Ebauchieren
Das Ebauchieren oder Vorschleifen ist eine der wichtigsten Arbeiten beim Edelsteinschleifen. Es entscheidet die Größe, die Form, die Reinheit, die Farbe, die Brillanz und die Gewichtsausbeute des fertigen Edelsteines.
Wenn ich eine größere Partie weniger wertvoller Steine zu schleifen habe, bei der die Rohsteine eine unregelmäßige Oberfläche haben, durch die man schlecht in das „Innenleben“ schauen kann, so gebe ich diese Steine erst mal in die Trommel. Der Verlust ist nicht so groß wie man glauben möchte, denn es werden ja zunächst die dünnen und scharfen Ecken und Kanten abgeschliffen und Höhlungen eingeebnet. Die Steine brauchen nicht poliert zu werden, fein geschliffen genügt. Wenn die Steine nass sind, kann man gut hinein sehen und die Reinheit und Farbverteilung beurteilen. Zum Facettieren suche ich nur die sauberen Steine heraus und die, bei denen Fehler am Rand sind und leicht weg geschliffen werden können. Ausnahmen wie Smaragd und andere Steine, die kaum sauber zu bekommen sind, bestätigen die Regel.
Das Vorschleifen mache ich von Hand auf einer groben Diamantscheibe. Die größte Seite kommt nach oben und eine Tafel wird angeschliffen. Störende Einschlüsse kommen weg. Unter der Tafel sollten nach Möglichkeit keine Einschlüsse oder Fehler sein. Oft verändert sich nach dem Wegschleifen der Fehler die Form des Steines dermaßen, dass man den Stein neu orientieren muss. Steine mit Dichroismus werden nach der besten Farbe orientiert. Ebenfalls Steine mit Schiller oder Asterismus und Katzenaugen. Hier ist das vorherige Trommeln von Vorteil, da sich der Stein dann viel leichter orientieren lässt.
Auf einer groben Diamantscheibe lassen sich bestimmte Steinarten, die leicht spalten, nicht vorschleifen. Besonders vorsichtig sind Spodumene und Fluorit zu behandeln, die man besser mit losem Korn vorschleift. Das Vorschleifen geschieht bei größeren Steinen ohne Aufkitten zwischen den Fingern je nach Fertigkeit, kleinere Steine kittet man besser auf, um die Fingerkuppen und Fingernägel zu schonen.
Die Form und Proportionen der Steine und Kundenwünsche bestimmen die Art des Vorschleifens. Kleine Steine kann man schon nach dem Anschleifen der provisorischen Tafel aufkitten und auf der Facettiereinrichtug vorschleifen. Dabei sollte man aber auf die Ausbeute achten und den Stein zwischendurch neu zentrieren, sonst schleift man eventuell zu viel des (teuren) Rohsteines weg. Vielen Kunden sind Brillanz, Reinheit und „Fischaugen“ egal, sie wollen möglichst große Steine. Ihr Wunsch ist nach vergeblicher Aufklärung Befehl, auch wenn es den Schleifer graust. Große Steine kann man auf groben Scheiben auf etwa 3 mm der geplanten Größe herunter schleifen. Dann muss man aber auf feinere Scheiben wechseln, weil die groben Scheiben winzige Risse verursachen, die beim Polieren Ärger machen können. Das Abtragen des überflüssigen Steinmaterials ist bei großen Steinen eine zeitaufwändige Sache. Trotzdem muss man sorgfältig arbeiten und immer wieder nachzentrieren, wenn man auf der Facettiereinrichtung arbeitet, weil der Stein sonst unerwartet viel kleiner wird, als man gedacht hat.
Wenn man weiß, welchen Schliff man machen möchte, so kann man aus dem Diagramm Länge, Breite, Höhe des Oberteils und Tiefe des Unterteils und die Dicke der Rondiste, sowie die dazu gehörigen Winkel beim Vorschleifen schon berücksichtigen. Als Anfänger sollte man ruhig die Schublehre dazu nehmen, denn das Augenmaß für die richtigen Proportionen stellt sich erst mit einiger Übung ein und verlässt einen bei Sonderschliffen vollständig.
Nicht umsonst ist der Ebauchierer meist ein älterer, erfahrener Schleifer im Team. Der „Einzelkämpfer“ muss alles selber machen. Deshalb dauert es bei ihm auch länger, bis ein Stein fertig ist. Dafür weiß er aber von Anfang bis Ende, was er haben will und gestaltet die Preform so, wie er sie haben möchte.
Sicher habe ich noch vergessen, etwas anzusprechen.
uhu