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Wie schön Zeit sein kann!


CHRONOSWISS

Gerd-R. Lang hat in Deutschland vor 25 Jahren die Renaissance der Mechanikuhren eingeläutet. Dieses Zurück ist zugleich ein Vorwärts, mit immer neuem Potenzial.

Wir sind 15 Minuten zu früh – doch die neuralgische Strecke Pforzheim-München lehrt uns ein Zeitpolster einzuplanen. Überall geht es heute um Zeit. Man hat sie oder hat sie nicht. Zeit ist ein Phänomen. Sie lässt sich zwar messen, aber nicht erklären und oft beklagen wir, keine zu haben. Im Leben unseres Gastgebers dreht sich alles um Instrumente, mit denen man die Zeit misst, sie gern im Auge behält, ihrer Vergänglichkeit zusehen kann. Und zwar in allerschönster Form.
Wir besuchen Gerd-R. Lang, Gründer und Inhaber von CHRONOSWISS, Entwickler und Hersteller faszinierender mechanischer Uhren. Hier präsentiert sie sich also wieder, die hohe Schule der Uhrmacherkunst. In einem wunderbaren lichtdurchfluteten Gebäude entstehen kleine Meisterwerke, feiert Handarbeit ihren Fortbestand. Schön, dass wir Zeit haben - zum Innehalten und Staunen: über das 2006 erbaute neue Headquarter – Bayerns 1. Armband-Uhrenfabrik, die neben Verwaltung, Vertrieb, Marketing, Entwicklung, Produktion und Fertigung auch ein Museum mit wechselnden Ausstellungen privater Uhrenschätze von Gerd-R. Lang birgt. Zum freundlichen Empfang seiner PR-Managerin Christina Golze gesellt sich der Mechanik-Faszineur Lang dann bald mit dazu.
„Natürlich träumte ich mit 15 auch davon Fußballer oder Jazz-Trompeter zu werden. Aber da ich erkennen musste, dass ich für beides nicht talentiert genug war, wurde der Rat meines Lehrers befolgt, den Jungen ein ordentliches Handwerk lernen zu lassen“ eröffnet Gerd-R. Lang das Gespräch lächelnd. „Aber ich habe dieses Handwerk lieben gelernt, und heute werte ich den guten Lehrabschluss als erstes Mosaik meines Erfolges.“
Danach folgten wichtige Jahre in der Schweiz, wo Gerd-R. Lang sein Uhrmacherhandwerk weiter perfektionierte und erkannte, dass darin seine Bestimmung liegt. „Eine Welt, die mit 37 bedrohlich ins Wanken geriet! Verheiratet, 2 Kinder, 1 Haus, das noch lange nicht abbezahlt war - und entlassen! Mein Arbeitgeber musste aufgeben, heute heißt das Insolvenz.“ Doch Gerd-R. Lang hatte damals schon eine Passion im Herzen. Er wollte – entgegen dem Trend - mechanische Uhren bauen. Und das in einer Zeit, als digitale Billiguhren den Markt überschwemmten, wo im Schwarzwald die traditionellen Firmen schlossen, in Pforzheim die Uhrenbetriebe und deren Zulieferer wegbrachen.
„Alle haben mir geraten, die Finger davon zu lassen“, erinnert sich Lang. Auch den 25.000 DM-Kredit verweigerte ihm die Bank mit der Begründung, dass es gar keine deutschen Uhrenhersteller mehr gäbe. Gegen diesen Niedergang seines traditionellen Handwerks kämpfte Lang an, denn er schwor sich: „Seelenlose Quarzuhren – das mach‘ ich nicht!“
Das Startkapital stellte die Verwandtschaft und so gründete er 1983 seine Firma CHRONOSWISS. Die Renaissance der Mechanik konnte beginnen. Der Namensteil SWISS ist übrigens nicht nur Synonym für den hohen Schweizer Komponentenanteil jeder Chronoswiss, sondern eine liebevolle Hommage an seine Frau, die Schweizerin war.
„Wir waren damals nur 2, die eisern an der Mechanik festhielten,“ erinnert sich Lang, „Blancpain und ich – und wir wurden belächelt! Aber eine große Vision ging damit in Erfüllung: die Uhrmacherei stirbt nicht, die Mechanik lebt weiter.“

Der Durchbruch und die Anerkennung seiner Leistung wurden ihm auf der Basler Messe 1988 zuteil. Es war der Lohn für all sein Wollen und Werden. Seitdem zollt man ihm nicht nur Respekt, sondern schätzt seine Kompetenz und Persönlichkeit. In den 90ern begann ein regelrechter Boom auf Mechanikuhren, ein Run, der bis heute anhält und wieder viele „Mitspieler“ ins Boot bringt. „Aber die Pioniere waren wir“, erklärt Lang leise.
Auf die Frage, ob ihn das nicht sehr stolz mache, antwortet er: „Ich bin ein glücklicher Mensch, denn ich darf tun, was mir so viel Freude macht. Schauen Sie, viele Menschen unterscheiden zwischen Arbeits- und Frei-zeit. Ich nicht! Arbeitszeit ist für mich Lebenszeit, die Wertung ist für mich gleich. Ich empfinde eine große Dankbarkeit gegenüber dem Leben. Es ist ein Geschenk – und wir haben die Pflicht etwas Sinnvolles daraus zu machen.“
Er selbst bezeichnet seine Uhren als „grünes Produkt“. Es schont die Umwelt, verschwendet keine Ressourcen, bringt Menschen in Arbeit. „Uhren sind etwas Schönes, Emotionales, Wertvolles – und sie machen Menschen Freude.“
Noch immer sind es vorwiegend Männer, die sich mit einer Chronoswiss als Ästheten und Connaisseure outen. Ist es ein Hang zur Nostalgie, die Leidenschaft für Mechanik, oder wie lässt es sich deuten, dieses Glücksgefühl, durch Glasböden in ein kleines Universum sich emsig drehender Rädchen, auf schwingende Unruh oder Zugfeder zu blicken? Eine Liebe, bei der die unbestechliche Genauigkeit der Zeit zur Nebensache wird. Liebhaber messen den Wert einer Chronoswiss nicht in Euro, sondern im Vergnügen, sie auf der Haut zu fühlen. Es kommt einem Plus an Lebensqualität gleich z.B. eine Orea - zu deutsch: die Schöne – zu besitzen. Ein Klassiker par excellence mit massivem Goldgehäuse, Handaufzug- oder Automatikmodell, handgefertigtes Emailleziffer-blatt, feinst gearbeiteter Krone, verschraubte Stege, gebläute Zeiger ... – das macht stolz! „In einer Welt des beklagten Werteverfalls wachsen, der Sehnsucht nach, echten Werten Flügel. Eine Chronoswiss aber vereint und bewahrt, was Menschen lieben und schätzen, was sie verehrens- und begehrenswert finden.“
Auch Frauen interessieren sich mehr und mehr für seine Mechanikuhren, wohl wissend, dass das gute Gefühl am Arm durch viel Produktzuwendung und noch mehr Liebe zum Detail zustande kommt und als zeitlose Schönheit Solidität und Wert symbolisiert.
Und mal ehrlich, welche Frau kann einer IMPERIA (Platz 2 bei den
Damenuhren in der Wahl zur ‘Uhr des Jahres 2008‘) schon widerstehen? Ich nicht, es sei denn man würde mir dafür den IMPERATOR (Platz 7 bei den Herren) ums Handgelenk legen!

Gerd-R. Lang kümmert sich allerdings wenig um INs und OUTs, Ak-tienkurse oder gar Rankings. Er ist kein Marketingmensch, sondern vertraut seinem Gespür für Menschen und Qualität. Kurzfristige Ziele kennt Gerd-R. Lang nicht, schielt nicht nach schnellen Gewinnen – er denkt und plant auf lange Sicht in UHREN.
Auf die Frage zur Nachfolge im Unternehmen bleibt er ebenfalls gelassen. „Ich spüre keinen Druck, keine Last. Ich werde mich immer mit Uhren beschäftigen. Und schließlich ist ja meine Tochter Uhrmacherin. Aber - es gibt keine Eile.“
Und verkaufen? „Ein Kind verkauft man nicht! Was würde mir das bringen? Ein sorgenfreies, aber langweiliges Leben irgendwo an der Cote
d‘ Azure, wo ich auf die Schiffe anderer Leute schaue? Welch grauslige Vorstellung, ich wäre todunglücklich!“

Wir bewundern seine Gelassenheit und möchten wissen, ob ihn denn auch etwas aus der Ruhe bringen kann? „Doch schon, aber das sieht man dann nicht, denn ich habe im Laufe meines Lebens gelernt abzuwägen, ob ich etwas ändern kann oder nicht.“ Er suche auch nicht Schuld zuerst bei anderen, sondern bei sich. Seine Offenheit, Ruhe und Klarheit wird geschätzt – von seinen Mitarbeitern und allen, die mit ihm zu tun haben.

Jeder Fehler, so sagt er, birgt in sich die Chance auf Verbesserung – und danach strebt Gerd-R. Lang akribisch. Nichts überlässt er dem Zufall. Alles ist durchdacht. Qualität und Sorgfalt haben oberste Priorität. Das bekommen seine Kunden auf jeder Urkunde schriftlich. Diese Liebe zum Detail ist nicht nur in seinen Uhren zu sehen und zu spüren, sondern beginnt schon draußen vor der Haustür. Kein Zweckbau sondern Lebensraum ist seine Firma geworden, schön und ästhetisch wie seine Uhren. Ein Ort, von dem Ruhe und Kraft ausgehen, in dem sich Rondelle und Kreise wiederfinden, die formell an Zifferblätter erinnern, die was erzählen, eine Geschichte haben. Wie die in München hergestellte alte „Riefler“ im Entree, die in den 1930er Jahren bei einem Radiosender in New York die Zeit anzeigte, bevor sie endlich hier ihren Ehrenplatz bekam. Oder die Schieferplatten mit ihren fossilen Einschlüssen, die wie das Eichenholz aus heimischen Regionen stammen. Viel Natur, natürliche Formen, reduziert auf das Wesentliche verschmelzen zu einer meisterhaften Symbiose – klar und schön. Passend zur Philosophie des Bauherrn, der stets Vollkommenheit im Einfachen sucht.

Gerd-R. Lang ist ein Mensch mit Prinzipien und er sieht sich immer in der Pflicht: seinen Kunden, seinen Mitarbeitern, Deutschland, Hilfsbedürftigen... gegenüber. Den Kunden zollt er Respekt und Dankbarkeit, dass sie seine Produkte lieben und kaufen. Am Wirtschaftsstandort Deutschland hält er eisern fest. „Wenn es um den Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland geht, dann bin ich auch gerne mal Trendsetter!“ Unter den 40 Mitarbeitern gibt es welche, die schon 15 Jahre bei Chronoswiss arbeiten. In seiner Firma werden Lehrlinge ausgebildet, die durch die Kooperation mit der Fa. Sattler, Großuhren, München vertiefende Kenntnisse mit auf den Berufsweg nehmen. Nicht auszubilden hält Gerd-R. Lang für unmoralisch. Sein soziales Engagement ist nicht nur auf die Unterstützung der Jutta-Speidel-Stiftung HORIZONT begrenzt, für die er den ChronoKids-Award ins Leben gerufen hat. „Ich bewundere das Engagement von Menschen, die sich für andere einsetzen um Gutes zu tun, die ihre Popularität für etwas Sinnvolles nutzen. Da helfe ich gerne mit.“

Die Zukunft muss Gerd-R. Lang wirklich keine Sorgen bereiten, denn er hat sie bereits wieder respektabel eingeläutet. Ein neuer, wichtiger Schritt in der Entwicklung von Chronoswiss wird der Weg in die Manufaktur sein. Manufaktur darf sich nur nennen, wer alle Rohteile seines Uhrwerkes selbst konzipiert und herstellt. Chronoswiss baut also ein eigenes Uhrwerk. „Für einen Uhrmacher ist das der Gipfel seines Schaffens. Für mich geht ein Traum in Erfüllung, von dem zu träumen ich gar nicht gewagt habe!“

Zum Abschluss interessiert uns: Bleiben einem bei so viel Verantwortung, Verpflichtung, Achtsamkeit, Sinnhaftigkeit, ausgefüllter Arbeits- und Lebenszeit noch Freiräume?
„Oh ja und ich genieße sie mit allen Sinnen. Bei Spaziergängen in der Natur, im Oldtimer, wenn ich über Land fahre und mir den Wind um die Nase wehen lasse, beim Lesen eines guten Buches, im Kreis meiner Familie. Das ist mein Luxus: ZEIT, wenn keiner an mich rankommt.“


Herr Lang, wir danken Ihnen und Ihren Mitarbeitern für das freundliche Willkommen – und – für die geschenkte Zeit.

Den vollständigen Bericht können Sie hier einsehen. (660 KB)
www.chronoswiss.com

Archivbeitrag 10.06.2008
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