Zwergin,
da es vielleicht auch andere interessiert, will ich etwas ausführlicher antworten. Ausdrücklich sage ich dazu, dass alles Vorgebrachte meine persönliche Meinung und Erfahrung darstellt und nicht unbedingt wissenschaftlich fundiert ist.
Es ist wesentlich schwieriger, weiche Steine zu polieren als harte, wenn man plane Flächen ohne Kratzer und Riefen und wenn man scharfe Kanten zwischen den Facetten haben möchte. Auch inhomogene Steine mit Härteunterschieden sind schwer zu polieren. Weiterhin sind zu beachten Feinheit und Härte des Poliermittels, Härte und "Plastizität" der Polierscheibe, auch Glätte oder Rauheit und Benetzbarkeit.
Weiterhin haben Druck und Drehzahl der Scheibe großen Einfluss und die Scheibe sollte möglichst wenig schlagen.
Wir haben also ganz viele Parameter, die möglichst passend aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Bernstein ist weich, schmilzt bei 300°, ist lipophil und in vielen organischen Lösungsmitteln zumindest teilweise löslich. Entstehungsbedingt hat er innere Spannungen und zerbricht bisweilen ohne Vorwarnung und ersichtlichen Grund. Auf kunstharzgebundenen Scheiben "schmiert" er gern und es werden sogar winzige Teile aus der Oberfläche herausgebrochen. Auf groben Scheiben schleift er schnell, neigt aber zu Sprüngen. Ich gehe daher folgendermaßen vor, wenn ich einen Bernstein facettieren möchte:
Ich suche ein Design mit Winkelwerten für Quarz (gleicher Brechungsindex) und möglichst keine Tropfen oder Marquisen oder andere mit sehr scharfen Winkeln.
Bernstein kann man mit Schellack aufkitten und Schellackreste mit Brennspiritus ablösen. Dabei sollte man den Stein nicht stundenlang im Spiritus liegen lassen.
Vorschleifen mit D151, Feinschleifen mit D54, Feinstschleifen-Vorpolieren mit D20 (alles galvanische oder gesinterte Diamantscheiben).
Polieren auf Bienenwachs-Carnaubawachsscheibe mit Poliermittel gefälltem Calciumcarbonat oder Aluminiumoxid 0,3µ. Das Poliermittel (1 Teelöffel)wird mit 100 ml 30%Brennspiritus und 2-3 Tropfen Glycerin klumpenfrei angemischt und mit einer Sprühflasche aufgebracht.
Niedrige Drehzahl, wenig Druck- Ausprobieren. Nicht trocken werden lassen.
Polierscheibe: An drehende Aluscheibe Heißklebestick halten und g an z dünne Schicht aufbringen.
Passendes Vlies zurechtschneiden und auf heißer Herdplatte auf die Aluscheibe kleben. Mit Klebesteifen aus Natronpapier (braun) einen Rand um die Scheibe kleben. Bohrung ebenfalls zukleben. 50 Teile Bienenwachs, 30 Teile Carnaubawachs, 20 Teile Heißklebestick schmelzen und so weit abkühlen lassen, dass man die Masse noch gießen kann. In die warme Alu-Vliesform gießen und auf einer waagerechten Unterlage unter einem passenden Topf oder Pfanne möglichst langsam abkühlen lassen. Die Wachsreste aus dem Schmelztopf gehen am einfachsten mit Küchenkrepp raus so lang sie noch flüssig sind. Eventuell mit Heißluftpistole nachhelfen. Neugierde bezwingen und erst am nächsten Tag nach der Wachsscheibe sehen - sie muss nicht nur erstarren, sondern auch aushärten. Es gibt jetzt 3 Möglichkeiten:
Die Scheibe ist plan und ohne Sprünge.
Die Scheibe ist plan und hat Sprünge.
Die Scheibe ist gewölbt und hat Sprünge
Im ersten Fall wird die Scheibe sauber abgezogen und ist verwendungsfähig.
Im zweiten Fall werden die Sprünge etwas aufgeschnitten und mit einer tropfenden Kerze "zugelötet". Danach sauber abziehen.
Im dritten Fall legt man die Scheibe auf die heiße Herdplatte und passt auf, wann das Wachs verformbar wird und sich an die Aluscheibe andrücken lasst. Beim Abkühlen passende Platte (Schleifscheibe) auflegen und unter Druck aushärten lassen. Sprünge wie oben behandeln.
Auf diese Weise lassen sich Scheiben mit verschiedener Härte herstellen. Ich habe z.B. auch eine, mit der ich Disthen polieren kann oder Apatit.
Beim Polieren von Bernstein muss man einen Kompromiss machen: ist die Scheibe zu hart, so gibt es Kratzer und Riefen, ist sie weich, so gibt es gerundete Kanten. Die "Härte" lässt sich in gewissem Umfang mit der Drehzahl variieren. Auch die Größe der Facetten spielt eine Rolle. Ob Aloxid oder Calciumcarbonat das bessere Poliermittel ist, kann ich noch nicht entscheiden.
Cabochons gehen gut auf Filz oder Jeans mit Calciumcarbonat.
Fertige Steine mit Samthandschuhen behandeln! Trockenes Abreiben mit Küchenkrepp kann schon Kratzer verursachen!
Frohes Schaffen und viel Erfolg im neuen Jahr!
uhu