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Gehtnichgipsnich?

 
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #31
Das ist schon toll, ich kenne noch beide "früheren" Epochen in denen zuerst alles Doubliert wurde, dann gezeichnet, gesägt, gebogen und montiert danach erst Verschnitt und fassen.
In der zweiten Periode, dann Silberelemente soweit möglich vorbereitet, dann im Feinguss gegossen und montiert, eine enorme Zeitersparnis im Vergleich, aber jetzt mit guten und leistungsfähigen Rechnern, guten Programmen und dem Kow How ist eine Präzision möglich die an französische Gartenarchitektur erinnert.

Gut, das kostet auch Zeit aber die Ergebnisse sind beeindruckend.
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #32
Zitat
zuerst alles Doubliert wurde, dann gezeichnet, gesägt, gebogen und
...und...und...

Das erinnert mich an meine Lehrzeit. Platin oder Palladium auf Gelbgoldblech gelötet, aufgetieft ausgesägt, verfeilt, montiert, gerichtet, gerissen-gelötet, geflucht, geheult, von vorne angefangen - Der Teufel solls holen! Das war sie auch, die Gute Alte Zeit! :mrgreen:
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #33
Neulich fragte KarlO ob ich an Gehäusen arbeite. Und heute kommt mir dieses auf den Tisch:

Im Anhang der Reihe nach die Bilder. Gegenstand der Reparatur war eine goldene UNION Glashütte, an der ein offensichtlich etwas unbedarfter Berufskollege bereits seine Kunst versucht hatte.

Offensichtlich ist ihm diese Arbeit gleich mehrfach misslungen, denn letztendlich war er durch den Deckel durch und hat dann versucht, den angerichteten Schaden mit Lot zu beheben, ein aussichtsloses Unterfangen. (Bild 10)
Bild 9 zeigt die Innenseite des Deckels. Hier war guter Rat im wahrsten Sinne des Wortes teuer. Aber wie so oft, kam dann der richtige Gedanke. Ich habe zunächst einen Ausschnitt des Deckels hergestellt (Bild8) und den beschädigten Bereich des Deckels heraus getrennt. (Bild 7) Dann wurde das Stück angepasst und erst einmal vorsichtig geheftet, danach endgültig angebaut. Der Kontrollversuch ist OK (Bild 5 und 3). Nun kam die eigentliche Schwierigkeit, denn der beschädigte Deckel war stellenweise kein Zehntel mm mehr stark. Unter Aufbietung meiner ganzen Sorgfalt hab ich die Teile versäubert, und es hat tatsächlich geklappt. Auf den Bildern 2 und 1 sieht man die Früchte der Bemühungen. Nun muss der Kunde die Uhr nur noch abholen.

P.S. Hab die Bilder leider der Reihe nach verkehrt geladen, das Letzte kommt zuerst. Sie müssen also kopfstehend betrachtet werden! ;-)
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Tilo
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Tilo

 ·  #34
ich hätte geschworen, daß der Deckel selbst mit größtem Aufwand nicht in zufriedenstellender Optik (oder gar unsichtbar) zu retten ist
da bin ich ja gerade noch am Meineid vorbeigeschrammt ;-)
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #35
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #36
Das ist wirklich aufwändig, wenn es nicht um die Stempel gegangen wäre, hätte ich den Deckel komplett ersetzt, das wäre einfacher. Die besondere Schwierigkeit sehe ich darin, innen, bei unterschiedlichen Wandstärken ein befriedigendes Aussehen zu erzeugen.


Im Ergebnis fein. :-)
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #37
Für alle, die der vollmundigen Behauptung "Gehtnichgipsnich" etwas distanzierter gegenüberstehen, hier nun der Beweis, das diese Aussage tatsächlich stimmt.

Im Folgende findet Ihr nun zwei Bilder, auf denen ein wahrhaftiges Meisterwerk zu bestaunen ist. Es handelt sich um ein rel. schweres Gussteil, welches derart gründlich misslungen ist, dass ich vorgeschlagen habe, es im Rahmen der Sammlung unserer Spitzenerzeugnisse, mit einem Ehrenplatz zu vesehen. Bei den ersten beiten Bildern kann man die Details sehr schön erkennen. Man beachte neben den unvergleichlich schön gestalteten Gusslunkern, auch die geradezu sensationellen Blumenkohlauswüchse! Das ist schon etwas Besonderes!

Mein Sohn Wolfram hat sich in diesem Zusammenhang denn auch gleich als ein miesepetriger Spaßverderber geoutet. Ruck zuck hat er sich ein neues Gussmodell gemacht und das Ergebnis nicht eingeschalteter grauer Zellen verachtungsvoll dem Schmelztiegel übereignet. Und so stand er mit einer Art grimmigem Triumph heute vor mir und sagte doch tatsächlich: "So, mit du nicht denkst, dass ich das nicht kann!" Als ob ist das nich gewusst hätte, denn wie war das doch gleich? "Gehtnichgipsnich!"

Für die Gussinteressierten in der Runde ist interessant, mit wie kleinen Veränderungen der Form, ein absolut erstklassiges Resultat erzielt wurde. Der Unterschied zwischen Top und Hopp ist wohl nirgendwo geringer, als beim Metallgießen. Die kleinsten Fehler führen unweigerlich zum Crash. Die dunklen Felder sind keine Gussfehler, das Teil ist vollkommen unbehandelt aufgenommen worden.
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Adrian Weber
 
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Adrian Weber

 ·  #38
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 ·  #39
Erschreckend welche Dilletanten sich an wirklich guten Uhren austoben.
Fein hin gekriegt.

Karlo
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #40
Nun ja, die meisten Gehäusemacher haben ihre Tätigkeit schon lange eingestellt, und so zieht sich halt der Ein-oder Andere manchmal Schuhe an, die ihm eine Nummer zu groß sind.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Fachwerkstätten, wenden wir neben den althergebrachten Dingen, eben auch moderne Verfahren und Techniken an, was im vorliegenden Fall, dieser schönen Uhr zugute kam. Anders wäre es wirklich der klassische Totalschaden gewesen.

BTW: Moderne Techniken und Totalschaden:

Vorige Woche bekam ich ein ganz altes Explorergehäuse auf den Tisch, welches von einem (begeisterten?) Hobby-Restaurateur-Autodidakten derart verschliffen wurde, dass die Lunette weit über den Gehäuserand auf der Kronenseite ragte. Normalerweise ist dort etwa ein Gehäuseüberstand von 0,4 mm. Da diese Uhren sehr wertvoll sind und dieses Exemplar in ansonsten selten gutem Zustand vorlag, war die Frage der Rentabilität einer umfassenden Arbeit gar nicht erst Gegenstand der Überlegungen.

Es mussten also an beiden beschädigten Flanken Materialbereiche aufgeschweißt werden, teilweise bis zu einer Stärke von 2 Millimetern. Dies habe ich mit einem Schweißlaser gemacht und das Gehäuse anschließend geglättet poliert, Poren beseitigt, geglättet, poliert, Poren beseitigt (dieses Mal schon weniger) und so fort, bis zum perfekten Ergebnis Ein neuer Schliff auf die Lunette, sowie neu anglierte Kanten, vervollständigten das Bild.

Der Kunde hat sein Prachtstück bereits abgeholt und kann nun eine (fast) ladenneue Rolex Explorer aus dem Jahre 1956, seiner Sammlung einverleiben. Im angehängten Bild ist das Gehäuse an einer Seite bereits poliert und mit den Ausschweißungen der vorgefundenen Poren versehen, auf der anderen Seite noch roh geschweißt dargestellt.
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 ·  #41
Ich bin mit dem einzigen Gehaeusemacher den ich kenne nicht gluecklich.
Demnaechst bist Du dran. :-)

Karlo
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #42
Adrian Weber
 
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Adrian Weber

 ·  #43
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 ·  #44
Zitat geschrieben von Ulrich Wehpke
Solange Du dabei nicht die Zähne fletschst, ist alles OK ;)


Keine Angst, ich werd nicht mit ner 30€ Uhr kommen und hoffen, dass Du fuer 15€ neue Deckel baust. :-)

Karlo
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #45
Was ich zur Zeit (seit Jahren), man könnte fast sagen in rauhen Mengen bekomme (Platz 1), sind hauchdünne Chronos aus den 50-ern.

Diese Dinger haben durchgewetzte, oder verknitterte Anstöße, durchgescheuerte Glasränder und von unzähligen Schmirgelfeilen unbedarfter Uhrmacher perforierte Rückdeckel. Mal sind es nur ein paar Beulen, mal fehlt ein Glasrand oder ein ganzer Deckel, mal halten die Schließränder nicht mehr usw.

Mit diesen Uhren ist es wie mit dem Granatschmuck: Niemand hätte auch nur im Traum daran gedacht, dass diese Dinger so lange leben und einmal derartige Sammlerpreise erreichen. Diese Uhren haben in meiner Jugend ganze 78 DM gekostet! Und heute werden sie mit 1500 € gehandelt, wenn sie noch EEIINNIIGGEERRMMAAßßEENN in Schuss sind. Verrückte Welt!
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