Im Zuge unserer neuen Beitragsreihe „Tool-Test“, welche wir zusammen mit Kai Schula, Goldschmiedebedarf Paul Peter Schula, realisieren, stellt sich diesmal ein neuartiger Kartuschen-Brenner einem Praxistest.
M-Gas-PIEZO-Hartlötbrenner auf Kartuschenbasis - TÜV-geprüft - Power-Gaskartusche zum Hartlöten mit weit über 2000°C Flammentemperatur durch Spezial-Gasgemisch aus Methyl, Acetylen und Propan (vgl. M-Gas) - Automatische Zündung durch Knopfdruck - 2 Jahre Garantie auf Zündung - Universell einsetzbar - Extrem kräftige Kegelflamme durch Gasvorerwärmung im Brennerkopf - Brenndauer 2-3 Stunden! - Überkopfbetrieb nach nur 5 Sekunden Anheizzeit - Mit Abstellfuß und Aufhängevorrichtung - Robust - Ergonomisch
Preis bei www.schula.de , incl. Starterkartusche (110ml): 112,45 Euro
Feuerfester Arbeitsplatz
Brenner und Quick Cast stehen bereit
Gießversuche mit dem Kleinguss-System „Quick Cast“ - siehe dazu auch Tool-Test #1:
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Durchgeführt wurde der Test von „mayfair2224“, einer recht fortgeschrittenen Hobby-Goldschmiedin aus unserem Schmuckforum. Der Brenner ist für diese Zielgruppe gut geeignet. Auch für Profis kann er übrigens in einigen Situationen eine perfekte Alternative darstellen. Die folgenden Worte sind Realeindrücke der Testperson - es wurden keinerlei Änderungen am Text vorgenommen. Lediglich zusätzliche Kommentare (Kursivschrift) wurden von Kai Schula und Heinrich Butschal, Goldschmiede-Experte, Sachverständiger und Moderator aus unserem Forum, ergänzt, damit die Erfolge noch besser werden.
Erster Eindruck nach dem Auspacken
Hurra das versprochene Paket von Schula ist angekommen! Habe es sofort ausgepackt und die beiden Kartuschen und den Brenner begutachtet. Die große Kartusche ist erwartungsgemäß für zarte Frauenhände etwas schwer. Gedankenstrich - Mit der kann man sicherlich wegen Ermüdungserscheinungen nicht lange brennen/schmelzen.
Die kleine Kartusche macht einen guten Eindruck und ist natürlich leichter als die große (ist da überhaupt was drin?) und in Kombination mit dem Brenner - der zwar auch einiges an Gewicht vorlegt; - solide Ausführung würde ich mal sagen - habe ich doch schon den Eindruck als ob man gut mit ihr zu recht kommt. Wobei die kleine Kombi nicht unbedingt stabil steht (kopflastig).
Kartusche aufschrauben
1.Gießanlage
Bestimmung eines zu gießenden Objekts und Aufbau der Quick Cast Gießanlage. Die Verwendung war äußerst problemlos, dank ausführlicher Anweisungen aus dem Internet und bebilderter beigefügter Gebrauchsanleitung.
2. Brenner
Als erstes die Verbindung des Brenneraufsatzes durch aufschrauben (den Brenner bereits etwas öffnen, damit dabei bereits etwas Gas strömen kann!) auf die kleine Kartusche gemäß Gebrauchsanleitung vorgenommen. Ich habe die kleine gewählt, da ich es mir für den Erstgebrauch bei gleich zwei neuen Arbeitsschritten (gießen u. schmelzen) so einfach wie möglich machen wollte.
!! Wichtig !!: auf nichtbrennbare Unterlage und ausreichend freien Raum um den Arbeitsbereich achten!
Feuer frei mit Piezo-Zündung
Die Montage von Brennerkopf auf die Kartusche erfolgte ohne Probleme. Feuer frei über die integrierte Piezo-Zündung. Das ist ein echter Vorteil gegenüber Brennern, bei denen noch zusätzlich mit Feuerzeug hantiert werden muss. Die Flamme ist sehr kräftig und stark, der Eindruck wird noch über die Geräuschkulisse die der Brenner erzeugt unterstrichen. Man kann die Flamme anhand des Rädchens für die Gaszufuhr kleiner und größer stellen. Was auffällt ist, das sie ein sehr abgegrenztes „Flamm“- Gebiet zeigt. Sie bläkt und streut nicht, egal wie stark oder schwach sie eingestellt ist.
Möglicherweise kann man auch gut normale (nicht zu feine) Lötarbeiten damit durchführen. Dann aber mit kleinerer Flamme, die große hat zuviel Bums und jagt schon Respekt ein.
Wenn mit der Flamme nach unten gearbeitet wird, (wie beim Schmelzen) ist es wichtig, dass die Flamme erstmal einige Sekunden im Senkrechtmodus feuert. Geht man zu schnell nach unten, verschluckt sie sich und kann ausgehen.
Anmerkung Kai Schula:
Der Brenner braucht etwa 5-10 Sekunden Aufheizzeit, damit die Düsenvorwärmung aktiviert wird. Dann arbeitet der Brenner auch über Kopf.
Erster Versuch etwas zu weit entfernt
Erster Versuch Muschel, zweiter u.dritter Versuch Pfennig, vierter Versuch Plastik-Gummibärchen, fünfter Versuch Korallblümchen.
Als erstes habe ich ca.8 gr.( Silbermenge fürs Model pi x Daumen geschätzt) vorhandenes Restsilber in die Schmelzschale getan (Model Muschel).
Lt. Quick Cast soll man mit spitzer Flamme das Silber schmelzen. Da mir unklar war, was genau damit gemeint ist, habe ich die Flamme mutmaßlich in einem zu weit entferntem Abstand vom Schmelzgut gehalten und das Silber ist quasi verklumpt und nicht richtig flüssig geworden. Das Silber das bereits in die Gießanlage geflossen ist, war somit nicht mehr ausreichend. Den Schmelzvorgang habe ich abgebrochen. Das Restsilber konnte nach dem abkühlen relativ problemlos aus der Schmelzschale gelöst werden (ein zu früher Versuch führt zu Beschädigungen an der Schmelzschale!).
Anmerkung von Heinrich Butschal:
Das Metall sollte, nachdem es sichtbar flüssig ist, noch ca. 60 Sekunden weiter intensiv erhitzt werden, damit es noch mehr Temperatur annimmt. Diese Temperaturerhöhung über den Liquiduspunkt braucht das Metall um nicht auf dem Weg zum Gussteil vorzeitig zu gefrieren.
Zweiter Versuch etwas näher
Für den nächsten Versuch (Model Pfennig) habe ich auf fabrikneues Gusssilber zurückgegriffen. Aus dem ersten Desaster gelernt, habe ich auch angefangen die Flamme direkt in die Schmelzschale zu halten, so das alles in einem orangefarbenen Feuerball getaucht war. Die Wärme scheint einen Hitzeball über dem Schmelzgut zu bilden.
Hier muss man aber aufpassen, dass die Flamme/Hitze durchaus auf den Brennerkopf zurückreflektiert und dieser unangenehm warm wird. Außerdem erhitzt sich die Gießanlage unangenehm, je länger man benötigt das Schmelzgut zu erhitzen. Sobald man den richtigen Winkel/Abstand gefunden hat schmilzt alles sehr schnell (ausprobierte max. Menge ca. 10 gr)
Hier hat sich die intuitive Verwendung eines ledernen Gartenhandschuhs zum Halten der Anlage von vornherein als richtig erwiesen.
Für Linkshänder etwas schwierig beim Kippen
ansonsten kein Problem bei der Bedienung
Erschwerend kam noch hinzu, dass ich Linkshänderin bin, die Anlage mit links und den Brenner mit rechts halte und irgendwie ein komisches Gefühl dabei habe links nach außen zu drehen. Machte einen instabilen Eindruck auf mich. Außerdem hat man in dieser Haltung nicht die Möglichkeit die Flamme weiterhin auf das Schmelzgut zu richten wenn man bereits beim Kippen ist.
Eine umgekehrte Verwendung hätte zur Überkreuzhaltung von Flamme und Schmelzschale geführt. Hier wäre möglicherweise die Gefahr zu hoch sich selbst zu verbrennen.
Der Faktor Selbstverbrennung ist noch hoch genug, wenn man den Quick Cast um 90 Grad gedreht und noch nicht losgelassen hat und jetzt die noch brennende Flamme einhändig abdrehen muss.
Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben und Wiederholung ist Vertiefung.
Also die nächste Form geschnitzt und alles ging schon viel schneller. Letztlich hat dann der Gummibär noch als bestes geklappt. Obwohl er knapp 10 gr. wiegt und leicht verkürzte Beine hat.
Fazit - mit etwas Übung gute Ergebnisse
Die Handhabung des Brenners war nach kurzer „Anwärmphase“ ein Kinderspiel. Auch das einhändige Ausschalten ging super (wenn man die Flamme nicht direkt auf seinen Nebenmann richtet, also ausreichend freien Brennraum um sich rum hat). Auf- und Abschrauben des Brenners von der Kartusche ist kein Problem. Bei der Verwendung der großen Dose habe ich festgestellt, dass die Flammenregulierung anfangs nicht stabil bleibt. Wenn man auf kleine Flamme geht, kann sie durchaus selbsttätig größer werden.
Leider habe ich bei meinen diversen Gussformungen immer noch ein Problem mit dem Gusskanal, so das häufig zu wenig Material in den Abdruck selbst geflossen ist (Verstopfung am Ende des Gusskanals) oder ich die ausreichende Menge nicht richtig „berechnet“ habe (bzw. geschätzt) und es schlichtweg zu wenig Material war (letzter Versuch Korallblümchen). Leider hat sich am Anfang einiges an verkrüppeltem Silbermaterial in die Schmelzschale gefressen, welches zu „Schlaglöchern“ in der Schmelzschale geführt hat. Vermutlich wird die Schale nicht ihre prognostizierte Lebensdauer erreichen.
Anmerkung von Heinrich Butschal:
Der Gusskanal sollte 30%dicker sein als die dicksten Stelle im Gussteil, wenn möglich sollte an der dicksten Stelle der Kanal ansetzt werden.
Beim Pfennig sollte der Kanal mindesten 5 mm breit an der Seitenwand in voller Höhe der Seitenwand angeschnitten sein und mindestens doppel oder dreimal so dick zum Eingussloch laufen wie der Pfennig dick ist.
Der Eingusskanal kann auch konisch verlaufen zum Eingussloch immer dicker werden. Das Silber sollte möglichst schnell in einem Schwung in die Form schießen, dann werden die Formen am besten gefüllt. Bei einem konischen Kanal beschleunigt sich das flüssige Metall besonders gut. (Venturi-Effekt).
Dem Silber passiert nichts wenn man es auf Giesstemperatur bringt. Und Giesstemperatur ist immer über Liquidustemperatur.
Je feiner das Gussmodell um so höher muss die Giesstemperatur über der Liquidustemperatur liegen.
Möglicherweise ist Dir deshalb das dicke Gummibärchen gelungen und er dünne Pfenning noch nicht.
Also weiterhin üben, üben, üben.
Ich habe übrigens dann noch die große Flasche genommen und Restsilber zu Kügelchen auf der Lötkohle geschmolzen. Die Dinger sind wie Schmidts Katze abgerauscht, will sagen: die waren so schnell gekugelt, die konnten sich nicht wehren. Ich musste sogar aufpassen, das ich sie mir nicht von der Kohle puste. Und die Kohle selber ist in null-komma-nix glühend rot gewesen (aber gute Kohle hält das aus).
In unserem Videobereich findet ihr noch ein Begleitvideo zum Brennertest:
https://www.goettgen.de/video/m-gas-piezo-hartloetbrenner-kartuschenbasis-praxistest-1236032562