Ohne jetzt den Propheten spielen zu wollen, sehe ich die Entwicklung so:
Die Fettaugen findet man auf der Baselmesse auch in Zukunft wieder. Eine in sich geschlossene Schicht, mit Kunden, deren Interesse es durchaus ist, dass "ihre" Produkte der Allgemeinheit nicht mehr ungehindert zugänglich sind. Folge: Konzessionen, Zertifikatsrummel , Handelshemmnisse und Hochpreise. Davon profitieren sowohl derartige Hersteller, als auch der Kunde. So er sich das leisten will. Man pflegt das Elitäre, Abgehobene, unerreichbare.
Unter den Fettaugen teilt sich das Volumen auch zukünftig in die bekannten Bereiche: Modeschmuck, Billigschmuck in echt und unecht (Stehl etc) Echtschmuck in Silber, Gold, Platin und anderen Metallen, mit und ohne Steinbesatz.
Zum Einsatz kommen immer mehr maschinelle Herstellungsverfahren. Cad und Prototyping sind nur eine Sparte, denn auch Roboter und generative Laserverfahren sind auf dem Vormarsch. Alle diese Verfahren sind sehr kosten und bildungsintensiv.
Das Handwerk in Zukunft wird sich in verschiedene, die maschinelle Herstellung begleitende und ergänzende Bereiche teilen, z.B. Edelstein-u. Juwelenfasser. "Make up-Spezialisten" wie Galvaniseure usw, aber auch die bekannten Bereiche, wie das Anfertigen von allerlei kunsthandwerklichen Erzeugnissen wir weiterhin Bestand haben. Ein großes Problem dürfte die personelle Versorgung werden, da aufgrund der Ausbildungssituation und der Abschaffung des Meisterzwanges eine eklatante Verschlechterung der Nachwuchssituation schon heute verzeichnet werden muss.
Der wichtigste Bereich wird erhalten bleiben, die Durchführung von Änderungen und Reparaturen. Allerdings dürften es für die Schmuckbesitzer immer schwieriger werden, kompetente und leistungsfähige Werkstätten zu finden. Gutes Fachpersonal wird zur absoluten Mangelware, ja es ist es bereits.
Wer sich heute als Goldschmied mit Zukunftsaussichten selbständig machen will, der sollte folgendes Profil entwickeln:
Reparaturen aller Art, soweit sie Schmuck und Gerät betreffen, Fassen, Galvanisieren, Gravieren, Anfertigung und Reparatur aller Einzelteile von Schmuckstücken (alle Materialien), wenn möglich auch CAD- Konstruktionen auf mehreren Systemen, Fräsen/Plotten der erzeugten Zeichnungen und deren gussmäßige Umsetzung in Edelmetall. Metallurische Kenntnisse sind dabei zwingend erforderlich. Essentiell sind auch gute Kenntnisse im Laserschweißen. Das händische Herstellen von Wachsmodellen ist ein weiterer, unschätzbarer Vorteil.
Als Grundvoraussetzung betrachte ich auch weiterhin Formgefühl, Kreativiät in jeder Hinsicht und den ungebremsten Einsatzwillen, ohne den überhaupt nichts geht. Die Herstellung von eigenem, also selbst erzeugten Schmuck, ist zwar auch zukünftig weiter möglich, allerdings erfordert die einen noch besseren "Riecher" für das Gewollte, als bisher ohnehin schon notwendig. Auch sind zur privaten Vermarktung erhebliche Kapitalmittel erforderlich.
Wer es dennoch schafft in den Bereich der "Fettaugen" vorzudringen, wird neben einer international anerkannten, erstklassigen Ausbildung und den dazu gehörenden Zeugnissen, diversen Fremdsprachen, Kontakten nebst dem dazugehörigen Netzwerk, keine schlechten Perspektiven haben. Allerdings ist dies für den Goldschmied an der Ecke, ein fremdes Universum. Es driftet also auch weiterhin kräftig auseinander.