Aus dem Alltag eines Edelsteinhändlers
Constantin Wild klopft sich den Staub aus den Jeans und grinst: „Hatten Sie einen grauen Anzug und polierte Fingernägel erwartet?“ Der Idar-Obersteiner Edelsteinhändler, der das 1847 gegründete Unternehmen W. Constantin Wild & Co. in der vierten Generation führt, kennt die Klischees vom Diamantenhändler.
Tatsächlich prägen oft ungemütliche Reisen durch mehrere Kontinente und Klimazonen seinen Alltag. Dieses Mal führt die Suche nach den feinsten Steinen von Sibirien über Sri Lanka nach Afrika.
Im Ural will Wild Demantoide, die „diamantähnlichen“, kaufen. Der Grüne Granat gehörte vor 100 Jahren zu den beliebtesten Schmucksteinen; auch Karl Fabergé, Starjuwelier am russischen Hof, verarbeitete den „Stein der Zaren“. Nach der russischen Revolution verschwand er aus dem Handel und fast auch aus dem Gedächtnis der Edelsteinbranche. Bis Händler wie Constantin Wild kamen. 1988 gehörte er zu den ersten, die in Russland und später auch im Ural unterwegs waren. Bei 20 bis 30 Grad unter Null. Vom Flughafen Jekaterinenburg in alten Militärfahrzeugen 400 Kilometer durch die Taiga. Mit neuen Geschäftspartnern, zu denen das Vertrauen erst wachsen musste. Doch seitdem kommt er immer wieder. Und auch dieses Mal stimmt die Qualität, hat die Tour sich gelohnt.
Wild ist ständig auf der Suche nach neuen Edelsteinvorkommen.
So bereiste er 1991 als einer der ersten Europäer Burma, das heutige Myanmar. Seitdem findet er in Mogok, nördlich der alten Hauptstadt Mandaley, immer wieder die schönsten Peridots, Spinelle und
Rubine. Doch dieses Mal geht es aus der sibirischen Kälte direkt nach Sri Lanka. Hier ist es drückend heiß. Im Gebiet von Galle, das der Tsunami 2004 verwüstete, stehen die Mondsteinminen noch immer unter Wasser. Hier kauft Wild vorgeschliffene Saphire: Seine Mitarbeiter in Idar-Oberstein werden diese zu funkelnden Preziösen machen. Dann legt Wilds Geschäftspartner eine Handvoll schmutziger Kiesel auf den Tisch: „Na, wie sieht das aus?“ Roh-Spinelle! Die begehrten Steine ähneln Rubinen, allerdings sind lupenreine Exemplare extrem selten. Jeder Stein ein Risiko. Jetzt ist der „Siebte Sinn“ des Edelsteinhändlers gefragt: Was verbirgt sich unter der Kruste des eiförmigen Steines? Wild wählt „mit Erfahrung und Instinkt“ vier Steine aus.
Zuhause wird er sie vorsichtig anschleifen und mit einer starken Lampe ausleuchten. Jetzt zeigt sich die Qualität: Ist der Stein lupenrein? Wie ist die Farbe? In welcher Richtung leuchtet er am schönsten? Welcher Schliff bringt ihn am besten zur Geltung? Dann erst entscheidet sich die Form des Edelsteins – und damit seine Chancen und sein Preis auf dem Markt.
Doch vorher geht es noch nach Namibia und Tansania. Wild will sich einige Minen anschauen: Wegen der persönlichen Kontakte und vor allem, weil ihm „Fair Trade“ wichtig ist: Wie sind die Schutzvorrichtungen, die Arbeitsbedingungen und der Verdienst? Denn trotz allem Geschäftssinn ist es Wild wichtig, dass eine schöne Frau seine Steine mit gutem Gewissen tragen kann.
Weitere Informationen finden Sie unter www.gemstone.de
Den vollständigen Bericht mit allen Bildern können Sie auch hier nachlesen. (PDF 748 KB)
Archivbeitrag 30.10.2007