Inzwischen ist hinlänglich bekannt, dass Allergien gerade in westlichen Ländern seit einigen Jahren immer weiter auf dem Vormarsch sind. Durch zunehmende Umweltverschmutzung und veränderte Lebensgewohnheiten (z.B. Stress, übersteigertes Hygienebewusstsein) wird die Bildung von allergischen Erkrankungen günstig beeinflusst.
Dabei ist eine Allergie nichts andere als eine übermäßige Abwehrreaktion des menschlichen Immunsystems, welche durch den Kontakt mit einem bestimmten Stoff (das so genannte Allergen) ausgelöst wird. Diese Abwehrreaktion kann in verschiedenen Formen auftreten, beispielsweise durch anschwellende Schleimhäute, Atemwegsbeeinträchtigungen, Funktionsstörungen im Magen-Darm-Trakt oder durch Veränderungen der Haut. Bei einer Schmuckallergie tritt vor allem letzteres auf.
Genau genommen gibt es die Schmuckallergie überhaupt nicht. Sie ist lediglich der Oberbegriff für eine Kontaktallergie, die durch bestimmte Inhaltsstoffe bzw. Bestandteile im Schmuck ausgelöst werden kann. Der Begriff Kontaktallergie weist dabei darauf hin, dass die allergische Reaktion meist genau an den Stellen sichtbar wird, die mit dem Allergen in Berührung gekommen sind.
Bei den Stoffen, die im Schmuckbereich eine allergische Reaktion auslösen können, ist in aller erster Linie Nickel zu nennen. Er ist der Hauptauslöser der im Volksmund als Schmuckallergie bezeichneten Reaktion. Trotzdem können auch andere Schmuckbestandteile wie Cobalt in Einzelfällen Allergien hervorrufen, allerdings treten diese viel seltener auf als beim Hauptallergen Nickel.
Wir konzentrieren uns also hier auf den Hauptauslöser der Schmuckallergie, das Nickel. Doch warum wird Nickel überhaupt in der Schmuckproduktion eingesetzt? Dazu muss man zunächst wissen, dass viele Edelmetalle in ihrer Reinform nicht dafür geeignet sind, zu Schmuck verarbeitet zu werden. Grund dafür ist ihre Konsistenz. Gold ist zum Beispiel in reiner Form zu weich, daher wird es mit anderen, unedleren Stoffen legiert, um an Festigkeit zu gewinnen. Insbesondere Weißgold enthält häufig einen Nickelanteil, aber auch bei der Herstellung von Edelstahl sowie in zahlreichen Silberlegierungen wird Nickel verwendet.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland zwischen 2 und 4,5 Millionen Menschen gegen Nickel sensibilisiert, haben also das Potential zur Bildung einer Allergie. Dabei ist Nickel grundsätzlich ein relativ schwaches Allergen. Das Problem ist, dass der Mensch gewöhnlich schon in jungen Jahren sehr häufig mit Nickel in Kontakt kommt, sei es durch Leitungswasser, Kochgeschirr, Reißverschlüsse und Druckknöpfe, Uhren oder auch durch die aufgenommene Nahrung. Durch diesen häufigen Kontakt kann sich der Körper im Laufe der Jahre sensibilisieren, was schließlich den Nährboden für eine Allergie schafft. Die Nickelallergie kann also auch erst nach vielen Jahren unbeeinträchtigendem Tragens von nickelhaltigem Schmuck plötzlich auftreten.
Da die Zahl der Allergiefälle in den letzten Jahrzehnten in Deutschland sprunghaft zugenommen hat, wurden 1992 in Deutschland in der so genannten Bedarfsgegenständeverordnung bestimmte Grenzwerte für den Nickelgehalt in Schmuck festgelegt. So darf zum Beispiel bei Schmuckstücken, die direkt mit der Haut in Kontakt kommen, pro Woche nicht mehr als 0,5 Mikrogramm Nickel pro Quadratzentimeter Haut freigesetzt werden. Bei Ohrringen liegt der Grenzwert noch niedriger, hier sind es 0,2 Mikrogramm. Durch diese Maßnahme konnte immerhin ein Rückgang der Nickelallergiefälle in den letzten Jahren erreicht werden.
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Nickelallergie um eine Kontaktallergie. Dazu muss der allergene Stoff direkt mit der Haut in Berührung kommen, wie es etwa bei Armbändern, Ohrringen oder Ketten, die auf nackter Haut getragen werden, der Fall ist. In welchem Ausmaß das Nickel dabei freigesetzt wird, hängt nicht nur von dessen Anteil im Schmuckstück ab, sondern auch von der Haut- und Umgebungstemperatur (eine höhere Temperatur fördert die Freisetzung von Nickel) und von den verwendeten Waschsubstanzen bzw. Parfumstoffen für die Haut.
Wird nun Nickel als Allergen freigesetzt und trifft auf die Haut, kann sich daraus eine Kontaktallergie entwickeln. Als Symptom zeigt sich dann eine ekzematöse Veränderung der Haupt - das so genannte Kontaktekzem. Dabei rötet sich die Haut und es kann zu heftigem Juckreiz kommen. Die Rötung der Haut kann schließlich in die Bildung von Knötchen, Bläschen und offenen Stellen (Hautdefekte bzw. Erosionen) übergehen. In der Folge sind Verkrustungen möglich. Auch Entzündungen kommen immer wieder vor, besonders, wenn der Betroffene dem Juckreiz nachgibt und an der Haut kratzt.
Besonders bei älteren Schmuckstücken ist meist nicht sicher nachvollziehbar, ob ein Nickelanteil im Material vorhanden ist. Durch einen einfachen Test, den es in fast jeder Apotheke zu kaufen gibt, kann man es herausfinden. Dieser Test besteht aus zwei Lösungen, die zusammen auf ein Wattestäbchen geträufelt werden müssen. Anschließend wird das Wattestäbchen ein paar Minuten lang auf dem zu prüfenden Schmuckgegenstand hin- und her gerieben. Ist Nickel enthalten bzw. wird freigesetzt, verfärbt sich das Wattestäbchen rot.
Beim Verdacht auf eine Kontakt- bzw. Nickelallergie sollte man in jedem Fall einen Arzt aufsuchen. Dieser wird nach eingehender Besprechung und Feststellung der Verdachtsstoffe einen standardisierten Pflastertest vornehmen, bei dem mehrere Pflaster mit allergenen Substanzen auf die Haut geklebt werden und dort 1-2 Tage verbleiben müssen. Danach kann der Arzt die Reaktionen der Haut feststellen und eine Nickelallergie einwandfrei diagnostizieren.
Bei einer Kontaktallergie bzw. speziell einer Nickelallergie gibt es leider bis heute nicht die Möglichkeit einer Hyposensibilisierung, die bei anderen Allergieformen erfolgreich angewendet wird. Die einzige Möglichkeit, allergische Reaktionen in Zukunft zu vermeiden, besteht also darin, den Kontakt mit dem allergenen Stoff strikt zu vermeiden. Dies ist allerdings gar nicht so einfach, da Nickel nicht nur in Schmuckstücken, sondern auch in vielen anderen Dingen des täglichen Lebens vorkommt - zum Beispiel in Knöpfen, Reißverschlüssen, Brillengestellen, Uhren oder Gürtelschnallen. Man sollte also bei jedem Kauf eines Metallgegenstands, der direkt mit der Haut in Berührung kommt, darauf achten, dass dieser nickelfrei ist.
Sind bereits Ekzeme durch den Kontakt mit Nickel entstanden, müssen die betreffenden Hautpartien mit speziellen Präparaten behandelt werden. Für trockene Ekzeme gibt es fetthaltige Crémes, bei nässenden Stellen bieten sich feuchte Umschläge mit wasserhaltigen Salben an, die allerdings häufig gewechselt werden sollten. In akuten bzw. extremen Fällen können auch Cortisonprodukte eingesetzt werden, diese sollten aufgrund ihrer Nebenwirkungen allerdings nie längerfristig verwendet werden.
Archivbeitrag 19.07.2011