Goldschmiedeforum
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115 Jahre alten Ring neu vergolden?

 
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Guestuser

 ·  #1
Hallo an alle,

ich hoffe, ich bin im richtigen Unterforum gelandet und Ihr könnt mir weiterhelfen.

Zu meiner Frage: In meiner Familie gibt es einen Ring, der seit Generationen unter den Frauen weitergegeben wird - den Verlobungsring meiner Ur-Ur-Großmutter. Geheiratet hat sie 1895, also ist der Ring in etwa 115 Jahre alt.

Es ist ein einfacher Solitaire Ring mit einem sehr hübschen Brillanten (finde ich jedenfalls als Laie), aber leider ist er nur vergoldet (Stempel: amerik).

Da der Ring nun aussah, wie ein vergoldeter Ring eben aussieht, wenn ihn 4 Frauen getragen habe, war ich damit bei einem Goldschmied und habe ihn erstmal reinigen lassen, was schon 14 Tage gedauert hat.

Danach habe ich angefragt, ob es sich lohnen würde den Ring neu vergolden zu lassen und ob es Methoden gibt, dies auch haltbar zu machen. Der Goldschmied meinte (wortwörtlich): Nö.

Da ich mich bei ihm weder ernst genommen noch gut beraten fühlte, dachte ich, bei Euch bekomme ich vielleicht eine ausführlichere Antwort.

Daß Vergolden keine super Lösung ist, weiß ich auch. Der Ring an sich ist sehr sehr dünn und mir auch ein wenig zu groß. Gibt es eine Möglichkeit, ihn irgendwie "dicker" zu beschichten, damit das Gold länger hält und er gleichzeitig etwas enger wird? Und kann man ihn überhaupt neu vergolden ohne die Fassung des Diamanten zu beschädigen?

Ich würde ungern einen neuen Ring für den Stein anfertigen lassen, denn dann wäre es ja nicht mehr das gleiche Erbstück. Aber tragen möchte ich ihn schon sehr gern und natürlich später weitergeben.

Wenn es Euch weiterhilft, kann ich auch noch ein Foto machen.

Vielen Dank vorab für Eure Mühe!
Tasca
Tilo
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Tilo

 ·  #2
anhand foto besser zu beurteilen
für innen wärs natürlich möglich, durch einarbeiten eines goldbandes sowohl eine dauerhafte beschichtung, als auch eine verstärkung mit gleichzeitiger größenreduzierung zu verbinden
das hilft natürlich nicht für die optik, also die abgewetzte, weil stark belastete beschichtung außen
für außen braucht man das foto
notfalls innen verstärken mit silber
dann komplett stark vergolden
frage mich, wie es um die haltbarkeit der fassung steht nach 115 jahren
foto !! ;-)
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #3
Zitat geschrieben von Tasca
...Danach habe ich angefragt, ob es sich lohnen würde den Ring neu vergolden zu lassen und ob es Methoden gibt, dies auch haltbar zu machen. Der Goldschmied meinte (wortwörtlich): Nö.

Da ich mich bei ihm weder ernst genommen noch gut beraten fühlte, dachte ich, bei Euch bekomme ich vielleicht eine ausführlichere Antwort.
Dabei hat er Dich gut beraten und Dir eine absolut richtige Auskunft gegeben.

Zitat geschrieben von Tasca

Daß Vergolden keine super Lösung ist, weiß ich auch.
Na dann stimmst Du ihm ja zu?

Zitat geschrieben von Tasca
Der Ring an sich ist sehr sehr dünn und mir auch ein wenig zu groß. Gibt es eine Möglichkeit, ihn irgendwie "dicker" zu beschichten, damit das Gold länger hält
Das geht schon, nennt sich Goldplattierung und hält länger.

Zitat geschrieben von Tasca
und er gleichzeitig etwas enger wird?
Das wieder nicht, höchstens durch eine Einlage wie Tilo es schrieb.

Zitat geschrieben von Tasca
Und kann man ihn überhaupt neu vergolden ohne die Fassung des Diamanten zu beschädigen?
Kein Problem

Zitat geschrieben von Tasca


Ich würde ungern einen neuen Ring für den Stein anfertigen lassen, denn dann wäre es ja nicht mehr das gleiche Erbstück. Aber tragen möchte ich ihn schon sehr gern und natürlich später weitergeben.
Das ist verständlich aber irgendwann ist auch der beste Ring abgetragen. Bei Kleidung würdest Du ja auch keine ewige Haltbarkeit erwarten.

Zitat geschrieben von Tasca


Wenn es Euch weiterhilft, kann ich auch noch ein Foto machen.


Das wäre bestimmt hilfreich. :-)
AlisaVéronique
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AlisaVéronique

 ·  #4
Damit ist fast alles schon gesagt, außer, dass du bei einer Hartvergoldung mit ziemlich hohen Kosten rechnen musst, auf jeden Fall weit mehr, als der Ring wert ist. Bist du denn sicher, dass das ein Brillant ist? Hab ich bei Doublé-Ringen noch nie gehört, aber vllt war das ja früher so.
Ganz ehrlich, tu dir einen Gefallen und leg das Geld in einem neuen Ring für den Stein an. Den kannst du in deiner Größe machen lassen und er kann später auch immer geändert werden. behalt den alten Ring im Kästchen und zieh den neuen an.
Tilo
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Tilo

 ·  #5
es gibt ideelle wertschätzung, da brauch man mit wirtschaftlichkeit nicht ankommen
und beleidigt die kunden damit nahezu
ich habe diese woche alte Trauringe in neue einarbeiten müssen, die niemand aus der verwandschaft vorher getragen hatte
aber sie wurden in schlechten zeiten vorsorglich angeschafft
und jetzt mußten sie eben verwendet werden
tatze-1
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tatze-1

 ·  #6
es ist abzuwarten, wie ein Foto aussieht. Notfalls könnte man ja auch, wenn die Ringschiene wirklich so abgetragen ist, einen Teil der Ringschiene austauschen, so daß zumindest der Ringkopf noch original bleibt. Aber wie gesagt, wir müssen erst den Ring sehen.
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 ·  #7
Vielen Dank für Eure bisherigen Einschätzungen. Ich habe mein Bestes gegeben mit den Fotos, aber meine Kamera war doch ein wenig überfordert. Ich hoffe, sie helfen Euch trotzdem. Die Schachtel ist erst vor zwei Generationen dazugekommen, also nicht original.

Die Geschichte zum Ring sagt jedenfalls, daß es ein Brillant ist. Ob die Omas und Ur-Omas das ausgeschmückt haben, kann ich natürlich schwer sagen. Falls es irgendwie hilft: die Ur-Ur-Großeltern und wahrscheinlich auch der Ring waren aus Děčín/Jílové (damals Tetschen/Eulau).

Der ideelle Wert ist für mich tatsächlich ausschlaggebend. Natürlich würde ich gern so viel wie möglich vom Originalring erhalten und ihn sozusagen nur "aufarbeiten", auch wenn das wahrscheinlich nicht die wirtschaftlichste Lösung ist.
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Tilo
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Tilo

 ·  #8
die krappen scheinen noch gut zu sein
auch deshalb kann ich mir schwer vorstellen, daß dieser ring über 100 jahre alt ist
und dafür scheint mir das design der fassung auch zu schlicht
Heinrich?
und wer setzt einen brillli in einen doublering?
außerdem scheint der stein mir, soweit auf dem foto erkennbar, moderner geschliffen zu sein als vor 100 jahren

ich könnte mir statt einer galvanischen beschichtung(hartvergolden) bei dieser schienenform vorstellen, daß man ein goldblech umlaufend auflötet, dieses dann seitlich umbiegt/anlegt/ und dann noch umlaufend anlötet
das wäre dann double der haltbaren art
natürlich viel mehr zeitaufwand, als ne massivgoldene schiene zu machen
(sinnvollerweise stein dazu raus)

mir sieht der ring wie ein recht junger zirkoniaring aus
tatze-1
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tatze-1

 ·  #9
der Stein wäre auf Echtheit zu prüfen. Mal zu nem Goldschmied gehen und das testen lassen.

Es gab doch mal eine Zeit, wo Doublé-Schmuck einen Boom hatte. Vielleicht wurden da dann doch auch mal echte Steine verarbeitet. Ich konnte jetzt bei einem kurzen Nachschmökern in meinem Buch "Geschichte der Pforzheimer Schmuckindustrie" leider nichts darüber lesen.

Vielleicht hat man auch den Stein zwischendurch mal gegen einen anderen ausgetauscht. Weiß man's?

Ich würde den Ring normal aufarbeiten, neu vergolden und dann in Ehren halten und vielleicht nur noch zu besonderen Anlässen tragen.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #10
Ich stimme den Vorschreibern zu, der Ring sieht gar nicht so abgetragen aus wie befürchtet. Mit einer kräftigen Vergoldung kann man ihn wieder eine Zeit lang tragen. Je dicker die Vergoldung um so länger die Standzeit.

Weder der Ringstil noch die Schlifform des Steines passen zu dem angegebenen Alter. Ausserdem wirkt der Stein recht durchsichtig von schräg hinten, könnte gut auch ein Simili und kein Diamant sein.
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #11
Mir kommt dabei etwas merkwprdig vor: Seit dem ausklingenden 19ten Jahrhundert, gibt es Golddoubleé. Diese wurde bis in die dreißiger Jahre ausschließlich aufgewalzt und diffusionsverschweißt. Gestempelt wurden diese Materialien u.a. mit den Bezeichnungen Doublé, Golddoublßé, Union, Charnier, Walzgolddoublé usw. Da diese Verarbeitung sehr aufwändig und mithin teuer war, sann man nach Abhilfe. Diese bot sich, als man entdeckte, dass sich unter bestimmten Bedingungen, galvanisch abgeschiedene Auflagen in recht stabilen Stärken realisieren ließen.

Gleichzeitig wurde durch die Weiterentwicklung der Gusstechnik (lost wax casting) mit den dazugehörigen Produktionsmethoden für die Vervielfältigung von Modellen und deren Umsetzung in Wachsmodelle (Elastoformen, Wachsfräsen usw) und die Entwicklung brauchbarer Einbettmassen, eine weitere Voraussetzung für die kostengünstige Produktion von billigem Massenschmuck geschaffen. Die Gusstechnik löste in der Folge die montageorientierten Herstellungstechniken weitestgehend ab.

Damit stand dem weltweiten Siegeszug des Modeschmucks nichts mehr im Wege. So wurden z.B. auf einem Spezialmessing haltbare Beschichtungen aus Gold aufgebracht, was ganze Branchen förmlich aus dem Boden stampfte (Gold filled. AM Doublé usw.). Das Zeitalter des billigen Doubléschmucks hatte begonnen.

Ab nun wurde nicht mehr gewalzt, gestanzt, gepresst, sondern gegossen und galvanisiert. Statt der teuren Hochglanzwerkzeuge, wurde Wachs verwendet. Das Gleitschleifen wurde in breitestem Umfang angewendet. Die Landschaft hatte sich gewandelt.

Was ich damit sagen will: Ein Ring mit der Stempelung "Amerikaner" und dieser, auf dem Foto gezeigten Machart, ist mit absoluter Sicherheit nicht aus dem beschriebenen Zeitraum. Wenn er ganz alt ist, dann stammt er aus den 60-er Jahren. Das wäre auch mit seiner Gestaltung und seinem Allgemeinzustand zu vereinbaren.

Ich empfehle, wie meine Kollegen bereits zuvor, dringend einen Goldschmied zu konsultieren, das erspart mit Sicherheit Enttäuschungen. Vielleicht ist der Ring ja mal verwechselt worden oder so was. Eines ist jedoch ganz sicher: Die Geschichte passt nicht zu diesem, hier gezeigten Schmuckstück!
Juwelfix
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Juwelfix

 ·  #12
Bei "Amerikaner" und "115 Jahre alt" hatte ich auch schon meine Probleme das zusammen zu bringen.
Der Stein könnte auch ein Yag sein, quasi der Vorläufer der Zirkonia. Kommt mir jedenfalls beim letzten Foto so vor.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #13
Hallo Ulrich,

weist Du zufällig wann die Verbreitung der Vulkanisierpressen für Schmuckfertigung (als technische Voraussetzung der Gummiformen und Wachsgüsse im industriellen Maßstab) begonnen hat?

Oder weis es Mario vielleicht aus seiner Firmengeschichte?

Ich weis nur das nach dem 2 Weltkrieg in München die Firma Arno Lindner damit und mit Gießmaschinen groß geworden ist und als einer der ersten, der Juwelier Heiden nach 1945 die bis dahin übliche Produktion umgekrempelt hatte. Jeweils auf München bezogen.

Aus den Erzählungen eines inzwischen verstorbenen Gürtlers, dessen Geschäft darin bestand, Münchner Goldschmieden Kupfer- und Messingmodelle für eine Tagesgebühr auszuleihen damit sie einen oder zwei Sepiaabgüsse davon machen können, kann ich den Beginn der neuen Technik in München auf die 50er Jahre datieren.

Das war ungefähr so wie in unserer Zeit mit den Videotheken. Wenn man Filme aus dem Internet zieht und speichert, muss man keine Videobänder mehr leihen.

Als mehrere Goldschmiede es Heiden nachgemacht hatten und sich Vulkanisierpressen angeschafft hatten, brauchten sie die Modelle des Gürtlers nur noch einmal ausleihen und konnten die Gummiformen aufheben.

Ich bin daher bei der Altersbestimmung meist so vorgegangen das ich Güsse, die Anzeichen von Gummischnitten und Spritzwachsverfahren hatten, auf die Zeit nach dem 2 Weltkrieg datieren konnte.

Gab es das Verfahren in breiter Anwendung für Schmuck schon vor dem 2 Weltkrieg?
In Pforzheim, z.B. die waren doch schon in den 30ern und 40ern sehr kreativ. Der Gummi aus Brasilien war auch schon zu fallenden Preisen in den 20ern in größeren Mengen verfügbar.

Die Produktionen aus der Zeit sind aber überwiegend mit flachen Gussformen und Prägewerkzeugen gefertigt. Der Vorteil der Gummiformen mit Unterschneidungen wäre bestimmt auch genutzt worden, denke ich.

Vielleicht weis einer von Euch näheres dazu, denn mich interessiert es wirklich, wenn auch mehr wissenschaftlich als kommerziell.
tatze-1
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tatze-1

 ·  #14
Heinrich, frag mal im Technischen Museum in Pforzheim nach. Die sollten Dir das eigentlich sagen können.
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 ·  #15
Hallo alle miteinander,

ich war gestern Abend noch bei einem Goldschmied, der sich auch wirklich viel Zeit genommen hat.

Er meinte, daß der Stein dem Schliff nach wahrscheinlich aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammt (ich hatte ihm keine Zeitangabe gegeben, nur gesagt, daß es ein Erbstück ist), der Ring selbst aber, wie Ihr schon vermutet hattet, neuer ist.

Er hat mir erzählt, daß zu Zeiten der DDR sehr oft Altgold abgegeben werden mußte, wenn man z.B. Trauringe kaufen wollte. Dafür wurden dann meist ältere Ringe, die eh selten oder gar nicht getragen wurden eingeschmolzen.
Mein Großvater hat Mitte der 60er noch einmal geheiratet. Wäre also sehr gut möglich, daß er den Originalring abgegeben hat und einfach eine billige neue Fassung für den Stein machen ließ, da den Ring eh niemand trug zu dieser Zeit. Den Teil der Geschichte hat die Ur-Oma dann wohl ausgeblendet...

So, zum Stein. Der Goldschmied war sich zunächst nicht ganz sicher, die Wärmeleitfähigkeit hat dann aber bestätigt, daß es kein Diamant ist.
Wie gesagt hat er sich viel Zeit genommen und noch ein paar Bücher zu Rate gezogen mit dem Ergebnis, daß er sich nicht wirklich sicher ist, was es ist.
Er dachte auch erst an einen Yag, hat es dann aber ausgeschlossen und meinte, es wäre kein künstlicher Stein. Vielleicht ein Bergkristall, weil er völlig farblos ist. Er war selbst ein wenig verwirrt und hat es dann dabei belassen.

Wer weiß. Der Ring wandert jetzt wieder in sein Kästchen und wird an die nächste Generation weitergegeben (natürlich mit der Originalgeschichte der Ur-Oma, ein bißchen Zauber muß sein).
Nachdem mein Verlobter sich tagelang mein Gejammer wegen des Ringes angehört hat, kam er nämlich gestern mit einem neuen Ring für mich nach Hause - ohne Stein, damit es keine Diskussionen gibt. 😉

Ich danke Euch allen noch einmal für Eure Hilfe. Es waren viele sehr interessante Beiträge dabei.

Schon vorab ein schönes Wochenende,
Tasca
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