Artikel Übersicht
Sie befinden sich im Benutzerbereich unseres Archivs.

Überraschung auf der Viennatime 2012 - Der "Uhren-Oscar" ging nach Österreich

Ein besseres Timing kann man sich gar nicht wünschen: Am Tag vor der Eröffnung der viel beachteten Uhrenpräsentation Viennatime in der Donaumetropole erhielt ausgerechnet eine österreichische Manufaktur den begehrten "Uhren-Oscar". Wir gehörten zu den ersten, die mit den Preisträgern sprachen.

Die Vorbereitungen für die Viennatime liefen auf vollen Touren. Die viel beachtete Uhrenpräsentation im Wiener Kunstzentrum MAK sollte in wenigen Tagen beginnen, da erreichte Maria Kristina Habring in Kärnten eine zunächst ziemlich unverbindlich klingende Anfrage. Ob sie denn zusammen mit ihrem Mann Richard Habring wirklich an der Verleihung des Grand Prix d'Horlogerie de Genève (GPHG) teilnehmen werde, wollte der Veranstalter wissen. "Da war mir klar: Wir hatten einen Preis gewonnen", erinnert sich Maria Kristina Habring an diese ereignisreichen Tage. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie Habring², die vielleicht kleinste Uhrenmanufaktur der Welt - auf jeden Fall aber die einzige in Österreich.

Raffinierte Uhrentechnik aus Kärnten

Hochwertige Uhren mit komplizierten Raffinessen kommen normalerweise aus der Schweiz oder dem sächsischen Glashütte. Aber Österreich? Was außergewöhnliche mechanische Zeitmesser angeht, ist die Alpenrepublik heute ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Einzige Ausnahme: Habring² in Völkermarkt unweit von Klagenfurt. Immer wieder sorgte diese Mini-Manufaktur mit besonderen Konstruktionen und Komplikationen für Aufsehen. Zu den Bestsellern gehört zum Beispiel der COS-Chono. Die Abkürzung steht für "Crown operating system". Das heißt, die Chronographenfunktion wird nur über die Krone gesteuert, die sonst charakteristischen Drücker ober- und unterhalb der Krone fehlen.

Ausgerechnet diese kleine Manufaktur sollte also den GPHG erhalten, der mitunter auch als "Uhren-Oscar" bezeichnet wird? Wir trafen Maria Kristina und Richard Habring auf der Viennatime. Erst wenige Stunden zuvor waren sie aus Genf zurückgekehrt und pünktlich zur Eröffnung der Wiener Uhrenpräsentation zur Stelle.

"Wir wussten bis zur letzten Minute nicht, für welche der beiden eingereichten Uhren wir den Preis bekommen hatten", sagt Maria Kristina Habring. Die Juroren hatten zum einen den Habring² "Foudroyante" mit springender und blitzender Sekunde unter die Lupe genommen. Zum anderen sorgte auch der Habring² "Doppel 2.0" für Aufsehen - ein auf 20 Exemplare limitierter Doppel- oder Schleppzeiger-Chronograph. "Mein Mann tippte auf den Foudroyante, ich auf den Doppel", erinnert sich Frau Habring. Und am Ende siegte der Doppel-Chrono aus dem Hause Habring. "Nach Angaben des Veranstalters war es das erste Mal, dass dieser Preis an eine Manufaktur außerhalb der Schweiz ging", berichtet Maria Kristina Habring.

Für Richard Habring war die Konstruktion des "Doppel 2.0" auch eine ganz persönliche Zeitreise zurück zu den Anfängen seiner Karriere. Zu Beginn der 1990er Jahre war er bei IWC in Schaffhausen unter seinem Mentor, dem bei Liebhabern mechanischer Uhren unvergessenen Günter Blümlein, maßgeblich an der Entwicklung eines Doppelchronographen-Werks beteiligt. Uhren mit dieser Komplikation verfügen über einen zweiten Stopp-Sekundenzeiger aus dem Zentrum, der üblicherweise mit dem normalen Chronosekundenzeiger synchron mitläuft. Mit einem kurzen Druck auf den in der Position "10-Uhr" an der Gehäuseflanke befindlichen dritten Drücker wird der zweite Stopp-Sekundenzeiger angehalten. Er ermöglicht somit das Ablesen von Zwischenzeiten, während der Chronosekundenzeiger weiter unbeirrt seine Runden dreht. Eine weitere Drückerbetätigung genügt - und der so genannte Schleppzeiger nimmt wieder elegant seine Position über dem Chronosekundenzeiger ein. Doppelchronographen eignen sich daher in besonderer Weise für die Sportzeitmessung.

Mit seinen neuen Ansätzen bei der Konstruktion eines solchen Rattrapante-Werks überzeugte Richard Habring nicht nur die Kollegen, sondern gleichermaßen das Patentamt. Das unter der Nummer DE4209580A publizierte Dokument zeigte einen gänzlich neuen Aufbau der fragilen Zangensteuerung, die zum Festhalten des rückseitigen Schleppzeigerrads notwendig ist.

Nun fiel das Patent an Richard Habring zurück - und der Weg war frei für einen "Doppel 2.0", der in einer Auflage von gerade einmal 20 Exemplaren auf den Markt kam. Der preisgekrönte "Doppel 2.0" war im Nu ausverkauft.

Uhr der Superlative für den Sultan

Kaum verwunderlich also, dass Habring² begehrte Gesprächspartner waren auf der Viennatime 2012, konnten sie doch stolz ihren "Uhren-Oscar" präsentieren. Doch die außergewöhnliche Uhrenpräsentation in Wien, die wieder Tausende von begeisterten Uhrenliebhabern anzog, hatte natürlich noch weitaus mehr zu bieten. Eine Standuhr für den Sultan von Oman zum Beispiel, die Tilmann von dem Knesebeck über zehn Jahre hinweg entwickelte. Am Ende wurde daraus ein goldenes Planetarium mit Zeitanzeige, das auf einem Bergkristallsockel mit Inlays aus sibirischem Mammutelfenbein besteht. Diese Uhr der Extraklasse ist von einer Kapelle umgeben, die sich bei Tagesanbruch öffnet. Sie steht ferner auf einem Tisch, in dem das teure Stück versenkt werden kann - sicherer als in einem Banksafe. Wie teuer diese Uhr der Superlative ist, wollte man uns allerdings nicht verraten.

Über 60 Uhrenhersteller präsentierten in Wien stolz ihre extravaganten Zeitmesser, darunter so bedeutende Namen wie A. Lange & Söhne, IWC, Hublot, Audemars Piguet, Breitling, Panerai, Hanhart und das deutsche Traditionsunternehmen Junghans aus dem Schwarzwald, dem nach einer Beinahe-Pleite ein spektakuläres Comeback gelang.

Die renommierte Manufaktur Zenith - ein Unternehmen des weltgrößten Luxusgüterkonzerns LVMH - nutzte die Viennatime unter anderem, um noch einmal Felix Baumgartners Stratosphärensprung in einem ausführlichen Video zu zeigen. Bekanntlich trug er dabei einen Chrono von Zenith. Da sage noch einer, es sei kein Meister vom Himmel gefallen.

Michael Brückner

Link zu weiteren Informationen: Über den Doppel 2.0 von Habring² haben wir erst kürzlich genauer berichtet.

Archivbeitrag 22.11.2012
Aus unserem Shop


Empfohlen von Kathrin
Schmuck
Uhren