Zweitens sei gesagt, dass es auch bei bei der Beurteilung von Beads eine Art Grundregel gibt, auf die man sich insgesamt geeinigt hat. Die, das Ferndiagnosen zum Schwierigsten der "Gutachter-Branche" gehören und nur unter Vorbehalt geäussert werden sollten. Ich denke Heinrich wird grundsätzlich zustimmen - Fotos, das haben ja u.a. auch meine eigenen im "Fall Schiaparelli" bewiesen (wenn auch aus Gründen, die hier nie diskutiert wurden und von mir bewußt nicht thematisiert werden konnten. Ich wiederhole: KONNTEN!) reichen nie weit genug, um ein Urteil verbindlich zu machen. Persönliche Inaugenscheinnahme (und ein zweites Gutachten, denn viele Gutachter haben die nicht seltene Angewohnheit ihren Berugskollegen zu widersprechen) ist daher die eindeutig bessere Alternative, wenn man mehr-oder-weniger zuverlässige Angaben haben möchte - was nicht zuletzt von der Qualität und Erfahrung der Begutachter abhängt. Fotos sind nicht nur zweidimensional, auf ihnen kann die Stücke auch nicht fühlen, sie nicht riechen (gerade in Mauritanien von Bedeutung, weil aller Schmuck mit einer wunderbar riechenden Naturpaste eingerieben werden) und auch nicht (in der Hand) wiegen und wirken lassen! Ihr wißt, was ich meine!
In Fällen, wie dem hier zur Begutachtung anstehenden, einer Kette also, deren Herkunft von seiner Besitzerin im präkolumbianischen Kulturraum vermutet wird, kann man sich durchaus einer Ferndiagnose bedienen. Warum die Ausnahme? Weil sich der monetäre Wert wahrscheinlich in engen Grenzen halten wird. Dabei ist es egal, ob die Perlen tatsächlich Taironabeziehungen haben oder nicht!
Ich bin überzeugt, dass die meisten Einzelperlen alt sind. Sehr alt. Antik, jedenfalls älter als 100 Jahre, Am Ende müßte sie ja nur 400 Jahre alt sein, um noch Tairona zugerechnet werden zu können, wenn ich mich nicht irre.
Was läßt mich Alter vermuten? Eindeutig die Patina
wenn man aus Erfahrung und mit guten Argumenten vermuten kann, das ein Stück nicht außergewöhnlich und/oder hochpreisig oder von besonderer kultureller Bedeutung ist einzelner Perlen (besonders die Agate, die Jadeperle liegt, glaube ich, im Fotoschatten, was die Begutachtung der Oberfläche schwieriger macht). Ich sage das auch ohne präkolumbianische Kenntnisse, eigentlich auch ohne großartigen "Stein-Kenntnisse" grundsätzlich und vergleiche stattdessen mit den mir relativ gute bekannten DZI-Perlen - bekanntlich ebenfalls Achate - aber auch anderen antiken Achatperlen aus Asien und Afrika. Sind diese Achate KLAR und DEUTLICH als "steinalt" eingestuft - mich würden auch 500 oder 1000 Jahre nicht wundern. Achate sind extrem hart - ist es nicht MH 8 sogar? - und robust, was ihren Einsatz als Schmuck angeht, wo sie ja nicht extremst belastet werden. Haben sie - wie hier deutlich zu sehen - diese alte Patina, kann man durchaus von einigen hundert Jahren und auch mehr ausgehen. Natürlich bleibt selbst hier ein Restzweifel - aus genannten Gründen > fehlende Inaugenscheinnahme.
Wie ein Poster bereits zu recht bemerkt hat, kann man mit 100%iger Sicherheit davon ausgehen, dass die Steine ihrem ursprünglichen Kontext entrissen sind. Die Kette ist KLIPP+KLAR und ohne jeden Zweifel von modernen Händlern neu zusammen gestellt worden. Und das geht (in Afrika) so, wobei zu vermuten ist und logisch wäre, wenn das Vorgehen weltweite Verbreitung erfahren hat!
Der Händler vor Ort kauf auf, was ihm angeboten wird. Altes, Neues, Unbekanntes, Tairona und meist wertlose Touristenklasse. Diese Käufe sortiert er in verschiedene Gefäßt, Wenn sich dann seine Frau und die Kinderchen daran machen für Daddy's Marktbesuch "Halsketten" zusammen zustellen, nehmen sie eine aus dem "Tairona-Schälchen", drei aus der Kiste "alt", 5 aus der Kiste "neu" und 8 aus der Touristenklassenschale. So oder so ähnlich darf man sich das vorstellen. Es ist sehr-sehr selten, dass solche Ketten - jedenfalls jene die im "mittleren Tourihandel" angeboten werden (sagen wir mal 25-50 Dollar aufwärts) authentisch sind. Das ist ja nicht einmal bei (viel) teureren Ketten der Fall - heutzutage und aus Gründen, die man sich leicht denken kann.
Diese Praxis - auch wenn sich meine Beobachtungen überwiegend aauf Afrika beziehen - die meiner Vermutung zugrunde liegt - was dennoch wenig beweist und schon garnicht bestätigt, dass meine Vermutung höchsten Wahrscheinlichkeitsgehalt hat - läßt mich vermuten, das schon aus genau diesen Gründen einige Perlen der Kette neuerem oder neuem Datum sein werden. Die Achate (die ich meine, wobei ich finde, dass dies auch für Nichtkenner offensichtlich ist) sind jedenfalls ganz sicher alt und möglicherweise sehr alt (500+ Jahre).
Patina-Fälschungen! Ooooh jaaa!!!! Und wie! Und wie gut. Und noch öfter als man glaubt. Seit den neunziger Jahren - überwiegend von Asien und hier speziell China ausgehend - werden mit besonderer Vorliebe Achate gefälscht. In Massenproduktion, kann man durchaus sagen!
An dieser Stelle möchte ich zwei Sätzchen zum früheren Thema "DZI-BEADS" einschieben! Diese Perlen sind entweder alt und echt oder sie sind neu und gefälscht! Auf Ebay - ist immer wieder was von einer s.g. "Zwischenperiode" oder "Mittleren Periode" zu lesen, die angeblich 50, 100 oder sogar 200-300 Jahre alt sein soll. Das ist..., mit Verlaub: BULLSHIT - wie der Ami sagt (und sagen darf)! Diese "Mittlere Periode" gibt es nicht. DZI BEADS sind zwischen 1500 und 4000 Jahren alt - ALLE ANDEREN SIND NEU UND FÄLSCHUNGEN, egal ob sie nun 1995, 2000 oder, die wahrschenlichste Variante, im Jahre 2014 gefertigt wurden. Der GRund für diese "Zwischenperlen" liegt allein darin einen hohen oder höheren Preis zu erzielen. Während echt DZI nicht mehr unter 5000 Euro zu haben sind (sie können aber auch 300.000 $ kosten - weder ein Witz noch eine Übertreibung!!!), kosten die neuen (und teilweise durchaus schönen) Stücke zwischen 5 und 25 Dollar. Alles darüber ist NEPP - und nichts als genau das! Mit ihren "Zwischenperiode-Beads" wollen die Händler abkassieren. Sie wissen, dass die Leute keine 5.000 oder 10.000 $ für eine Perle bezahlen, von der sie in der Regel eh keine Ahnung haben, wollen andererseits aber auch der "EBAY-BILLIGWARE" ausweichen die nicht teuerer als 25 $ kosten sollte. Also wurde die s.g. "Zwischen-Periode" erfunden, es wird - oft trickreich und in Holpersprache - was von 50-300 Jahren gefaselt und dann ein Preis gefordert, der üblicherweise um das 10-fache über der "Billigware" liegt. Diese Händler versuchen für solche Fälle natürlich die optischen "schöneren" Perlen auszuwählen, aber was bei DZI zählt sind die "magischen Properties" (Silberfräulein...) und die entstehen nur durch Alter. Lange-lange und sehr interessante Geschichte!
Zurück nach Kolumbien.
Der Weg von China nach Kolumbien oder SA allgemein ist weit, Möglicherweise bedienen sich SA-Händler auch schon beim "großen roten Bruder", aber das entzieht sich meiner Kenntnis. Gehört habe ich es noch nicht! Spielt hier aber auch keine Rolle. Ich erkenne den Unterschied zwischen einer alten Patina und einer "auf alt Gemachten" - sogar auf Fotos, wenn die so schön vergrößert sind, wie hier! Man kann eine Patina nur schwer fälschen. Es wird versucht und zwar mit steigendem Erfolg - aber eine 1-zu-1 Kopie ist bisher noch nicht gelungen. Mit der getürkten Patina lassen sich zwar gutgläubige Kunden ohne Erfahrung übertölpeln, aber wer genug "alte Steine" - speziell Achate, in meinem Fall - gesehen hat, der entwickelt schnell ein Auge für die "echte, alte" Patina. Hätte ich zwei Beispiele zur Hand - einmal 1000 Jahre alt - einmal neu - und würde Euch die Unterschiede zeigen, wüßtet Ihr nach 5 Minuten und für alle Zeiten und alle späteren Stücke ebenfalls unfehlbar Bescheid! Man muß es nur erklärt bekommen - dann wird es eindeutig!
Keiner der hier gezeigten Steine - Ausnahme ist, glaube ich die Jadeperle - ist besonders geschliffen oder geformt oder hat Endkappen aus Gold oder Ähnliches. Insofern können sie keiner bestimmten Zeit und keinem bestimmten Stil zugerechnet werden. Da macht es dann auch nicht mehr (am Preis) aus, dass einige alt sind.
Ich sage es wirklich (!!) nur ungerne, aber ich messe dieser Kette keinen großen Wert zu. Weder im monetären, noch künstlerischen Wert! Der persönliche Wert bleibt davon zum Glück unberührt, ist es doch immer die Geschichte des Kaufes, die zur Historie des Stückes beiträgt und so für einen Wert sorgt, der "unbezahlbar" ist!
Ich schaue mir jetzt - nach dem Absenden der Post - noch einmal die Perlen an. Habe mittlerweile schon fast vergessen, wie sie aussehen!
Ich hätte meine Einschätzung gewiss kürzer fassen können - sogar in einem Satz - oder zweien - wäre das spielend möglich gewesen, aber ich wollte auch 'mal "mein Bestes" geben.
"Man gönnt sich ja sonst nix!"
j