Wertzeichen – 145 Mitglieder präsentieren Schmuck und Gerät im Deutschen Goldschmiedehaus.
Die Gesellschaft wurde 1932 von Ferdinand Richard Wilm mit Unterstützung bedeutender Künstler wie Emil Lettré, Albert Reimann und Peter Behrens in Berlin gegründet. Die Gesellschaft setzt sich damals wie heute zum Ziel, die künstlerische Tradition des Gold- und Silberschmiedehandwerks zu erhalten, daneben gilt es aber gleichermaßen auf die junge Szene und die Avantgarde aufmerksam zu machen. Durch Wettbewerbe und Ausstellungen werden vor allem junge Gold- und Silberschmiede gefördert. Zu den aktuellen Veranstaltungen gehören der Nachwuchsförderwettbewerb Schmuck und Gerät sowie das Ruth Reisert Hafner Auslandsstipendium. Um den Friedrich Becker Preis bewerben sich alle drei Jahre Goldschmiede aus vielen Ländern, die Internationale Silbertriennale gehört zu den weltweit geschätzten Ausstellungen, der von der Gesellschaft verliehene Goldene Ehrenring für Goldschmiedekunst würdigt das Schaffen international renommierter Künstler. Zu ihrem Jubiläum veranstaltet die Gesellschaft im Deutschen Goldschmiedehaus Hanau eine große Ausstellung zum Thema Wertzeichen, an der sich 145 Mitglieder mit über 300 Arbeiten beteiligen. Der Titel der Ausstellung Wertzeichen ist als offene Frage an die Schmuckkünstler zu verstehen. Was bedeutet für zeitgenössischen Schmuck der Begriff „Wert“? Ist eine Wertbeständigkeit gemeint oder sind inhaltliche Werte angesprochen, mit denen sich Künstlerinnen und Künstler kreativ auseinandersetzen oder vielleicht der Wert von Originalität? Die Arbeiten der Gold- und Silberschmiede geben ganz vielfältige Antworten. Traditioneller Schmuck, aus kostbaren Materialien wie Edelsteinen und Gold steht neben originellen Arbeiten, die das Wort Wertzeichen ganz wörtlich nehmen und Briefmarken oder Geldscheine in die Schmuckstücke integrieren. Einige Schmuckkünstler möchten eine ganz persönliche Aussage machen. Sie sehen ihren Schmuck als Zeichen der Erinnerung an einen bestimmten Menschen oder für sie bedeutende Ereignisse: Kay Eppi Nölke produziert kleine Tütenbroschen, in die man sich Erinnerungsstücke an lieb gewonnene Menschen und Situationen füllen kann.
Für Bruno Martinazzi bedeutet Schmuck das Bedürfnis der Trägerin, sich zu verwandeln. Seine aus Gold gefertigte Brosche zeigt ein Fragment eines anonymen Gesichts, dessen glatte Gesichtszüge aus Gold eine „bruchstückhafte“ Schönheit erzeugen. Ist Schönheit ein „Wert“, der klar zu definieren ist und dem es nachzustreben lohnt? Anette Rack nimmt direkt auf das Jubiläum Bezug, indem sie sich Gedanken macht, was denn vor 75 Jahren ein Wertzeichen darstellte. Sie stellt fest: „Ein Flicken ist ein Zeichen für den Wert eines Kleidungsstückes, denn dieses war es wert, geflickt zu werden. Heute sieht man nur selten etwas ernsthaft Geflicktes. Also habe ich Flicken-Schmuck-
stücke gemacht. Natürlich Broschen. Entstanden aus Geflicktem.“Auch Anette Walz bedient sich der Kleidung bzw. Wäsche ihrer Großmutter. Ihr Collier Annie 1918 besteht aus vielen alten Wäscheknöpfen, die ein sternenförmiges Muster aus Garn aufweisen. Sie umfasst jeden Knopf mit einem Goldrand und bildet aus den vielen runden Elementen ein Collier. Auf diese Weise wertet sie die damals alltäglichen Wäscheknöpfe so auf, dass der Betrachter deutlich das verschiedene Filigran des Knopfgarns wahrnimmt und deren Ästhetik bewundern kann. Einen Spazierstock mit silbernen Griff, Ferrari-Schloss und Schlüssel reichte Siegfried de Buck zur Ausstellung ein. Der Stock ist für jung gebliebene, alte Männer gedacht - „Gentlemen, start your engines!“ Wenn man einem kleinen Jungen einen Zweig oder Stock in die Hand gibt, wird er in dessen Phantasie sofort zum Speer oder Schwert umfunktioniert. Dieser Spazierstock funktioniert ganz ähnlich. Steckt man den Ferrari-Schlüssel ins Schloss, kann aus einer Gehhilfe in Gedanken vielleicht doch der Traum vom Ferrari verwirklicht werden.Viele, in der Szene bekannte Namen, sind in der Ausstellung wieder zu finden: Giovanni Corvaja, Maria Rosa Franzin, Ichiro Iino, Ulla und Martin Kaufmann, Jacqueline Ryan, Peter Skubic – um nur einige zu nennen. Der Öffentlichkeit wird ein breites Spektrum einer lebendigen und vielseitigen Gold- und Silberschmiedeszene gezeigt, die durch die Gesellschaft der Goldschmiedekunst ein gemeinsames Forum bildet. Es bleibt zu wünschen, dass es auch in der Zukunft eine lebhafte Beteiligung von Schmuck- und Gerätkünstlern an den Aktivitäten der Gesellschaft geben wird. Nur so kann die Gesellschaft ihren Beitrag zur Erhaltung und gleichzeitigen Entwicklung der internationalen Schmuckszene leisten. Das Deutsche Goldschmiedehaus Hanau wird mit einem abwechslungsreichen Programm die verschiedensten Tendenzen im Schmuck und in der Gerätgestaltung beleuchten und sicher auch mit der einen oder anderen Ausstellung zur Diskussion anregen.
Es erscheint eine umfangreiche zweisprachige (deutsch/englisch) Publikation mit 364 Seiten zum Preis von € 25,00 zzgl. Versandkosten.
Die Ausstellung ist vom 12. August bis zum 11. Oktober, außer montags, täglich von 11.00 bis 17.00 Uhr zu sehen.
Weitere Informationen: www.gfg-hanau.de • www.museen-hanau.de
Archivbeitrag 17.09.2007