Goldschmiedeforum
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handwerklich- gestalterischer Eignungstest

 
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 ·  #1
So da bin ich wieder, hab den Test überstanden und so schlimm war er gar nicht.
Und hier kommt der ausführliche Bericht für alle Hilfesuchenden!
Ihr müsst nur bedenken, dass die Tests nicht an jeder Schule gleich sind!!!
Es waren 6 Phasen!

Zuerst sind wir alle in einen Vorlesungsraum gegangen, in dem sie uns begrüßt haben und bissl was über die Schule erzählt haben.
Dabei wurden Zettel ausgeteilt, die man ausfüllen sollte: Name, Berufswunsch etc.
Ja und dann gings auch gleich los.

1.Phase: 4 dicke Drähte (Stahl und Messing glaub ich)so biegen, dass sie in eine bestimmte Schablone passen, die auf ein Blatt Papier gezeichnet war, dabei haben sie einen dann aufgerufen zu einem 10 minütigen Gespräch.
Ich bin dann in so einen Raum, wo zwei Männer saßen und dort sollte ich erst mal meine Arbeiten zeigen...und dann fragen sie eben ein paar Sachen die von Person zu Person anders ausfallen...Vorstellungsgepräch halt, aber eher locker!

Jedenfalls ging es dann weiter mit der zweiten Phase. Ich musste aus einem Gipsblock ein S ausritzen nach einer Vorlage, das ist super gelaufen, war einfach. Danach haben sie uns rum geführt bei den Graveuren und Goldschmieden und dann war 20 Minuten Pause.

So dann der dritte Teil, aus einem Blatt Papier ein Haus falten mit Laschen zum zusammenkleben und das ganze musste aus einem einzigen Teil bestehen.war auch nicht so schwer.

Der vierte Teil bestand daraus ein "Design" für eine Verpackung von Tomaten zu entwerfen. Ohne Buchstaben und Wörter zu verwenden.

Dann kam wieder eine Führung bei den Silberschmieden und Glas- und Porzellanmalern. Dann wieder Pause 30 Minuten.

Danach die letzten beiden Teile. Einmal eine Collage mit dem Thema Natur und Architektur( die Teile durften sich nicht überlappen oder eine Lücke haben)

Und dann kam noch was leichteres einen Polylux abzeichnen ohne Licht und Schatten, also nur Konturen.
Danach war Schluss. Jede Phase hat genau 45 Minuten gedauert.

Ja und das wars, alles was ich noch sagen kann ist, macht euch einfach nicht verrückt, so wie ich... die Aufregung ist es nicht wert! Wenn man lockerer ist kommt man auch besser rüber!
Also keep cool 8)

sasifee
Goldie
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Goldie

 ·  #2
klasse! ich gratuliere :)

danke für deine zusammenfassunge. damit nimmst du anderen hoffentlich die angst.

ich habe mir erlaubt bei deinem anderen topic noch einen verweise auf diesen topic zu setzen, denn du hast ja ein neues thema eröffnet. durch den verweis finden dann andere leser auch zum ergebnis :)

also nochmals glückwunsch und weiter so!
würde mich freuen hier noch viel von dir zu hören :)

liebe grüsse
martin
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #3
Hallo Martin,

mit Interesse habe ich den Testbericht von Sasifee gelesen. Da die Ausbildungen ja nach dem gleichen Schema ablaufen, ist es kein Wunder, dass wir in den Werkstätten keine vernünftigen Leute mehr bekommen. Ein starkes Übergewicht zugunsten kreativer Begabungen wird letztendlich vielleicht dazu führen, dass unsere Designer Chinesen oder Inder brauchen um erst einmal als Prototyp auszuführen, was sie dann später ohnehin ausführen müssen, da die Deutschen zwar spinnerte Ideen en masse entwickeln, aber nicht mehr in der Lage sind, diese auch selbst umzusetzen. Diese Entwicklung wird eindrucksvoll untermauert durch den Niedergang der beruflichen/handwerklichen Qualität bei den Gesellenprüfungen!

Gruß, Ulrich
Goldie
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Goldie

 ·  #4
ja ulli, "design" scheint klar auf dem vormarsch zu sein - siehe dazu auch meinen inhorgenta messebericht im veranstaltungsforum.

hierzu würde ich gerne mehr meinungen hören. besonderns stefan, der an der berufschul-front steht und neben einem blick für design aber auch das nötige know how vermittelt, wäre hier spannend zu hören.

was meint ihr: heist der beruf in 10 jahren weiterhin goldschmied oder doch eher edelmetall-designer?

verallgemeinern ist zwar immer schwierig aber wer ist noch der meinung dass mittlerweile das design die erste geige spielt und das handwerkliche geschick eher eine nebenrolle trägt?
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #5
Stefan ist ohnehin nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Der ist nämlich neben allem Design auch noch ein guter Handwerker. Und diese Rasse ist im Aussterben begriffen. Was ich so bemängele ist, dass die ganze Schmuckwelt dies einfach nicht zur Kenntnis nimmt und glaubt, es sei genug die Idee zu etwas zuhaben. Arbeiten und ausführen können dann ja die Inder oder wie sie heißen mögen. Der Tag wird kommen, an dem das Gejammer zum Himmel schallt!

Zitat
was meint ihr: heist der beruf in 10 jahren weiterhin goldschmied oder doch eher edelmetall-designer?


Künstler, Martin, Künstler! Der "Goldarbeiter ist tot. Und Feile und Zange sind was für die Fingernägel! :mrgreen:

Gruß, Ulrich
Kathrin
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Kathrin

 ·  #6
Hallöle,

also mir ist in der Zeit meiner Meisterprüfungsvorbereitung auch aufgefallen, dass in den Schulen unheimlich viel Wert auf die gestalterische Arbeit gelegt wird. Ob das nun gut oder schlecht ist..... ich weiß auch nicht. Ich bin der Meinung, dass ein Goldschmied beides beherrschen muss. Was bringt es mir denn wenn ich zwar einen brillanten Entwurf aufs Papier bringe, diesen aber handwerklich nicht umsetzen kann? Ich denke aber, dass es da noch einen Unterschied gibt zwischen der rein schulischen Ausbildung und der Ausbildung im dulaen System. Vielleicht bleibt bei der schulischen Ausbildung einfach mehr Zeit sich auf gestalterische Dinge zu konzentrieren. Bei der Ausbildung im Betrieb ist es vielen Ausbildern einfach wichtiger, dass der Lehrling so schnell wie möglich die vorgelegten Entwürfe umsetzen kann. Vielleicht sollte man ein gesundes Mittelmaß finden um beides zu fördern. Goldschmiede sind, meiner Meinung nach, doch eher Handwerker. Da werden die Meinungen allerdings bestimmt auseinander gehen.

Grüsse Kathrin
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #7
Hallo Kathrin,

die Erzeugnisse eines Goldschmiedes sind notwendigerweise handwerklicher Art. Was hier passiert, ist das Gleiche, was in der Malerei geschah: Durch den Einsatz immer raffinierterer techn. Mittel, ist ein ganzer Berufsstand arbeitslos geworden. Und so, wie die Portraitmaler, die Ladnschafts- oder Gebäudemaler durch die aufkommende Fotografie arbeitslos wurden und neue Betätigungsfelder gesucht werden mussten, so geht es den Goldschmieden auch. Die Manufakturen der Vergangenheit, wo Heinzelmännchen die immer gleichen Handgriffe in unglaublicher Präzision durchführten, sind geschlossen worden. An ihre Stelle sind Maschinen getreten, sind Billigländer getreten, die sich bereits heute mit dem gleichen Problem auseinander zu setzen haben. Die Masse der Schmuckstücke wird heutzutage, aber nicht erst seit heute(!) durch mechanische Hilfsmittel hergestellt, und das zunehmend im Ausland. Aufwändige Handarbeiten, wie beispielsweise Karmoisierungen, sind unter den Tisch gefallen, wegrationalisiert worden, oder man hat sie durch zielgerichtete Modellentwicklung in den Status des Nicht mehr gewollten, Unmodernen manipuliert.

Die Arbeit der Schmuckschaffenden, besteht heute im Grunde aus zwei Bereichen: A- Design und Mustermacherei, B-abschließende Techniken, wie Oberflächenbearbeitung, Steine fassen, Galvanotechnik u.dgl. Dazu kommt selbstverständlich der Service-und Reparaturbereich, zu welchem auch Umarbeitungen zählen.

Doch werden die handwerklichen Bereiche zunehmend dezimiert. Schon sinkt, aus Mangel an geeigneten und fähigen Ausbildern, die fachliche Qualität und Leistungsfähigkeit unseres Nachwuchses dramatisch. Die Zeichner sind dem CAD zum Opfer gefallen, die Mustermacher vom Rapid Prototyping abgelöst worden, die Poliseusen von der Gleitschliff-u. Galvanotechnik verdrängt worden und die Edelsteinfasser konkurrieren heute gegen eingegossene und eingepresste Steine.

Gegen alle diese Entwicklungen hat sich das Handwerk durchzusetzen, muss es sich durchsetzen, wenn es überleben will. Und so sind die Bemühungen das Handwerk des Goldschmiedes noch stärker in den künstlerischen Bereich zu integrieren etwa das Gleiche, wie die Versuche der Maler vor 100 Jahren, wo man u.a. nackte Frauen in Farbe gewälzt hat und auf einer Leinwand "umdruckte" und für Wahnsinnspreise an dekadente, sensationslüsterne, oder ganz einfach nur spekulationswütige Kunden brachte, genau wie in diesem Bereich, gekennzeichnet von einem Verlust der Handwerklichkeit.

Auch ist, im Vergleich zur Malerei und zur Bildhauerei, die noch stärkere Hinwendung zur Kunst sehr ambivalent. Um ein Schmuckstück zu fertigen, bedarf es nun mal höherer handwerklicher Anstrengungen und Fähigkeiten, als einen Pinsel auf der Leinwand auszuwringen oder Zementklumpatsch erstarren zu lassen. Womit ich keineswegs sagen will, dass in diesen Bereichen nicht auch ganz großartige Fachleute zu finden sind. Jedoch ist ein rein optischer Effekt immer leichter herstellbar, als ein komplexes Teil welches neben seiner mechanischen, zweckentsprechenden Funktionalität, auch noch gut aussehen, Ideen vermitteln, Werte ausstrahlen soll und muss.

Wo die Entwicklung hingeht, lässt sich nur vermuten. Jedoch kann es auf keinen Fall verkehrt sein, einem Berufsanfänger so viel Handwerk wie eben möglich mit auf den Weg zu geben.

Gruß, Ulrich
stefan
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stefan

 ·  #8
guten abend allen im forum,
nach dem mich martin und uli in den letzten tagen mehrmalls direkt angesprochen haben, sollte ich doch mal wieder ein lebenszeichen von mir geben.
den ausführungen von uli kann ich mich widerspruchslos anschließen. die beispiele ließen sich weiterführen: die schußwaffen haben den rittern (und den herstellern von rüstungen) den gar ausgemacht..."
ich stecke mittendrin im angesprochenen themengebiet "ausbildung, handwerk und gestaltung, prüfungen usw." (ist übrigens auch einer der gründe martin, warum ich mich in letzter zeit immer seltener hab hier blicken lassen.)

zuerst vielleicht zu den eignungstests:
solche tests sind schon aussagekräftig, wenn es darum geht in recht kurzer zeit einigermaßen geeignete bewerber für eine zukünftige ausbildung zu finden. die messlatte wird bewußt meist nicht sehr hoch angesetzt, weil die bewerber sehr unterschiedliche voraussetzungen (vorbildung) mitbringen. (wenn die bewerberzahlen zu niedrig sind werden sowieso viele "eigentlich nicht geeignete" mit aufgenommen- die klassen müssen ja voll werden!!! - dadurch sinkt der durchschnitt.)

:evil:
die lehrlinge in der dualen ausbildung können wir uns an der schule nicht aussuchen- für die auswahl sind die meister draußen" in der freien wildbahn" verantwortlich. ich als lehrer kann nur versuchen den lehrlingen genug theoretisches hintergrundwissen und verständnis für die dinge zu vermitteln, damit jeder sich selbst bei der arbeit und die anweisungen seines meisters verstehen, befolgen oder überprüfen kann. (ich bin letztens erst aus allen wollken gefallen, als mir ein lehrling ernsthaft erzählte, dass seine meisterin jedes mal nach dem gießen den kompletten einguss (kokille) mit dem barren ins wasser schmeißt... )

was ich damit sagen will: der überwiegenden zahl der lehrlinge unterstelle ich fehlende begeisterung für diesen beruf. sicher nicht zuletzt aus mangel an geeigneten vorbildern und trüben zukunftsprognosen. um gut in diesem beruf zu sein mußt du etwas mehr als nur eine meise haben! mit gut meine ich nicht unbedingt erfolgreich! um erfolg zu haben mußt du dich dem mittelmäßigen bis schlechten (weil fehlend) geschmack der massen beugen. "er-folg-reich" ... (oder viel geld für marketing haben, um dich lautstark in die wünsche der massen zu bohren.)

zur qualität der ausbildung:
zitat uli: "Da die Ausbildungen ja nach dem gleichen Schema ablaufen, ist es kein Wunder, dass wir in den Werkstätten keine vernünftigen Leute mehr bekommen." die mußt du dir selber ranziehen. aus der werkstatt meiner frau sind in diesem lehrjahr die zwei besten lehrlinge der neuen bundesländer gekommen!
die schulische ausbildung ist eine grundausbildung zum goldschmied, die weitestgehend nach einem lehrplan abläuft. (grund auf dem man aufbauen kann.) wenn ich als klassenleiter die berichtshefte lese, dann finde ich immer wieder meister , welche lehrline haben, die sich nicht die bohne um die gründliche ausbildung der jungen leute kümmern. (wenn ein meister nach einem halben jahr ausbildung seinem lehrling in den berichtshefter schreibt, dass er unwirtschaftlich arbeitet, dann hat er sein ausbildungsauftrag nicht ganz richtig verstanden!) wenn ich aber an entsprechender stelle etwas sage, dann höre ich nur: "wir können froh sein, dass wir diese lehrstelle anbieten können!"

nun zum verhältnis gestaltung handwerk:
meine frau hat mir gerade einen ausspruch von alberto moravia vorgelesen, der eigentlich keine erklärung mehr braucht:"DAS ZEICHEN DER GROßEN KUNST IST MÜHELOSIGKEIT" wer keine ahnung hat wie etwas im inneren funktioniert, kann nichts wesentliches bewegen. ich habe gerade in einer der letzten klassen eine/n lehrling, der an einer fachhochschule für schmuckdesign angenommen war (nach einem kurzen praktikum- ohne lehre!?) ein jahr später hat er/sie sich dazu bekannt, dass es so nicht funktioniert und macht jetzt erst einmal eine richtige ausbildung. hut ab vor so viel mut!
aber was machen die anderen? sie machen munter weiter design! vieles davon könnte man aber eher unter oberflächenkosmetik zusammenfassen. "nicht jeder furz muss brennen!"
die guten ideen sollten es am ende tatsächlich sein, die aus der masse herausstechen. eigentlich habe ich auch nichts gegen eine arbeitsteilung, auch über grenzen hinweg. gepaart mit einer tieferen kenntniss der materie, erleichtert sie einem nur die arbeit. handwerliches und naturwissenschaftliches unvermögen ist bei den heutigen technischen möglichkeiten und sozialen sicherungssystemen kein todesurteil mehr. die darwinsche entwicklungstheorie wird von der einsteinschen relativitätstheorie außerkraft gesetzt. nicht nur die besten handwerker und gestalter dürfen sich wieter vermehren. schade eigentlich!

kein guter schluss aber für heute reichts. wir kommen bestimmt darauf wieder zurück.
gruß stefan
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #9
Zitat
"DAS ZEICHEN DER GROßEN KUNST IST MÜHELOSIGKEIT"


...was ganz sicher nicht heißen kann (und auch soll), dass sich ein großer Künstler, eben ein wahrer Könner, nie geplagt und abgemüht hat. Ganz im Gegenteil erscheint es mir so, dass sich gerade große Künstler einem gnadenlosen Training unterworfen haben, welches ein ganzes Leben dauern kann und vielfach auch dauert, oder gedauert hat. An dieser Stelle fällt mir Pablo Picasso ein. Nur durch die absolute Sicherheit im Umgang mit der jeweiligen Materie, die nur erreicht werden kann indem immer wieder (mühsam) erbrachte Leistungen erfolgreich verbessert werden, entsteht jene Virtuosität, die dem Betrachter dann folgerichtig als Mühelosigkeit erscheint. Johann Strauss hat es in der Arie des Schweinehirten folgendermaßen ausgedrückt: "Wenn man`s kann ungefähr, wenn man`s kann, ist`s nicht schwer..."

Ich habe allerdings den Eindruck, dass derartige Gedankengänge für viele, vor allem jüngere Zeitgenossen, bereits zu mühsam sind und dass man sich statt dessen lieber auf die Lesart verlegt, dass alles was Mühe macht besser vermieden werden sollte, da es ja doch immer irgendwie anders, sprich müheloser weitergeht.

Und dazu fällt mir nun wieder das von Stefan oben zitierte soziale Netz ein! :mrgreen:

Gruß, Ulrich
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #10
Das Schwergewicht auf (eigenes) Design zu legen ist aber vielen auch bereits ausgebildeten Goldschmieden nur schwer auszutreiben. Bewerber für die Goldschmiedeausbildung haben bei mir fast immer damit argumentiert, sie möchten eigene Entwürfe ausführen.

Meine Antwort darauf, das sie dann auf die andere Seite der Theke wechseln müssen und als Kunden wiederkommen sollen, haben sie meist nicht verstanden.

Wir führen Wünsche der Kunden aus und versuchen Ihnen nicht unsere Ideen aufzudrängen und schon gar nicht zu erziehen.

Vor Weihnachten meldete sich bei mir ein Goldschmied der Aufträge suchte. Ich gab Ihm, weil wir mit Aufträgen voll ausgelastet waren, ein Herz in 14 Kt Gold zu fertigen. Es sollten die farbigen Diamanten des Kunden eingefasst werden. Die Zeichnungen und Vorlagen bekam er mit.
Zuerst beschwerte er sich darüber das es unter seiner Würde wäre in 14 Kt. Gold zu arbeiten, dann meinte er könne die 10 kleinen Diamanten nicht fassen, nach ein paar Tagen lieferte er mir ein zweifellos handwerklich und gestalterisch schön gemachtes Goldherz in 14 karat Gold.
Nur, es war ca 30% größer als bestellt und wich von der Vorlage deutlich ab.
Der Kunde, dem ich es noch ohne gefasste Steine zeigte, wollte es nicht haben, seine Frau sei klein und zierlich und ein derartiges Schmuckstück würde nicht zu Ihr passen, als musste ich es noch einmal neu machen. Damit war der Kunde zufrieden und seine Frau glücklich.
Das bezahlte und unfertige Herz liegt immer noch auf meinem Werkbrett. Es ist schön, vielleicht sogar schöner als das Herz das ich für den Kunden angefertigt habe, weil es barock und prächtig wirkt.
Nur, was nützt es wenn der Kunde es nicht abnimmt?

Ich schreibe das nicht, weil es ein Einzelfall ist, es ist leider die Regel. Zwar wünschen Kunden Beratung und Empfehlung, sie wollen selten das man sich über Ihre Wünsche hinwegsetzt.
Leider ist dieser Effekt bei Goldschmieden kein Einzelfall. Wie ich erfahren habe, haben Küchen mit Ihren Köchen das gleiche Problem. Jeder Jungkoch will ein sündhaft teures drei Sterne Essen kochen dürfen und nur wenige können einen Schweinsbraten machen der wirklich gut ist.
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #11
Zitat
Das Schwergewicht auf (eigenes) Design zu legen ist aber vielen auch bereits ausgebildeten Goldschmieden nur schwer auszutreiben.


Hallo Heinrich,

was Du schreibst, deckt sich mit meinen Erfahrungen. Zum Zitat: Könnte es nicht auch sein, dass diese Verhaltensweise zu einem gewissen Anteil einer Ausbildung mit Mängeln entspringt? Etwa nach dem Motto: Ich mache das was ich kann. Und so ist die vielgepriesene "eigene Art" vielleicht manchmal nur ein Deckmäntelchen welches die vorhandenen Lücken, oder Schwächen, überspielen soll. Und wenn das Ganze arrogant genug gebracht wird, schindet es vielleicht sogar manchmal Eindruck.

Gruß, Ulrich
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #12
Ich vermute eher das das Image des Berufes "Goldschmied" diese Leute anzieht. Denn die Einstellungsgespräche, die mein Vater in den 70ern und später ich in den 80ern geführt hatten, waren schon vor dem ersten Handschlag so gelaufen:

Frage: Warum möchten Sie (oder Ihre Tochter) unbedingt Goldschmied werden?
Antwort: Ich (Sie ) hat sooo viele Ideen...
Frage: Haben Sie sich handwerklich schon viel betätigt?
Anwort: Wieso? Wie meinen?
Frage: Nun, Holz- oder Metallarbeiten, Stricken, nähen irgendetwas schaffen mit den Händen?
Anwort: Nein, ich will ja Goldschmiedin werden.

Es gab Ausnahmen, aber solche Geschichten sind viel zu häufig passiert.

Ein sehr guter Lehrling meines Vaters, der sich dann nach Abschluß der Ausbildung mit einem kleinen Juweliergeschäft in ungünstiger Lage Jahrelang gequält hatte, hat mir von kurzem erzählt das er das Hotel seiner Eltern übernommen hat. Eine der besten Lehrlinge meines Vaters hat ein inzwischen renommiertes Perlengeschäft in bester Lage.
Die guten gehen viel zu oft vom Handwerk weg.
stefan
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stefan

 ·  #13
hallo,
das problem mit der eigenen handschrift sehe ich so: wenn man ein mal glaubt eine eigene handschrift gefunden zu haben und diese weiter pflegt, dann darf man nicht mehr von design oder gestaltung sprechen. das ist dann nur noch abarbeiten nach schema "f". kreativ ist man, wenn man sich stendig vor neuen problemen stelt und dafür neue lösungen bringt. die meisten arbeiten aus der vermeintlichen sicherheit heraus der bereits vorhandenen lösungen und ihre abwandlung. das hat nichts mehr mit kreativität zu tun. da ist manch klempner, der mit dem rohr um 10 ecken muß, weit erfindungsreicher!
stefan
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Guestuser

 ·  #14
Ich wollte nur mal zu bedenken geben, das die Auszubildenden in solchen Schulen sehr wohl lernen wie man den Schmuck herstellt! Schließlich besteht die Ausbildung aus Theorie und Praxis!!! Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, wie sie an ihren Werkbanken saßen und geschweißt etc. haben und das meiner Meinung nach sehr gut!
Außerdem was erwartet ihr bei einem Eignungstest, irgendwie muss man ja feststellen, ob ein Mensch gestalterisch und handwerklich begabt ist, oder?

sasifee
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #15
Ganz ohne mehrfache Ausrufezeichen habe ich große Unterschiede in der Geschwindigkeit und Sauberkeit der Ausführung von Absolventen der Schulen und der dualen Ausbildung bemerkt.
In der Schule hat man nicht so den Druck in einem vernünftigen Zeitraum auch Ergebnisse ab zuliefern, die einem Kunden zugemutet werden können.

Das ist aber nicht wirklich schlimm weil man das in 2-3 Monaten nachlernen kann, wenn man will.
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