Auch Hobbypiloten fliegen auf Fliegeruhren. Und das ist mitunter ganz wörtlich zu nehmen. Ende Mai starteten am Flugplatz in Trier-Föhren zwölf Ultraleichtpiloten in sechs Maschinen zu ihrer UHRTOUR 2012. Im Formationsflug überquerten sie ganz Deutschland von Aachen bis nach Glashütte. Ihre Ultraleichtmaschinen (UL) dürfen ein maximales Abfluggewicht von 472,5 Kilogramm nicht überschreiten. Einige der Teilnehmer waren mit solchen ULs in den vergangenen Jahren bis nach Istanbul und Teneriffa geflogen.
"Wir sind begeisterte UL-Flieger und Freunde mechanischer Uhren", erläuterte Hans-Adolf Traub, Sprecher der UHRTOUR-Piloten, vor dem Start in Trier. "Wir haben keine Sponsoren, sondern finanzieren auch diese Reise wieder zu 100 Prozent aus der eigenen Tasche". Hinter der UHRTOUR steht eine klare Botschaft: "Man muss kein Millionär sein, um sich den Traum von einem eigenen Flugzeug leisten zu können. Eine gebrauchte UL in gutem Zustand ist nicht teurer als ein Auto der gehobenen Mittelklasse. Ebenso muss man nicht fünfstellige Summen investieren, um eine gute Uhr zu erstehen. Die von uns besuchten Hersteller beweisen dies seit vielen Jahren", sagte Traub.
Erste Station der UHRTOUR war Saarbrücken, wo die sechs Maschinen wegen Nebels erst mit einstündiger Verspätung landen konnten - aber immerhin mit einer Sondergenehmigung durch das Luftfahrtbundesamt. Am Flughafen wurden sie von Dr. Anja Hofer und Dr. Guido Grohmann vom Uhrenhersteller Nivrel erwartet. Diese Marke, die sich vor allem durch bezahlbare Repetitionsuhren einen Namen unter Uhrenliebhabern und Sammlern machte, wird häufig auch als "deutsche Uhr mit Schweizer Tick" bezeichnet. Immerhin reichen die Wurzeln von Nivrel in die Schweiz zurück. Gemeinsam ging es zum Stammsitz des Unternehmens in die Hofer-Villa, wo Grohmann seine Gäste durch die Geschichte der Marke führte und die Modelle der Kollektion präsentierte. Im Uhrenatelier lernten die Piloten dann die filigrane Arbeit der Uhrmacher kennen.
Bei bestem Sommerwetter starteten die fliegenden Uhrenliebhaber gegen Mittag in den blauen Himmel über dem Saarland. "Ein großes Lob den Mitarbeitern am Flughafen Saarbrücken. Die waren wirklich außerordentlich hilfsbereit und unkompliziert", berichtete Hans-Adolf Traub. "Unsere auf den Maschinen angebrachten Banner mit dem Hinweis auf die UHRTOUR 2012 sorgten natürlich für Aufsehen". Über den Pfälzer Wald ging es dann im Formationsflug Richtung Osten. Doch das Wetter verschlechterte sich schlagartig. Kräftige Niederschläge und Gewitter machten den Landeanflug auf den Flugplatz Augsburg außerordentlich anspruchsvoll. Nach zweieinhalbstündigem Flug erreichten die Piloten das zweite Ziel der UHRTOUR. Günter Steinhart von Steinhart-Watches empfing seine Gäste am Firmensitz im Kobelweg und erläuterte die Philosophie seiner Marke. Er setzt auf ein markantes Design, Schweizer Qualitätswerke und faire Preise. Die Steinhart-Kollektion beginnt bei rund 350 Euro und endet bei 1.300 Euro.
"Nach dem informativen Gespräch mit Günter Steinhart wurden wir zu einer zünftigen bayerischen Brotzeit mit Leberkäs', Weißbier und weiteren weiß-blauen Spezialitäten eingeladen. Es war ein sehr gemütlicher Abschluss unseres ersten Tages. Vor allem waren wir sehr beeindruckt von der spürbaren Leidenschaft, die Herr Steinhart in seine Uhren investiert", zeigte sich Tour-Teilnehmer Bernhard Heller zufrieden mit dem Besuch in Augsburg.
Ganz so gemütlich wie der Abend sollte der darauffolgende Morgen nicht werden. Als die zwölf UHRTOUR-Teilnehmer auf dem Flugplatz Augsburg eintrafen, stellten sie fest, dass eine der Maschinen einen platten Reifen hatte. Einem Bugrad war über Nacht im wahrsten Sinne des Wortes die Luft ausgegangen. Das Problem wurde schnell behoben - und die Reise nach Pirna-Pratzschwitz konnte beinahe pünktlich beginnen. Auf dem Weg in Richtung Sachsen landeten die Maschinen zunächst aber noch in Donauwörth, um aufzutanken. Gegen 9.15 Uhr starteten die UL-Flieger dann Richtung Sachsen.
Die Gewitterfronten über Deutschland hatten sich zwar verzogen, dafür kämpften die Piloten nun aber mit stark böigem Wind und ausgeprägter Thermik. Entsprechend turbulent verlief der Flug vom bayerischen Donauwörth nach Pirna-Pratzschwitz. Beim Flug über Tschechien fiel zudem kurzzeitig die Funkverbindung aus. Damit nicht genug: Bei der Landung in Pratzschwitz unweit von Dresden wurde das Fahrwerk eines UL-Fliegers beschädigt, was eine Reparatur vor Ort notwendig machte. Insgesamt brauchten die Piloten gut zwei Stunden für die Strecke von Donauwörth bis Pirna.
Von dort fuhren die Teilnehmer der Tour nach Glashütte, der ersten Adresse für Top-Uhren "made in Germany". In dem etwas abgelegenen Städtchen unweit der tschechischen Grenze haben bedeutende Manufakturen und Uhrenhersteller ihren Sitz, so unter anderem A. Lange & Söhne, Glashütte Original, Nomos und Tutima. Die UHRTOUR-Teilnehmer besuchten den Traditionsbetrieb Mühle Nautische Instrumente, wo sie vom Seniorchef Hans-Jürgen Mühle empfangen wurden.
Er berichtete über die wechselvolle Geschichte dieses Unternehmens. Zu DDR-Zeiten wurde der Betrieb verstaatlicht und anschließend in die VEB Glashütte integriert. Im Jahr 1994 wurde die Firma "Mühle-Glashütte GmbH nautische Instrumente" wieder als selbstständiges Unternehmen aus der Taufe gehoben.
Mühle ist sehr eng mit der Fliegerei verbunden. So präsentierte das Unternehmen im Jahr 2010 den S.A.R. Flieger-Chronographen, der in Kooperation mit den Rettungsfliegern der deutschen Marine entwickelt worden war. Vor einigen Jahren brachte Mühle zudem den Global Timer auf den Markt. Jede dieser auf 1.111 Exemplare limitierten Uhren umkreiste an Bord einer MD-11 von Lufthansa Cargo einmal die Erde.
Obwohl schon ein verlängertes Wochenende bei schönem Wetter vor der Tür stand, nahmen sich Hans-Jürgen Mühle und die Uhrmacher des Unternehmens viel Zeit, um ihren Gästen die Philosophie der Mühle-Zeitmesser zu erklären. Das Glashütter Unternehmen greift zwar auf Schweizer Werke zurück, produziert aber viele Einzelteile, wie etwa die Spechthalsfeinregulierung und den typischen Mühle-Rotor mit einem speziellen Schwermetallhalbreifen, der die Erdanziehungskraft optimal nutzt. Die Mühle-Chronographen werden außerdem mit einer neu entwickelten Dreiviertelplatine ausgestattet. So bleibe die Glashütter Tradition lebendig, heißt es bei Mühle.
Für weitere Besuche in Glashütte blieb leider keine Zeit, schließlich musste die bei der Landung beschädigte Maschine repariert werden. Trotzdem kamen die zwölf Tour-Teilnehmer noch rechtzeitig in Dresden an, um auf der Hotel-Terrasse bei einem kühlen Bier den Sonnenuntergang über der Elbe genießen zu können.
"Wir bleiben jetzt ein paar Tage hier und schauen uns Dresden an", sagte Traub. Die UHRTOUR 2012 wird in Kürze fortgesetzt. Nächstes Ziel: Marcello C. in Würselen bei Aachen.
Michael Brückner
Hans-Adolf Traub, Bernhard Heller, Jürgen Frisenig, Jürgen Poss, Ewald Klassen, Heiko Johé, Werner Theissen, Ludwig und Sigrid Hasenstab, Markus und Larissa Vojet.
Archivbeitrag 18.06.2012