Eine Sache, die mir übel aufgestoßen ist, möchte ich doch noch etwas genauer klären – definiere Realität.
Um das hier mal ganz von vorn aufzudröseln – es beginnt mit dem Glas (Objektiv), welches bei der Fotografie verwendet wird. Zwei verschiedene Objektive werden 2 unterschiedliche Bilder produzieren. Das bedeutet, die „erste Verfremdung“ findet physikalisch bedingt durch die zum Einsatz kommenden Gläser statt.
Nächster Punkt - der Film, heute der Sensor in einer Kamera. Unterschiedliche Sensoren erzeugen unterschiedliche Daten. Es gibt neben den bekannten Sensorgrößen wie „Mittelformat, Vollformat, APS-C, Mirco Four Thirds“ noch diverse andere Größen wie 1/1.7“, 1/2.3, 1/2.7“ und so weiter. Neben der reinen Größenangabe ist die Verarbeitung des einfallenden Lichts ein Faktor, der darüber bestimmt, wie das spätere Bild in der Kamera entsteht. Fest programmierte Chips und die Firmware entscheiden bereits im Voraus, welche Daten wie verarbeitet werden. Darauf habe ich als Benutzer keinen Einfluss. Bekanntes Beispiel: die Canon-Farben werden von vielen Menschen als angenehmer empfunden als z. B. die der Sony-Farben. Hier kann man erst per Post korrigierend eingreifen.
Weiters nutzen viele das JPG Format, soll heißen, die Kamera selbst übernimmt die „Fertigstellung“ des Bildes. Dazu kommt hier, dass die Bilder von vornherein komprimiert werden. Die Software entscheidet also darüber, was „wegkann und was nicht“. Einmal gelöschte Bilddaten lassen sich hier nicht mehr herstellen. Sie sind für immer verloren. Andere bevorzugen das RAW Format. Das bedeutet, solange man über die RAW Daten verfügt, kann man selbst über viele Parameter des Bildes bestimmen – immer und immer wieder.
Das war die rein technische Seite. Das, was hinten rauskommt, ist das Ergebnis von Hard- und Software. Gilt im Übrigen ähnlich für analoge Filmkameras.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf kommt nun jemand und sagt, er wolle realistische Bilder erstellen. Was aber sind realistische Bilder? Richtig, es sind ersteinmal Bilder, die wir im Kopf haben. Bilder, von denen wir glauben, sie seien real. Dies vorweg. Edelsteine so zeigen, wie sie wirklich sind? Ok, aber wie kann das gehen?
Wo befindet sich der Edelstein? Ist er in einem Raum? Von welchen Quellen reflektiert er das Licht? Welche Farbe hat dieses Licht? Ist es warm, neutral oder kalt? Wie viele Lichtquellen gibt es? Haben alle die gleiche Farbtemperatur? Gibt es noch ein Fenster, durch das „Tageslicht“ eindringt? Oder befindet sich der Edelstein draußen, vielleicht auf einem Tisch? Welche Tageszeit ist gerade? Welche Jahreszeit? Wo auf dieser Welt steht der Tisch? Gibt es Gegenstände im Umfeld des Steins, welche ihrerseits Licht zum Stein reflektieren? Welche Farbe(n) haben sie?
Ich hoffe, jedem ist nun klar, dass es sehr, sehr viele Realitäten geben kann. In jeder sieht der Stein etwas anders aus. Wie kann man denn nun eine „verbindliche Realität“ festhalten? Schlicht und ergreifend - gar nicht! Was man tun kann, ist folgendes: Man kann den Stein (wo auch immer auf der Welt) unter stets gleichen Bedingungen fotografieren. Im Fotostudio, mit immer gleichen Lichtern, derselben Kamera und stets einheitlicher Umgebung. Ist das dann realistisch? Sicher, aber eben auch nur eine von vielen Realitäten …
Wenn man also einen Stein sehr schön ausleuchtet und fusselfrei ablichtet, dann ist das ebenfalls real!
Unrealistisch wird es dann, wenn ich die Eigenfarben des Edelsteins im Post verändere, wenn ich Kratzer, Macken und schiefe, ausgebrochene Kanten retuschiere und auf diese Weise den Stein aufhübsche. Dann kann man tatsächlich von einer Täuschung sprechen.
Wollte ich nur mal geschrieben haben.