Während die Epoche der Gotik offiziell bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts beginnt, liegt ihre Blütezeit in Deutschland im 14. und 15. Jahrhundert. Das Besondere an ihr: Sie wird heute nach der Antike als eigenständigste Epoche der gesamten Kunstgeschichte angesehen, in die nur wenige Einflüsse aus anderen Epochen hineinspielten.
In der Gotik versuchten die Bürger, sich zumindest äußerlich den höher gestellten Persönlichkeiten - insbesondere dem Adel - anzunähern. Vornehmlich geschah dies durch Kleidung und Schmuck. Diese Entwicklung wurde auch dadurch begünstigt, dass Schmuck nun in wesentlich größeren Stückzahlen hergestellt werden konnte. Dafür gerieten Optik und Verarbeitung der meisten Schmuckstücke einfacher und waren nicht mehr mit denen vergangener Epochen zu vergleichen.
Erstmals begann man, den Schmuck zum Ausdrücken der eigenen Individualität zu tragen. Auch dies förderte die wachsende Verbreitung insbesondere einfacher Schmuckstücke, die sich auch die niederen Stände leisten konnten. Aber selbst Könige fanden in der Gotik so viel Gefallen an der neuen, großen Auswahl von Schmuckstücken, dass sie teilweise große Sammlungen davon besaßen. So heißt es beispielsweise, dass König Edward im Jahr 1324 allein über zehn verschiedene Kronen verfügte.
Der Adel verfolgte die Bestrebungen des Bürgertums, sich ihm mittels Schmuck und Bekleidung so weit wie möglich anzugleichen, mit Verdruss. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Es wurden spezielle Kleiderordnungen erlassen, um die gesellschaftlichen Ränge in Zukunft wieder deutlicher sichtbar unterscheiden zu können. Auf die Gestaltung des Schmucks traf dies allerdings nicht zu.
Das Schmuckdesign wurde in der Zeit der Gotik farbiger und lebendiger. Insbesondere Ornamente fanden Einzug, die beliebtesten davon bestanden aus Ranken und Lilien. Durch den einsetzenden Buchdruck und die Beliebtheit von Kupferstichen wurden immer mehr Schmuckentwürfe verschiedenster Künstler und Handwerker publik, insbesondere solche mit religiösen Motiven. Viele Goldschmiedekünstler nahmen diese Entwürfe als Grundlage für die Anfertigung eigener Schmuckstücke.
Archivbeitrag 19.10.2012