Hier habe ich fälschlich meine Einschätzung platziert!
http://www.dieschatzkisteimnet…3-s10.html
Hoffe der Moderator wird das am Dienstag ins Lot bringen!
Sorry,
Jürgen
[Modedit/Heinrich]
Hallo Jürgen,
hier sind Deine Antworten zu der obigen Frage:
15.9.14 - 22:58 Uhr
Hallo Heinrich, hallo Glasperlenbesitzer,
freue mich, dass mir Gelegenheit gegeben wird etwas "zurück zu zahlen" von den Informationen, die ich in anderer Sache (kein Glas) selber erhalten habe.
Ich habe mir die Fotos genau angesehen. Bessere "Bilder" - speziell was die Vergrößerungen angeht - kann man eigentlich nicht machen. Nichtsdestotrotz, Du wirst mir zustimmen, Heinrich, ist es immer riskant eine verbindliche Auskunft zu geben, wenn man die Spezimen nicht mit den eigenen Augen und im Original begutachten kann. Da es sich hier nicht um Preziosen aus der Schatzkammer der Mogulen handelt, wäre es ja wahrscheinlich nicht tragisch, wenn meine Einschätzung korrigiert werden müßte!
Nach Form, Farbe, Design und Gewicht handelt es sich hier zweifelsfrei um Glasperlen aus Indonesian. Von der Insel Java, um genauer zu sein. Die Handwerker waren und sind Muslime, was typisch, aber nicht zwingend der Fall sein muß. Natürlich gab es auch nichtmuslimische Glasperlen-Künstler, wie u.a. Murano, Gablonz, Neu-Galonz, Lauscha etc. beweist.
Solche Glasperlen wurden ab dem 16. Jahrhundert in (oder auf) Java produziert und sind unter Sammlern geschätzt. Preise von bis zu 200 Dollar/Stück waren normal und wurden bis ca. 2000 bezahlt!
Heute nicht mehr! Der Markt für diese Perlen - die es auch in anderen Designs und Techniken gibt (die hier gezeigten Stücke sind in "feather-technique" hergestellt, wie man das auch von anderen alten und neuen Gläsern, also Nichtperlen, kennt - ist toter als tot!
Die Gründe dafür sind moderne Nachbildungen der authentischen Vorgänger - nicht immer "Fakes" - die heutzutage zu Preisen zwischen ca. 5 und 10 Dollar in verschiedenen Designs - aber immer rund und von einer Größe, wie hier vorgestellt - angeboten werden.
Im Januar diesen Jahres besuchte ich wie jedes Jahr die "Tucson Gem and Mineral Show" in Arizona, die weltgrößte Messe ihrer Art, die in einigen Hallen auch "Ethnoschmuck" anbieten, worunter diese "Beads" (=Glasperlen) eingeordnet werden auf solchen Messen. Ein langjähriger Freund, der seine Sammlung aufgelöst hatte, bot u.a. auch seine "JATIM-Sammlung" (so die Bezeichnung dieser Perlengattung) an. Circa 80-100 Spezimen hatte er zum Verkauf angeboten zu Preisen zwischen 20 (!!) und 40 Euro! Verkauft hat er nicht eine EINZIGE und das obwohl fast alle Interessierten wussten, dass seine "beads" authentisch, also alt (und sowieso in perfektem Zustand, inkl. Patina) waren. Der einzige Grund für dieses Disaster? DER MARKT IST ABSOLUT TOT! Diese Perlen sind nicht mehr zu verkaufen - zu viele "FAKES" haben den Markt überschwemmt, die Kunden und Sammler sind nicht nur skeptisch, sie sind absolut unwillig zu kaufen und das selbst zu den genannten Preisen. Wie bereits erwähnt - 10, 20, 30 Jahre zuvor - also ca. zwischen 1970 und 2000 hätte Freund Bill dafür jederzeit 200+ Dollar erzielen können. Auf der Messe sagte er zerknirscht, dass er in den 1980-er Jahren in Indonesien selbst ähnlich viel bezahlt hatte. Alle Interessierten kannte seine Story, wußten dass seine "beads" echt und alt waren und..."no thanks, Bill - you know why!"
Die drei hier vorgestellten Perlen sehen derart perfekt aus - in allen, wirklich allen wichtigen Parametern - das es nicht möglich ist eine 100% seriöse Aussage zu machen. Das sähe evt. nicht mal dann anders aus, wenn ich die Perlen persönlich begutachten könnte. Selbst die "gecrackelte" Oberfläche (deutlich zu sehen auf der vorderen Perle im oberen Bereich) kann von diesen ABSOLUTEN SPITZEN-BEADMAKERN - "Javanese Jonge", wie der Tabakraucher sagen könnte - heutzutage PERFEKT nachgeahmt werden, ganz abgesehen von der roten, eisenhaltigen Erde - die einen archäologischen Fund unterstellen soll.
Und genau damit kommen wir zu meinem ersten handfesten Argument, das am Ende und per Saldo auf "Fake" hinaus laufen wird.
1.) Glasperlen in Indonesien waren fast immer s.g. "HEIRLOOM" beads. Das heißt Erbstücke, die innerhalb der Familie weiter gegeben wurden, also niemals "unter Tage" in Gräbern gelegen haben. Von all den JATIM, die ich im Laufe der Jahre gesehen habe, zeigten nur ganz wenige die hier vorhandene "archäologische" Patina. Weniger als 5%, würde ich sagen.
2.) Diese drei Perlen wurden (wann...?) auf dem Flohmarkt zu kleinem Preis erworben. Auch das spricht eindeutig für Kopien, es sei denn der Besitzer hätte diese Perlen vor 1990, besser noch früher, erworben. Wäre das der Fall, müßte ich meine Einschätzung zur Authenzität überprüfen. Ich gehe davon aus, der Besitzer hat diese drei Perlen nach 2000 erworben, möglicherweise sogar nach 2005 oder später!
3.) Perlen dieser Art - die Rede ist jetzt von Authentischen, nennen wir sie hier mal "echt", was natürlich eigentlich eine falsche Bezeichnung ist - sind selten genug, um NICHT im Dreierpack aufzutreten. Allein diese Tatsache ist verdächtig, auch weil es sich dem dem Verkäufer mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um einen "Glasperlen-Profi" gehandelt hat, darf vermutet werden. Hätte der heutige Besitzer hingegen ein Einzelstück erworben, könnte diese Tatsache, speziell im Zusammenspiel mit anderen Beobachtungen und Tatsachen - z.B. einer nicht (!) vorhandenen "Untertage-Patina" u.a. - für alt, also für "echt" sprechen. All das ist hier aber nicht der Fall!
4.) Der Preis ist auf den ersten Blick verdächtig. 50 Euro für drei
Beads dieser Art...? Einerseits durch das Auftreten der vielen Fakes zwar denkbar - wie zuvor geschildert - jedoch kaum in Deutschland, wo "Bead Collecting" nicht den Stellenwert hat, wie z.B. in USA, Japan und neuerdings auch China und Russland. Deutsche Sammler - auch die gibt es natürlich - sind nicht so gut informiert wie z.B. die Amis, die in
Bead Societies organisiert sind und über viel "lokale Literatur" (Newsletter etc.) verfügen. In einer solchen Umgebung verbreiten sich Nachrichten - gerade auch schlechte - natürlich viel schneller, als bei uns. In Deutschland und unter den (wenigen) geschilderten Umständen sprechen die gezahlten 50 Euro/Mark eindeutig für Kopien der alten, zwischen dem 16. + 18. Jahrhundert hergestellten Originale.
Wahrscheinlich ist ein Perlensammler im Anfangsstadium seiner Leidenschaft auf "Fakes" herein gefallen, eine Tatsache die er mit vielen Pro's teilt (diese indonesischen Kopien sind einfach so XXXtrem perfekt gefälscht - ganz im Gegensatz zu "Fakes" aus anderen Workshops, die der erfahrene Sammler relativ leicht erkennt). Möglicherweise hat dieser Käufer auch relativ viel Geld für die Stücke bezahlt, nur um dann am Ende aufgeklärt zu werden, dass er "mit Zitronen gehandelt" hat. Danach könnte er seine "Fakes" zu kleinem Preis einem Flohmarkthändler angeboten haben. Dieser - da bin ich fast sicher - wußte genau, was er verkauft und dass es sich nicht um Originale handeln würde.
Könnte ich sehen, ob beide Perllöcher den gleichen Durchmesser haben, wäre das eine sehr wichtige Zusatzinformation. Auch die gäbe keine 100%ige Gewissheit, würde jedoch helfen meine Hypothese - Fake - zu erhärten. Sind beide Perllöcher gleich gross, würde das auf Nachbildungen neuen Datums verweisen. Aufgrund der alten Herstellungstechnik sollte ein Perlloch 2-3 Millimeter größer sein als das andere.
De Fakto ändert sich jedoch nicht am Wert der Perlen. Ob sie im 16., dem 17., dem 18. Jahrhundert oder im Zeitraum zwischen 2000 + 2014 gefertigt wurden - der heute zu erzielende Preis bliebe mit unter 10 Euro pro Stück der gleiche!
Das Ganze ist eine traurige Entwicklung und ein Beweis dafür was "Fakes" anrichten können, auf einem Markt. Ich, an Stelle des derzeitigen Besitzers, würde die Perlen behalten. Es ist durchaus möglich, dass ihr Wert in einigen Jahrzehnten wieder den alten Stand erreicht!
Wie wir gelesen haben: Diese JATIM-Beads aus Java/Indonesien sind s.g. "HEIRLOOM-Beads", die nur innerhalb der Familie weiter gegeben werden.
Auch wenn es sich hier mit hoher Wahrscheinlichkeit um Nachbildungen der alten Stücke handelt, sos ist ihr künstlerischer Wert hoch. Ich glaube nicht, dass einer der amerikanischen oder japanischen glass-bead artists - echte Super-Cracks der Szene, jene die 100-300 Dollar für eine "Perle" verlangen und erhalten, in der Lage wäre, diesen Beads eine solch perfekte Patina zu verpassen! EINMALIG und das alleine ist eine im Westen unerreichte Kunstfertigkeit!
Jürgen
15.9.14 - 23:56 Uhr
Das ist jetzt die dritte Stelle, an der ich meine Einschätzung platziere. Ich blicke' einfach nicht mehr durch - finde auf einmal meinen eigenen Text nicht wieder - verstehe nicht in welchem Forum (diesem hier oder einem anderen) die Urpost (mit Fotos) gepostet wurde und andere Probleme (PW funktionierte nicht mehr - neues kam nicht etc.).
Ich bitte den Moderator meinen Text in den richtigen Raum zu setzen und meine 2 Kopien zu löschen!
In diesem "Schmuck und Uhren" Forum - ich hatte bisher weder die Ruhe noch die Zeit heraus zu finden, inwieweit das hier involviert ist - wurde noch vor meiner Post auf "MILLEFIORI" verwiesen!
Diese Perlen aus Venedig (Murano) - hergestellt in der gezeigten Form zwischen ca. 1880 und 1950 - sind Re-Importe aus West-Afrika und haben nur gaaaaaaaant am Rand etwas mit den ursprünglichen JATIM zu tun.
Weder die Herstellungstechnik, noch der Herstellungsort noch der Herstellungszeitpunkt hat etwas mit "unseren Jatims" (die zudem nie nach Afrika verhandelt wurden) zu tun. Ein Strang Millefiori - wie hier gezeigt - hat einen Wert von ca. 70-80 Euro in Europa - ein Drittel dieser Summe in Afrika, Ghana hauptsächlich!
Eine Perle ist jedoch nicht wie die Andere - wie jeder sehen kann. Und diese Unterschiede im Design machen neben dem Erhaltungszustand den großen Unterschied im Preis aus. Es gibt einzelne MILLEFIORIS ("tausend Blumen", an die das Design erinnern soll) die durchaus 50+ Euro kosten können, während oft gefertigte Designs auch nur 2,3,4 Euro kosten können/jeweils pro Stück. Man das das ALLES (!) nicht über einen Kamm scheren. Murano allein hat hundertausende Designs hergestellt, islamische Künstler ebenfalls - ganz zu schweigen von den vielen anderen Workshops zu verschiedenen Zeiten, seit ca. 2500 BC/Egypt, als Glas als Material erfunden wurde und recht schnell die ersten "BEADS" hergestellt wurden ("Glasperlen" oder auch "Perlen" sagt man eigentlich nicht [mehr] - wegen der phon. Verwechslung mit s.g. echten Süsswasserperlen). Die Amis und anderen englisch sprechenden Länder sagen daher auch nicht "pearls" oder "glass-pearls", sondern "beads" oder "glass-beads".
Die Posterin hat Recht, wenn sie die geschilderte Herstellungstechnik kritisiert, die Millefiori mit den Jatim gleich setzen wollte. Die Techniken sind sehr unterschiedlich. Bei den JATIMs handelt es sich um eine s.g. "FEATHER-TECHNIK". Die wird mittlerweile schon beim "LATTE-MACCHIATO" eingesetzt. Genau so (!!!) wird das auch bei semi-flüssigem Glas gemacht. Man fährt mit einem dünnen, spiitzen Metallgegenstand durch eine Reihe feiner paralleler Linien. Daraus ergibt sich dann zwangsläufig dieses Federmuster. Geht ganz leicht - im Gegensatz zur Gesamtherstellung einer Glasperle!
Bei weiteren Fragen, auch mit Fotos werde ich gerne weiter Auskunft geben!
Jürgen