Na dann ich auch:
Ebouche ist französisch und heißt so viel wie (etwas) öffnen, sich öffnen. ( Das Maul aufmachen
) Der Ebouchierer vollzog den ersten Schritt des Verarbeitungsprozesses, er "eröffnete" ihn. Das Gleiche finden wir bei den Uhrmachern. De erste Schritt um ein Werk zum Laufen zu bringen, die Funktion zu "öffnen" war das einbringen des Räderwerks, um Eingriffe und Achsenstellungen und was sonst noch damit zusammenhängt zu kontrollieren.
In beiden Bereichen also das "Sich Öffnen" eines grundlegenden und wichtigen Prozesses.
l'ébauche ist ebenfalls französisch und bedeutet so viel wie Rohentwurf, Rohplanung. Auch wenn der Begriff so ausgelegt wird, beziehen sich die hier gemeinten Tätigkeiten auf grundlegende, sehr wichtige Vorarbeiten, ohne die das spätere Produkt nicht entstehen konnte.
Bei den Schleifern war es früher so, dass die Älteren, die nicht mehr richtig sehen konnten, die jedoch über die größte Erfahrung im Umgang mit dem Steinmaterial verfügten, die groben, aber eminent wichtigen Vorschleifarbeiten machten.
So bekam der Fassettierer einen roh zugeschliffenen Stein, bei dem die Form bereits stimmte, die Farbe am richtigen Fleck saß, in die Finger, so konnte dann ohne weiteren Zeitverlust sofort damit begonnen werden, die Steine zu fassettieren.
Dies geschah meist aus der freien Hand, aufgekittet wurde nur beim Polieren. Der Fassettierer drückte den durchsichtigen Stein auf den umlaufenden, großen Stein, dabei entstand trotz des Wassers mit dem der Vorgang betrieben wurde, an der Kontaktstelle des Kristalls mit dem Schleifstein. ein Funkenbild, was die genaue Form der gerade geschliffenen Fassette anzeigte. Dieses Funkenfeld beobachtete der Schleifer von der Rückseite, durch den Stein hindurch. War eine Fassette richtig platziert und groß genug, wurde der Stein einfach in einem anderen Winkel an den Stein gedrückt und weiter ging es.
Ich habe Leute gesehen, die brauchten für einen ganzen Stein keine drei Minuten um ihn zu fassettieren. Poliert wurden die Steine dann meist von jungen Frauen. Dazu wurde eine ebenfalls vertikal laufende, große Zinn-Bleischeibe verwendet. Die Steine wurden mit dem jeweiligen Polierpulver an die feuchte Scheibe gedrückt, wie an einem Polierfilz eines Goldschmieds und wurden, ohne dass die zu polierende Fassette beobachtet werden konnte, weil der Stein ja aufgekittet war, Fläche für Fläche poliert. Dabei zog man den Stein aus dem feuchten Bereich der Scheibe axial in den trockenen hinüber, denn an nasser Scheibe werden die Flächen fein geschmirgelt, wird es trockener, dann zieht der Glanz auf.
Dabei gab es Spezialisten, deren Qualitäten denen eines Lapidärs in keiner Weise nachstanden! Einfach unglaublich. Wer sich einmal an so etwas versucht hat, der weiß wovon ich rede! Mit den heutigen Methoden hat das überhaupt nichts mehr zu tun. Da ja sogar das Lochbrett mittlerweile zu den absolut antiquierten Arbeitsvorrichtungen zählt, werden diese Werkzeuge auch immer seltener. Lediglich im Reparaturbereich haben diese Dinge noch ihren festen Platz, weil die Flexibilität einfach unschlagbar ist. Allerdings ist es schon heute abzusehen, wann der letzte Lochbrett-Lapidär den Schalter das letzte Mal umlegt. Diese Kunst ist eigentlich bereits ausgestorben. Weiter vermittelt wird sie meines Wissens nach auch nicht mehr.
Noch etwas fällt auf. Bei aller Präzision deren heutige Maschinen und Anlagen fähig sind: Wenn ein guter Eboucheur ein guter Faassettierer, ein gutes Kittmädel und eine gute Poliseuse zusammen ein Team bildeten, konnten sie Mengen an einem Tag verarbeiten, von denen man sich kaum eine Vorstellung machen kann. Und wenn einmal ein Stein kaputt ging, dann war es ein rabenschwarzer Tag, denn kaputt gab es normalerweise nicht.
Aber seit die Automaten zig Steine auf einem einzigen Kamm bearbeiten können, hat auch der genialste Handwerker keine Chance mehr. Und so ist eine ganze Industrie klamm und heimlich "entmenscht" worden. Überlebt haben nur die, die mit der Zeit gegangen sind, die sich rechtzeitig auf den Wandel umstellen konnten.
Und eine neue, ganz andere Generation von Schleifern hat sich entwickelt. Leute, deren Hobby es ist Steine zu schleifen. Und sie tun es mit den heutigen Möglichkeiten in einer Präzision und Kreativität, mit einer Fantasie, zu der frühere Schleifer weder Zeit, noch Gelegenheit hatten.
Das Rad dreht sich weiter, nichts ist endgültig!