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Schmuck zum Gwand - Ländliche Bijouteriewaren aus dem Bayerischen Nationalmuseum München


V.l.n.r.: L28/1806 Haubennadel, Silber, Filigran, Wohl Schwäbisch Gmünd, 19. Jh., Bayerisches Nationalmuseum München, Foto Bastian Krack / L28/373, Geschnürstift, Silber, teilweise vergoldet, Filigran, Glassteine und -perlen, Wohl Schwäbisch Gmünd, 19. Jh., Bayerisches Nationalmuseum München, Foto Bastian Krack / 71/415, Kropfkette, Silber, vergoldet, Glassteine und -perlen, Wohl Passau, erste Hälfte 19. Jh., Bayerisches Nationalmuseum München, Foto Bastian Krack.

Schmuckmuseum Pforzheim

11. Juni bis 5. September 2010, Eröffnung Donnerstag, 10. Juni, 19 Uhr
 
Florschließen und Kropfketten, Miedergeschnüre und Geschnürstifte, Fingerringe und Ohr-ringe, Haubennadeln und Haarpfeile, Rosenkränze und Gebetbuchschließen – sie alle zählen zum ländlichen Schmuck, der sich ab Ende des 18. Jahrhunderts ausbildete.

Häufig am Schmuck des Adels orientiert, entwickelte sich eine Vielfalt an Formen und Motiven, die auf die jeweilige Landestracht abgestimmt war. Die überwiegend in Schwäbisch Gmünd gefertigten Schmuckstücke bestehen aus Silberfiligran oder hauchdünnem Gold und wurden mit Glassteinen und Perlenimitaten verziert. Oft besitzen sie Amulettcharakter. Die Sammlung ländlichen Schmucks des Bayerischen Nationalmuseums ist eine der umfang-reichsten in deutschen Museen überhaupt. Rund 150 Schmuckstücke, vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert, sind von 11. Juni bis 5. September im Schmuckmuseum Pforzheim ausge-stellt.
 
Sich zu schmücken, zählt zu den grundlegendsten menschlichen Verhaltensweisen und hatte schon immer vielfältige Gründe: Zum einen konnten durch Schmuckgegenstände Wohlstand und Status des jeweiligen Trägers veranschaulicht werden; zum anderen galt Schmuck oft als Zeichen religiöser, aber auch magischer Vorstellungen. Beispielsweise sollte er schützen, Unheil abwehren oder Glück bringen. Im bäuerlich-ländlichen Bereich war das Tragen von Schmuck fest mit Jahres- und Lebensbräuchen verbunden und gehörte somit zu Kirchgangs- oder Festtrachten. Dabei diente Schmuck häufig auch als praktisches Utensil, z.B. als Knopf oder Rockstecker.
 
Seit dem Mittelalter galten strenge, durch die jeweiligen Landesfürsten erlassene Kleider-ordnungen, die der Bevölkerung das Tragen von Kleidung und Schmuck, entsprechend der jeweiligen sozialen Stellung, exakt vorschrieben. So war das Privileg des Tragens von far-biger Kleidung lange Zeit allein der Oberschicht und höfischen Kreisen vorbehalten, wäh-rend Personen kleinbürgerlichen oder bäuerlichen Standes graue oder schwarze Kleidung tragen mussten. Erst nach Aufhebung der Kleiderordnungen ab Ende des 18. Jahrhunderts war es auch Bürgern und Bauern erlaubt, sich farbenfroh zu kleiden und zu schmücken. In-folgedessen bildeten sich in vielen Regionen charakteristische Kleidertypen und dazugehö-rige Schmuckobjekte heraus, die sich stets eng an den Moden des Adels orientierten. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Verfertiger der Schmuckgegenstände zumeist nicht der bäuerlichen Bevölkerung entstammten, sondern Handwerker waren, die auch die höfi-sche und die großbürgerliche Kundschaft belieferten. Um auf ihre überwiegend nicht sehr vermögenden, ländlichen Kunden einzugehen, schufen die Goldschmiede Schmuckstücke aus Silber oder Messing und verzierten sie mit Flittern genannten glänzenden Metallplätt-chen, Perlenimitaten sowie vielerlei bunten Glassteinen. Durch die Entwicklung von Schmuck aus so genanntem Schaumgold – in Formen gepresstes, hauchdünnes Goldblech, das die massenhafte, fabrikmäßig gefertigte Schmuckherstellung enorm beförderte – konnten nun auch weniger Betuchte Goldschmuck erwerben, beispielsweise Ohrringe oder Broschen. Diese vereinfachte und damit einhergehend verbilligte Schmuckherstellung er-möglichte es kleinbürgerlichen und bäuerlichen Käuferschichten, sich gegenüber Adel und reichem Bürgertum zu emanzipieren und an den aktuellen modischen Strömungen der je-weiligen Zeit teilzuhaben.
 
Einen Glanzpunkt der Ausstellung bilden eine Reihe an prächtigen, silbervergoldeten Geschnürstiften sowie einige frühe Beispiele kunstvoller, aus Silberfiligran hergestellter Florschließen. Beachtenswert ist auch eine Auswahl an Fingerringen, deren Ringkopf aus bunten Glassteinen sowie Grandeln mit Herzanhängern besteht. Daneben sind verschiedene Riegelhäubchen und Jungfernkranln mit den zugehörigen Haubennadeln und Haarpfeilen zu sehen. Ein weiteres Highlight stellt eine von dem Münchner Goldschmied Bartholomäus Lederer (1787-1874) im Jahr 1819 gefertigte silberne Uhrkette dar. Abgerundet wird die Ausstellung durch zumeist in Schwäbisch Gmünd kunstvoll hergestellte Rosenkränze, die aus Filigran- oder Glasperlen bestehen und mit mannigfaltigen Anhängern wie bemalten Emailmedaillons, in Silber gefassten Schmucksteinen, Tierzähnen und -klauen, Wallfahrtspfennigen oder kleinen, in Silber gegossenen Heiligenattributen bestückt wurden.
 
Vom 19. November 2010 bis zum 27. Februar 2011 wird die Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München zu sehen sein.
 

Ausstellungskatalog
Silke Reiter: Schmuck zum Gwand – ländliche Bijouteriewaren aus dem Bayerischen Na-tionalmuseum München, 120 Seiten, für 21 € im Museumsshop erhältlich.
 
Öffentliche Führungen durch die Ausstellung
Sonntag, 4. Juli und 15. August, 15 Uhr
5 €, ermäßigt 3,50 €
 
Workshop für Kinder und Jugendliche
Herzen, Blumen, Hirschgeweih
Freitag, 9. Juli, 14:30 bis 16:45 Uhr
10 € (mit Unterstützung des Fördervereins ISSP)
Anmeldung Tel. 07231/39-2126
 
www.schmuckmuseum-pforzheim.de

Archivbeitrag 02.07.2010
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