Barcelona - die heimliche Hauptstadt Spaniens. Kaum eine andere Stadt in Europa erlebte im Laufe der Jahrhunderte eine solch wechselvolle Geschichte und versank nach den größten Höhenflügen immer wieder im tiefsten Tal der Bedeutungslosigkeit. Ebenso ging es der Bevölkerung. Sie passte sich dem "Leiden" der Stadt an - mal steinreich, mal bettelarm, mal prädestiniert, mal unterdrückt.
Doch die Katalanen sind ein stolzes und wehrhaftes Volk. Sie gaben trotz aller Höhen und Tiefen niemals auf und hielten der Stadt stets aufrecht die Treue. Liegt es an der unbändigen Lebensfreude? Am fast immer schönen Wetter? Oder woran sonst? Vielleicht sollte man einmal die vielen Tausend Touristen fragen, die heutzutage jedes Jahr nach Barcelona kommen und sich reihenweise in die Stadt verlieben.
Doch gehen wir die Dinge am besten der Reihe nach an. Bereits in der Antike galt Barcelona mit seinem ausgedehnten Hafen als ein bedeutendes Handelszentrum. Dies spiegelte sich auch in der Macht der Stadt wieder, die teilweise bis nach Sizilien reichte. In dieser Zeit siedelten sich auch die ersten Gold- und Silberschmiede in der Stadt an, da sie sich vom florierenden Handel mit Waren aller Art ein gutes Auskommen versprachen. Sie wurden nicht enttäuscht. Im Mittelalter galt Barcelona als eine der reichsten Städte der Welt, was zur Folge hatte, dass die größten Kirchen und Klöster der damaligen Zeit in Barcelona errichtet wurden. Das Geld spielte halt keine Rolle.
Im ausgehenden Mittelalter begannen jedoch die ersten Krisen. Die damaligen Herrscher der Stadt wollten immer größere Landstriche erobern und brauchten dafür umfangreiche finanzielle Mittel. Sie kämpften die Stadt quasi in die Pleite, woraufhin auch die Schifffahrt und der Handel in der Stadt deutlich beeinträchtigt wurden. Im 18. Jahrhundert schließlich - im Zuge der spanischen Erbfolgekriege - erlebte Barcelona seinen bis dahin schlimmsten Tiefpunkt und wurde gänzlich von Madrid abhängig gemacht. Die Stadtoberen hatten fortan nichts mehr zu sagen und das Antlitz von Barcelona glich einer kleinen Provinzstadt. Erst Ende des 18. Jahrhunderts stellte sich der nächste Aufschwung ein. Auslöser dafür war vor allem der immer reger werdende Handel mit Amerika, durch den Barcelona wiederum seine Vorzüge als gut frequentierter Mittelmeerhafen ausbauen konnte. Insbesondere im Handel zwischen Europa und Südamerika spielte Barcelona damals die entscheidende Rolle und gewann wieder zunehmend an Bedeutung. Neben Textilien, Nahrungsmitteln, Gewürzen und vielen anderen Waren wurden auch die direkt vor Ort gefertigten Schmuckstücke und Kunstarbeiten von Barcelona aus in alle Welt exportiert.
Dieser Aufschwung verhalf der Stadt im aufkommenden 19. Jahrhundert wieder dazu, eine der reichsten Metropolen der Erde zu werden. In diesem Zuge siedelten sich auch wieder zahlreiche Juwelieren an. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert schließlich wurde Barcelona immer berühmter für seine einzigartigen Gold- und Silberschmiedekünstler. Insbesondere im Rahmen der ersten Weltausstellung, welche im Jahr 1888 in Barcelona stattfand, konnten die hier ansässigen Juweliere und ihre Produkte einen Siegeszug um die ganze Welt feiern.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich wurde Barcelona zur Hochburg der Anarchisten, Revolutionäre und kreativen Künstler weit abseits des Mainstreams. Auch die Gold- und Silberschmiede passen sich dieser Entwicklung an und schufen Kunstwerke, die einmalig auf der Welt waren und es bis heute sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ dieses Bild allerdings deutlich nach. Barcelona wurde immer mehr zur tristen Industriestadt, die von vielen als "das Manchester Spaniens" bezeichnet wurde. Doch wie es immer in Barcelona war: Die Bewohner besannen sich auf ihre Vergangenheit und ihre Kultur und machten nach einigen tristen Jahren aus der Stadt wieder ein lebendiges Juwel.
Wer heute Barcelona besucht, kann immer noch viel von der wechselhaften und teils schweren Vergangenheit erfahren. Im Schmuckbereich jedoch zeugt die Stadt hauptsächlich von den reichen und mächtigen Epochen, z. B. in Form des eleganten Stadtviertels, das sich rund um den Garten "Jardins Eduard Marquina" befindet. Hier entdeckt der Tourist unzählige kleine Boutiquen und Geschäfte, in denen es Markenschmuck und ebensolchen Uhren aus aller Welt zu kaufen gibt. Doch nicht nur das: Auch viele kleine, in Barcelona ansässige Schmuckdesigner haben hier ihre Läden. Wer gerne unkonventionellen Schmuck erwerben möchte, sollte nach diesen - teils sehr versteckt liegenden - Geschäften Ausschau halten. Insbesondere die Schmuckgeschäfte von Puig Doria und Rosa Bisbe werden Schmuckliebhaber jeden Alters und jeder sozialen Schicht begeistern!
Obwohl nicht direkt in Barcelona gelegen, müssen wir unbedingt eines der bekanntesten Schmuckunternehmen Europas - und inzwischen vielleicht der ganzen Welt - an dieser Stelle erwähnen. Das Familienunternehmen Tous hat im nahe gelegenen Manresa seinen Hauptsitz und verfügt über mehrere Geschäfte in Barcelona. Die Firma existiert übrigens bereits seit den 1920er-Jahren, wurde aber erst dann wirklich erfolgreich, als man sich darauf besann, den Mittelweg zwischen Luxusschmuck und billigem Massenschmuck zu wählen. Schmuck für Damen jeden Alters, klassisch und zeitlos, trotzdem modern und seinen Preis in jeder Beziehung wert. Das Unternehmen produziert inzwischen nicht nur traditionellen Gold- und Silberschmuck, sondern auch Perlenschmuck, Diamantschmuck und allerlei Accessoires, u. a. aus Leder und Edelsteinen.
Ein ganz besonderer Ort für Schmuckliebhaber in Barcelona ist die Galerie für zeitgenössischen Schmuck im Gebäude des MACBA (Museu d´Art Contemporani de Barcelona). Schon das Museum ist in jedem Fall einen Besuch wert und offenbart einen Überblick über sämtliche Epochen der Schmuckgeschichte Barcelonas. Ebenso interessant ist für Schmuckliebhaber aber auch das, was sich um dieses Museum herum befindet. Mit den Jahren siedelten sich hier unzählige Schmuckgalerien an, die hauptsächlich handgefertigten, unkonventionell Schmuck anbieten. Hier sind nicht nur Künstler aus Barcelona vertreten, sondern aus ganz Spanien und der restlichen Welt.
Dass den Künstlern Barcelonas nicht der Nachwuchs ausgeht, dafür sorgt die inzwischen international renommierte Massana-Designschule. Hier werden extrem versierte Gold- und Silberschmiede sowie Edelsteinschleifer und -fasser ausgebildet. Viele der Schüler lassen sich nach Ende ihrer Ausbildung direkt in Barcelona nieder. So kommt es, dass die Stadt mittlerweile eine der höchsten Dichten an Gold- und Silberschmieden sowie anderen Schmuckhandwerkern und Herstellern aller Art aufweist. Dem Besucher kann dies nur recht sein.
Damit kehrt die Stadt auch wieder etwas zu ihren Anfängen zurück. Wo sich in der Antike und im Mittelalter nach den immer wieder periodisch auftretenden Krisen die Schmuckhandwerker ansiedelten, lassen sich heute die Schüler der international renommierten Designschule nieder und eröffnen ihre kleinen Ateliers. Wie früher auch, wird der Schmuck meist in Handarbeit und mit unkonventionellen und frischen Designs hergestellt. Und ebenfalls wie damals, wird auch heute noch der Schmuck aus Barcelona in alle Welt exportiert und findet überall großen Anklang. Diese Stadt ist also jederzeit einen Besuch wert!
Archivbeitrag 08.02.2011