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Das kann man so nicht stehen lassen. Der Kronenaufzug, der den Schlüsselaufzug abgelöst hat, wurde etwa 1845 erfunden. Die Konstrukteure/Hersteller dieser Uhr müssten also über 50 Jahre hinter der Entwicklung her gewesen sein. während andere Hersteller längst den Kronenaufzug anboten. Lediglich für die Osmanen wurden bis ins 19-te Jahrhundert Schlüsseluhren gefertigt, z.B. Billordes für Serkisoff in Konstantinopel.
Auch handelt es sich hier um kein Ankerwerk, sondern um ein Zylinderwerk, bei welchen die Zähne des Gangrades direkt in die Hohlwelle (Zylinder) der Unruh eingriffen. Ankerwerke wurden damals allgemein nur für hochpreisige Präzisionsuhren verwendet.
Das Gehäuse ist aus Silber, aber das Zifferblatt nicht aus Porzellan. Zifferblätter bestanden und bestehen auch heute noch vielfach aus Kupferblech, vor allem dann, wenn auf ihnen Feueremail aufgetragen wurde. Die Bemalung entspricht dem damaligen Zeitgeschmack. In der Gründerzeit und dem später folgenden Jugendstil trugen die Zifferblätter andere Dekorationen. Auch die Gravur des Gehäuses passt in die Zeit der Romantik, also etwa 1850 bis 1870. Zugrunde gelegt findet man auf dem Deckel eine frühe Guillochierung, bei welcher die hoch stehenden Ornamente ausgespart und von Hand graviert wurden. Der Gehäusemittelrand wurde von Hand graviert. Auch hier passt die Ornamentik in den genannten Zeitraum. Sowohl Mittelrand, als auch die Außenränder des mehrteilig gefertigten Deckels, sowie die Lunette, waren vergoldet. Der mittlere, eingesprengte Deckel war weiß im originalen Silberton. Bicolor- Gehäuse erfreuten sich einer großen Beliebtheit.
So gen. Alpenländische Taschenuhren, wie sie in Bayern und Österreich beliebt waren, reflektieren in ihrer Aufmachung folkloristische Themen. Die Bemalung der Zifferblätter stellte oft Pflanzen oder Tiere dar, auch Jagdmotive sind bei diesen prächtig dekorierten Uhren zu finden. Auch die Gravuren entsprachen diesem Stil eine Trachtenuhr ist aus diesen Gründen sofort als solche zu erkennen, Sehr oft wurden auch so gen. Halbsavonette-Gehäuse verwendet, bei denen auf den äußeren Deckel die Mitte kreisförmig ausgeschnitten war. So war das Erkennen des Zeigerstandes möglich, ohne die Uhr öffnen zu müssen. Die prächtige Zifferblattdekoration war zu erahnen, aber nicht in Vollständigkeit sichtbar, was bei den Betrachtern Neugier und Begehrlichkeit erwecken sollte.
Man kann diese Uhren also recht gut von der hier gezeigten unterscheiden. Ich hoffe, dass Holke nun seinen Informationsbedarf stillen konnte. Eine schöne Uhr, auch selten, und dass es dafür so gut wie keinen Markt gibt, ist der Ignoranz und dem Erwerbsstreben der Sammler geschuldet, die außer der Kenntnis der Schweizer Premiummarken und dem Interesse an ihrer Preisentwicklung keinerlei Bezug zu diesen Dingen haben.