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Fortbildung, Teil 3: Materialien und Techniken für Profis

Nur in wenigen anderen Bereichen lassen sich derart viele Materialien und Techniken finden - bei Schmuck und Uhren kommen beinahe jährlich neue hinzu. Das hat ganz unterschiedliche Gründe. Zum einen lockt natürlich die bunte Vielfalt. Dabei sind viele Hersteller darum bemüht, etwas Innovatives in ihren jeweiligen Segmenten auf den stetig wachsenden Markt zu bringen. Auf der anderen Seite sind es ganz praktische Gründe, wie zum Beispiel das kompensieren steigender Rohstoffpreise.

Bestand hat aber nur, was vom Markt auch angenommen wird. Im Ländervergleich sind die Unterschiede groß. Als Beispiel sei hier das Palladium angeführt. Während es in unseren Breitengraden eher ein Mauerblümchen-Dasein fristet, ist es in anderen Regionen der Welt schon lange ein Klassiker unter den Edelmetallen. Auch die Experimentierfreudigkeit der Kunden ist sehr unterschiedlich. Wo andernorts Trends wie vom Fließband laufen, wird hier ein eher konservatives Verhalten an den Tag gelegt. Viele Hersteller reagieren darauf mit entsprechenden Marketing-Strategien. So wird aktuell der Verlobungsring als besonderes Schmuckstück „wieder entdeckt“ – vorzugsweise in Weißgold mit Brillanten.

Während viele der heute gängigen Materialien von den meisten Herstellern problemlos verarbeitet werden können, gibt es einige, die spezielle Equipments erfordern. Die Anschaffungskosten solcher „Sonderausstattungen“ werden in der Regel von kleineren Unternehmen gescheut, da aufgrund mangelnder Auslastung nicht gewinnbringend oder gar kostendeckend gearbeitet werden kann. In diesen Fällen wird auf entsprechende Dienstleister zurückgegriffen. Gleiches gilt für spezielle Techniken, die im eigenen Betrieb nicht ausgeführt werden können.

Wer seinen Kunden neben dem Standartrepertoire auch hochwertige, außergewöhnliche Stücke anbieten möchte, benötigt neben den klassischen Fähigkeiten wie sägen, feilen und löten einiges mehr an handwerklicher Bandbreite. Gerade kleinere Unternehmen profitieren von traditionellen Techniken in Verbindung mit modernen Geräten – sie können sich aus der Masse hervorheben, sind wesentlich flexibler, was besondere Kundenwünsche betrifft, haben in der Regel hervorragend ausgebildete sowie hochmotivierte Mitarbeiter.

Ein Blick auf die Liste macht dem Kundigen schnell klar, dass die nachfolgend beschriebenen Techniken zum Teil sehr arbeitsaufwändig sind. Längst nicht überall können die so entstehenden Kosten dem Kunden vermittelt werden. Dennoch kann sich das ein oder andere Thema überraschend als lohnend erweisen – sei es als persönliche Bereicherung im täglichen Berufsleben oder auch finanziell, wenn vermeintlich teure Stücke glückliche Abnehmer finden, da es nichts Vergleichbares am Ort gibt.

Edle Steine im Schmuck verarbeiten – Fassen

Ob Sie mit großen Einzelsteinen arbeiten oder mit winzigen Einpunktern Akzente setzen – der perfekte Sitz des Steins ist das A und O. Gute Fasser sind gesucht, werden unter den Kollegen gar als Geheimtipp gehandelt! Nichts ist ärgerlicher: wenn bei einem neuen Stück nach kurzer Zeit die Steine wackeln oder gar herausfallen, dann ist der Vertrauensverlust des Kunden ein ernster Schaden! Mit den Möglichkeiten von heute werden Qualitäten erreicht, die Sie staunen lassen. Unter dem Mikroskop mit Hilfe von Druckluft unterstützten Sticheln und Punzen können Arbeitsabläufe optimiert werden. Neue, noch reizvollere Variationen sind entstanden, welche ihrerseits aufregend „andere“ Schmuckstücke ermöglichen.

Granulieren – nur was für die alten Etrusker?

Von wegen, wer sich den Gesetzen seines Werkstoffes unterwirft, kann die kleinen Kügelchen beherrschen und so ganz außergewöhnliches schaffen. Es erfordert einiges an Fingerspitzengefühl und sehr viel Übung. Gestalten Sie dreidimensionale Oberflächen, die nicht nur sichtbar, sondern auch fühlbar sind! Mit der Granulation lassen sich nicht nur Ornamente darstellen, Sie können komplette Szenen abbilden! Klassisch oder Modern! Gerade in Verbindung mit anderen Werkstoffen entstehen hinreißend schöne Unikate.

Tauschieren

Der Entwurf ist entscheidend! Formgefühl und zeichnerisches Können sind hier unabdingbar, wenn man sich nicht auf einfache Linien beschränken möchte. Nur der perfekte Umgang mit Hammer und Meißel, Punzen und dem Stichel führt zu einem befriedigenden Ergebnis. Wer es sich zutraut, kann auch mit Säuren und Abdecklacken oder Fräsern arbeiten. Hier werden zarte Linien, gerade oder geschwungen, sowie ganze Flächen mit weichen Metallen oder Legierungen ausgefüllt. Ebenso sind reliefartige Tauschierungen möglich, bei denen die Einlage über der Oberfläche des Grundmetalls stehen bleibt. Ob einfarbig oder mit verschieden Legierungen ausgeführt, eine Tauschierung stellt immer sehr hohe Anforderungen an den Ausführenden, da selbst kleinste Fehler am Ende sichtbar sind. Ein Bereich, in dem Tauschierungen traditionell stark vertreten sind, ist die Waffengravur.

Treibziselieren

Obwohl das Wort Ziselieren mit dem franz. Wort für Meißel in enger Verbindung steht, ist hier eine Technik gemeint, die auf umformen und nicht auf abtragen basiert. Es wird, im Gegensatz zur Bildgussziselierung, nichts weggestochen - vielmehr wird das Material mit Hilfe von diversen Punzen und dem Ziselierhammer dauerhaft plastisch verformt. Wie beim Trieben ist auch hier keine Abnahme der Materialstärke gewollt. Dabei werden relativ dünne Blechstärken verwandt, die in der Regel von beiden Seiten, eingebettet in Treibkitten, mit diversen Punzen bearbeitet werden. Die Palette der Variationen reicht von einfachen Mustern bis zu hinterschnittenen , sehr fein strukturierten, figürlichen Ausarbeitungen. Die so hergestellten Stücke weisen oft die reizvolle Oberflächenstruktur von feinen Hammerschlägen auf.

Treiben

Typische Produkte des Treibvorgangs sind Hohlkörper aus Metalllegierungen, wie zum Beispiel Kannen, Becher, Pokale oder auch kirchliches Gerät. Im Gegensatz zum Schmieden ist hier keine Veränderung der Materialstärke gewollt, wobei es durch Stauchen und Dehnen durchaus dazu kommen kann. Beim Treiben entsteht in der Regel aus einem flachen Metallblech ein dreidimensionaler Körper. Um zum Beispiel eine flache Ronde zu einem Becher zu treiben, muss das Material im Bereich der Wandung gestaucht werden. Mittels diverser Hämmern wird das Material auf einer Stahl oder Holzunterlage in die gewünschte Form geschlagen. Dabei ist der Lautstärkepegel um einiges höher als beim Treibziselieren. Das liegt unter anderem daran, dass das Material hier nicht aufgekittet wird, sondern während des Treibvorgangs in der Hand gehalten wird. Somit wird es bei jedem Hammerschlag in starke Schwingungen versetzt. Durch die starke Beanspruchung des Materials muss es in Zwischenschritten immer wieder durch Glühen entspannt werden, um es weiterbearbeiten zu können. Nur durch viel Übung lassen sich hier überzeugende Ergebnisse erzielen.

Farbe aus dem Feuer – Emaillieren

Emailarbeiten zeichnen sich oft durch die Summe der vorangegangenen Techniken aus. Die Vielzahl der möglichen, lebendigen Farben und die erreichbare Tiefgründigkeit machen den Reiz dieser Arbeiten aus. Bekannt sind sie auch durch die Arbeiten aus den Werkstätten Carl Peter Fabergés - hier oft in Kombination mit guillochiertem oder graviertem Untergrund oder in Form von Malereien. Was dem Betrachter verborgen bleibt, ist die wahre Meisterschaft der Emailleure: das Wissen um das machbare, das mögliche! Längst nicht alles kann erfolgreich emailliert werden und nicht alle Emailsorten vertragen sich untereinander. In schier unendlichen Versuchen auf immer wieder neuen Materialien, mit neu entwickelten Farben und Sorten haben diese Künstler ihr enormes Wissen aufgebaut. Eine Augenweide sind die Arbeiten der Anita Porchet, die unter anderem für die bekannte Marke Piaget Zifferblätter, Uhrgehäuse sowie Bänder emaillierte. Wenn man bedenkt, dass das Ergebnis einer Emaille-Arbeit niemals zu 100 Prozent vorhersagbar ist, darf man ruhig einmal mit offenem Mund ein solches Meisterwerk betrachten.

Archivbeitrag 22.02.2011
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