Hinweis der Redaktion: Der Inhaber der Marke Poljot International schreibt sich Shorokhov. Die Marke seiner Uhren-Kollektion allerdings Shorokhoff. Es handelt sich mithin um keine Schreibfehler.
Als am 18. März 1965 das Raumschiff Woschod 2 vom Weltraumbahnhof in der damaligen Sowjetunion abhob, sah es zunächst nach einem Routineflug aus - sofern eine Exkursion ins Weltall überhaupt jemals als Routine bezeichnet werden darf. Wenige Stunden später jedoch wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der bemannten Raumfahrt geschrieben. Der russische Kosmonaut Oberstleutnant Alexey Leonov verließ das Raumschiff und unternahm als erster Mensch einen Weltraumspaziergang.
"Ein Sandkorn in der Unendlichkeit", sollte später eine Schweizer Zeitung titeln. Tatsächlich war der knapp 20minütige Ausflug alles andere als ein Spaziergang. Trotz aller Vorbereitungen und Trainings endete der riskante Ausflug dramatisch. Der Weltraumanzug des Kosmonauten hatte sich aufgebläht, fast hätte er es nicht mehr geschafft, zu seinem Kommandanten in die Woschod 2 zurückzukehren. Nur mit größter Mühe gelang es, eine Tragödie im Weltall zu verhindern.
Zehn Jahre später sorgte Alexey Leonov erneut für Schlagzeilen. Damals war er Kommandant eines Soyuz-Raumschiffes, das in einer spektakulären Aktion an eine amerikanische Apollo andockte. Die enge Zusammenarbeit von Russen, Amerikanern und Europäern im All ist heute eine Selbstverständlichkeit, doch im Jahr 1975 - in einer zeitgeschichtlichen Phase, die gemeinhin als "Kalter Krieg" bezeichnet wird - barg die gemeinsame amerikanisch-sowjetische Mission viel Symbolkraft.
"Wir hatten Alexey Leonov hier zu Gast. Und während er sprach, lauschten die Anwesenden so fasziniert seinen Berichten, dass sie eine Stecknadel hätten fallen hören können", erinnert sich Alexander Shorokov, Gründer und Geschäftsführer der Poljot-V Uhrenvertriebs GmbH im fränkischen Alzenau - vor den Toren Frankfurts. Dass Leonov dort auftrat, hatte einen guten Grund: Am 30. September 2009 nahm er das erste Exemplar der auf 500 Stück limitierten "Soyuz-Apollo-Uhr" entgegen. Auf dem Zifferblatt dieses automatischen Zeitmessers prangt das Logo der völkerverbindenden Mission. Die mittlerweile ausverkaufte Uhr verfügt über eine Weltzeit- und eine Daydate-Anzeige. "Wie die Mission im Jahr 1975 verbindet diese Uhr Zeitzonen, Kontinente und Menschen", stellte der 1934 geborene ehemalige Kosmonaut Leonov fest - und präsentierte stolz die "Soyuz-Apollo" Nummer 001/500 an seinem Handgelenk.
Die Weltraumuhr kam unter der Marke Basilika auf den Markt. Ebenso wie Poljot International ist sie Teil der Alexander Shorokhoff GmbH. "Alle unsere Uhren werden in Deutschland gefertigt. Entweder hier in Alzenau oder von einem bewährten Partner in der Nähe von Weimar. Damit stellen wir eine gleichbleibend hohe Qualität sicher. Allerdings haben alle unsere Uhren eine russische Seele", sagt Shorokhov. Und diese russische Seele spiegelt sich nicht nur im unverwechselbaren Design der Zeitmesser wider, sondern auch in den Geschichten, die mit ihnen verbunden sind. Rechtzeitig vor der Jahrtausendwende präsentierte Poljot International zum Beispiel die "Millenium"-Uhr als Geschenk an die Russisch-orthodoxe Kirche. Ein Exemplar wurde an Alexej II., den Patriarchen von Moskau und Russland, überreicht. Im Jahr 2000 folgte dann ein weithin geschätzter Klassiker. Alexander Shorokhov übergab den Gorbatschow-Chronographen an den ehemaligen sowjetischen Präsidenten. "Heute befinden sich viele dieser in limitierter Auflage produzierten Uhren im Besitz von Staatsmännern und Diplomaten. Wenige Jahre später brachte Poljot-International die Modelle "Moscow Nights" und "Nights of St. Petersburg" auf den Markt. Im Jahr 2006 folgte ein Regulator, der spontan die Uhrenfreunde begeisterte. Zum 50. Jahrestag des ersten bemannten Weltraumflugs - für immer verbunden mit dem Namen Juri Gagarin - brachte Poljot International den Chronographen "B-61" heraus.
Unter der Marke Basilika lässt Alexander Shorokhov überdies eine ganz ungewöhnliche Uhr produzieren. Sie trägt den Namen "Amber" nicht von ungefähr, immerhin wird sie mit einem natürlichen Bernstein-Glasboden ausgestattet. "Das ist nicht nur ein gut aussehendes Accessoire, sondern ein starkes biologisches Stimulans mit wohltuender Wirkung auf die Gesundheit des Menschen", erläutert Shorokov. Der direkte Hautkontakt begünstige die Heilwirkung, die durch wissenschaftliche Untersuchungen untermauert worden sei.
Wer Alexander Shorokhov zuhört und die mittlerweile recht stattliche Kollektion an Poljot International und Basilika-Uhren betrachtet, kann sich kaum vorstellen, dass vor einigen Jahren Zeitmesser von Poljot noch das wenig schmeichelhafte Image von "Flohmarkt-Uhren" hatten. "Geblieben ist der weltweit bekannte und traditionsreiche Namen Poljot. Ansonsten aber sind die Uhren aus den Zeiten der Sowjetunion mit den Modellen von heute einfach nicht zu vergleichen. Aber wir sind stolz darauf, unter den Markennamen Poljot International und Basilika die große russische Uhrmachertradition fortsetzen zu können - und sie zu paaren mit deutscher Präzision", erläutert Shorokhov.
Rückblick: Im Jahr 1930 wurde die Erste Staatliche Uhrenfabrik in der Sowjetunion gegründet. Mehrere andere Hersteller schlossen sich an, und so produzierte der Betrieb im Jahr 1940 schon rund 200.000 Armbanduhren und etwa 600.000 Taschenuhren. Nach dem Zweiten Weltkrieg firmierte der Hersteller mit Sitz in der sowjetischen Hauptstadt als Erste Moskauer Uhrenfabrik. Als dann im Jahr 1961 mit Juri Gagarin der erste Mensch unter den Augen einer faszinierten internationalen Öffentlichkeit ins Weltall startete, trugen fortan alle von der Moskauer Uhrenfabrik hergestellten Zeitmesser den Namen Poljot, was übersetzt nichts anderes heißt als Flug.
Alexander Shorokhov war damals gerade erst ein Jahr alt und dürfte von dieser spektakulären Weltraummission nichts mitbekommen haben. Auch später, zu Beginn seiner Karriere, deutete zunächst nichts darauf hin, dass er einmal mit der Produktion und dem Vertrieb von Uhren sein Geld verdienen würde. Shorokhov studierte zwischen 1977 und 1982 an der Moskauer Hochschule für Transportwesen und schloss sein Ingenieur- und Architekturstudium mit Auszeichnung ab. Anschließend arbeitete er bei einem staatlichen Bauunternehmen, wo er bereits in jungen Jahren zum Chefingenieur avancierte. Schon damals entwickelte er eine besondere Leidenschaft für markantes und unverkennbares Design. Später kam Shorokhov mit einer Gruppe handverlesener russischer Manager nach Deutschland. Auf Anregung des damaligen sowjetischen Staatschefs Gorbatschow sollten sie in der Bundesrepublik ganz praktische Erfahrungen mit der Marktwirtschaft sammeln. Nach ersten Stationen bei der IHK Frankfurt und im hessischen Wirtschaftsministerium gründete Alexander Shorokhov im Jahr 1992 in Frankfurt/Main die Uhrenvertriebsgesellschaft Poljot-V International GmbH. Später sollte das Unternehmen ins nicht allzu weit entfernte Alzenau zwischen Hanau und Aschaffenburg umziehen.
Nach anfänglichen Erfolgen musste der Jungunternehmer jedoch erkennen, dass auf Dauer mit den russischen Poljot-Uhren, die auf Flohmärkten teilweise unter den Einstiegspreisen des Fachhandels feilgeboten wurden, kein Geschäft zu machen war. Alexander Shorokhov gründete - freilich in enger Anlehnung an die russische Uhrentradition - seine eigene Marke Poljot International. Das Prinzip war einfach: Es sollten Uhren mit "russischen Genen" sein, aber "Made in Germany". Auf diese Weise gelang es, Zeitmesser in hervorragender Qualität auf den Markt zu bringen.
"Wir haben unsere Marken Poljot International und Basilika sehr klar positioniert", berichtet Shorokhov. "Wir bieten gute Qualität zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis. Unsere Uhren werden zum Beispiel in fünf Lagen reguliert. Während wir mit Poljot International die große Tradition dieser Marke fortsetzen, weisen Basilika-Uhren ein etwas moderneres Design auf". Beide Uhrenmarken werden jedenfalls unter dem Slogan "From Russia with Love" angeboten. Die meisten Modelle greifen historische Themen auf, das ist für Alexander Shorokhov besonders wichtig. "Jede Uhr sollte mit einer spannenden Geschichte verknüpft sein, die der Träger dann zum Beispiel im Smalltalk erzählen kann". Der Gorbatschow-Chrono und der Soyus-Apollo-Zeitmesser sind nur zwei Beispiele für Modelle, die eng mit der Zeitgeschichte verbunden sind - das eine mit einer großen politischen Persönlichkeit, das andere mit einer herausragenden technischen und menschlichen Leistung in Ausnahmesituationen. Besonders elegant ist das Modell "Nikolai-II" in 14karätigem Rotgold. Mit dieser Uhr soll sowohl an die Galauftritte als auch an das alltägliche Leben des letzten russischen Zaren aus der Dynastie der Romanovs erinnert werden.
Andere Modelle weisen geographische Bezüge auf. Zum Beispiel der klassisch-schöne "Baikal"-Chronograph oder die bereits erwähnten Dreizeiger-Uhren "Moscow Nights" und "Nights of St. Petersburg". Aus Anlass des 850jährigen Bestehens von Moskau schuf der Designer A. Sidorov eine Uhr der Extraklasse für Poljot International. Der in Handarbeit hergestellte Zeitmesser in 14karätigem Gold wurde durch die Verarbeitung von 211 Diamanten und sieben Saphiren zu einem wahren Luxus-Stück. Freunde von Tonneau-Uhren schließlich dürften sich für das Modell "Volga" interessieren. "Diese Uhr gibt es in mehreren Versionen - mit und ohne 24-Stunden-Anzeige sowie in Edelstahl und in 14karätigem Gold", erläutert Shorokhov.
Sieht man von den Edelvarianten aus Gold und mit Diamant-Besatz einmal ab, kosten Uhren der Marken Poljot International und Basilika zwischen 300 und 800 Euro. "Es gibt Verkaufsstatistiken, die belegen, dass auffallend viele Uhrenfreunde meist sogar mehrere Modelle unserer Marken besitzen. Für die einen bieten wir einen günstigen Einstieg in das faszinierende Reich der mechanischen Uhren, für die anderen macht es einen besonderen Reiz aus, Zeitmesser ‚mit einer russischen Seele' in ihrer Sammlung zu wissen", sagt Alexander Shorokhoff. Tatsächlich hört, wer häufiger mit Uhrenliebhabern ins Gespräch kommt, hin und wieder den Satz: "Meine Sammlung reicht von Poljot International bis Patek Philippe".
In den Zeitmessern von Shorokhovs Uhren ticken überwiegend russische Werke. Darunter natürlich die ehemaligen Poljot-Kaliber sowie Werke von Slava und Vostok. Sie alle werden in Deutschland qualitätsmäßig optimiert und teilweise modifiziert. "Wer eine Uhr aus unserer Kollektion im höheren Preissegment bis 800 Euro kauft, bekommt schon uhrmacherische Komplikationen wie eine Chronographen-Funktion oder eine Mondphase". In einigen Modellen von Poljot International verrichten auch Werke Schweizer Provenienz zuverlässig ihren Dienst.
Pro Jahr verlassen rund 15.000 Poljot International- und Basilika-Uhren die Ateliers bei Weimar und in Alzenau. "Noch Ende der 1990er Jahre verkauften wir die meisten unserer Uhren in Deutschland, der Exportanteil lag bei rund 40 Prozent. Inzwischen konnten wir das Auslandsgeschäft deutlich steigern. Unsere Uhren werden in ganz Europa, aber auch in Amerika und Asien geschätzt. Somit liegt unser Exportanteil heute bei circa 70 Prozent", berichtet Alexander Shorokhov.
Uhrenfreunde, die es noch exklusiver und edler mögen, finden in der Alexander Shorokhoff-Kollektion außergewöhnliche Nobelticker, die allerdings schon deutlich teurer sind. Die verschiedenen Linien dieser Luxus-Marken sind großen russischen Künstlern gewidmet. Die erste Uhr wurde zum Beispiel nach dem Komponisten Tschaikowky benannt. "Der absolute Bestseller in dieser Kollektion bleibt jedoch die ‚Dostojewksi", sagt Shorokhoff. Die Uhr mit ihrem markanten quadratischen Gehäuse mit abgerundeten Ecken nimmt Bezug auf den Roman Der Spieler und damit auf eines der wichtigsten Werke von Fjodor Dostojewski. Auf der Rückseite der Uhr weckt ein schwarz-roter Zahlenring Assoziationen mit einer Rouletteschüssel. Eine ausführliche Beschreibung der Uhren aus der Kollektion Alexander Shorokhoff ist in dem Buch U(h)rtypen von Michael Brückner erschienen (Seite 51 ff.).
Zumindest, wenn es um die Marken Poljot International und Basilika geht, setzen Alexander Shorokhov und sein Team aber nicht allein auf große Musiker und Poeten, sondern durchaus auch auf das eigene Erleben. Im Jahr 2006 zum Beispiel befanden sich einige Repräsentanten von Poljot International an Bord des Eisbrechers Yamal. Der Weg durch die Eiswüste inspirierte sie zu einer neuen mechanischen Uhr mit dem Namen "Polar Bear".
Michael Brückner
Archivbeitrag 14.07.2011