Prof. Dr. Erhard Brepohl schreibt persönlich über sein Buch.
Nach der Lehrausbildung im elterlichen Geschäft machte ich 1953 die Meisterprüfung, 1955 wurde in meiner Heimatstadt Arnstadt die, auch heute noch bestehende Zentrale Berufsschule für Goldschmiede begründet, ich bewarb mich mit Erfolg und stand, direkt aus der Werkstatt kommend, vor 30 Lehrlingen, um ihnen das erforderliche fachtheoretische Wissen zu vermitteln. Lehrinhalte, Lehrpläne, meine pädagogische Ausbildung - all das kam später. Das letzte Goldschmiedelehrbuch war 1928 erschienen.
Ich erkundigte mich beim VEB Fachbuchverlag Leipzig, ob es denn irgendwann einmal ein Lehrbuch gäbe, mit dem die Berufsausbildung verbessern und meine Arbeit als Lehrer erleichtert werden könnte. Die Antwort war knapp: "Ja, aber Sie müssen es schreiben!". Ich war 27 Jahre alt.In der DDR, wo zu dieser Zeit die Goldschmiede ums Überleben kämpften, wo es keine Fachzeitschriften, keine Fachbücher, weder Edelmetalle noch Edelsteine, besonders aber keine Goldschmiedewerkzeuge gab, der Leihverkehr der Bibliotheken nach dem Westen extrem schwierig war, begann ich 1958 für meine Lehrlinge ein Buch zu schreiben, für das ich mir den Titel "Theorie und Praxis des Goldschmieds" ausgedacht hatte.
Um Haaresbreite wäre das Buch gar nicht erschienen, denn während ich noch eifrig am Manuskript arbeitete, entdeckte der Verlagsdirektor auf der Planungsliste das Goldschmiedebuch. Er ließ den Lektor kommen: "Gib dem Brepohl 1000 Mark Abfindung und laß' den Titel sterben. Für die paar DDR-Goldschmiede lohnt sich das doch nicht!" Aber der Lektor widersprach seinem Chef, vertraute dem jungen Goldschmiede-Meister, nahm das Risiko auf sich und sagte "Nein"!
Und es war ein Risiko, denn in der DDR gab es wirklich nicht so sehr viele Goldschmiede, aber als das Buch im Mai 1962 herauskam verbreitete es sich schnell in den Goldschmiedewerkstätten der DDR, die Lehrlinge nutzten es während ihrer Ausbildung, die Junggoldschmiede bereiteten sich mit dem Buch auf die Meisterprüfung vor, und es wurde zum Ratgeber bei der täglichen Arbeit am Arbeitsplatz. Die "Mauer" hatte ihr einjähriges Jubiläum, der "Kalte Krieg" war auf seinem Höhepunkt, trotzdem, ich weiß nicht wie, gelangte dieses Buch aus der "Zone" sehr schnell auch in die westlichen Goldschmiedewerkstätten.
Nach wenigen Jahren wurde DER BREPOHL nicht nur in beiden deutschen Staaten, sondern auch in der Schweiz und in Österreich zum Standardlehrbuch der Goldschmiede. Inzwischen hat sich mit der amerikanischen und der russischen Ausgabe das Buch auch international durchgesetzt.Überall ringsum wimmelt es in der Wirtschaft nur so von "Konkurrenz", die bekanntlich das Geschäft so sehr belebt, aber bis heute gibt es nirgendwo ein vergleichbares Goldschmiedebuch. Natürlich hängt das damit zusammen, daß wir beide - Autor und Produkt - uns in all den Jahren ständig weiterentwickelten, was aber gar schwierig war, weil die Schmuckproduktion seit Jahrhunderten in Südwestdeutschland zu Hause war und demnach alle Informationen "aus dem Westen" beschafft werden mußten.
Auf der Titelseite der Erstausgabe von 1962 fehlt der übliche Hinweis "1. Auflage", weil niemand ernsthaft an die Möglichkeit einer Nachauflage gedacht hatte - ich war der einzige, der daran glaubte - und nun ist also die 16. Auflage fertig geworden.
Jede neue Auflage ist für Verlag und Autor ein wichtiges Ereignis:
Einige tausend Goldschmiede, Schmuckmacher, interessierte Laien haben mit ihrer Kaufentscheidung eine zustimmende Bewertung ausgedrückt. Für den Verlag hat sich das Risiko der hohen Investitionskosten gelohnt, und er wurde immer wieder zur Fortsetzung des Projekts ermutigt. Für den Autor ergibt sich mit der Neuauflage die Möglichkeit, Text und Bilder zu ändern, zu ergänzen oder zu streichen, um technische oder wissenschaftliche Neuerungen einzuarbeiten oder einfach nur Fehler zu beseitigen. So konnte das Buch in all den Jahren ständig weiterentwickelt werden.
Als nach der "Wende" das ganze Buch völlig überarbeitet wurde, ist es schon einmal neu gesetzt worden. Weltweite Informationsmöglichkeiten, unkomplizierten Kontakte mit Goldschmiedekollegen, großzügige Unterstützung durch Werkzeughandlungen und Industriebetrieben ermöglichten die umfassende Aktualisierungen und wesentliche Erweiterungen auf allen Gebieten. Viele Bilder wurden durch bessere, aktuellere ersetzt, Abbildungen moderner Werkzeuge und Maschinen kamen dazu. So erschien 1995 die 11. Auflage, neu gestaltet in neuer Qualität, und seitdem stehen in vielen Werkstätten der alte und der neue "Brepohl" nebeneinander.
Die 45-Jährige Erfolgsgeschichte dieses Buches und das Vertrauen in eine gesicherte Zukunft des Goldschmiedehandwerks und der Schmuckfertigung veranlaßten Verlag und Autor dazu, für die 16. Auflage die Konzeption einer grundsätzlichen Neubearbeitung von Inhalt und Gestaltung zu entwickeln.
Das größere Format, die ganz neue Einbandgestaltung sind die äußeren Merkmale der Neugestaltung. Beim Durchblättern fallen die vielen Farbbilder auf, beschäftigt man sich intensiver mit dem Buch, dann wird man erkennen, wie es deutlich erweitert und auf den neuesten Stand gebracht worden ist.
Es ist eine Besonderheit des Goldschmiedehandwerks, daß die handwerklichen Grundtechniken schon vor Jahrhunderten derartig perfektioniert worden sind, daß es nichts - oder fast nichts - zu verändern oder zu verbessern ist. Wir müssen nur dafür sorgen, daß jeder Lehrling die erforderlichen Fertigkeiten durch beharrliches Üben genauso erwirbt, wie wir es in unserer Lehrzeit getan haben. So wird das Kastenschloß heute noch genauso gemacht wie früher, also ist auch die Herstellungsanleitung beibehalten worden. Im Vorwort habe ich die Besonderheiten des neuen Buches zusammengefasst, und wenn man das Inhaltsverzeichnis durchsieht, bekommt man eine Vorstellung vom Umfang und von der Vielfalt der behandelten Probleme. Deshalb werden diese beiden Auszüge aus dem Buch hier veröffentlicht. Für weitere Informationen über die 16. Auflage einfach auf das folgende Buch-Cover klicken:
Sie können das Buch auch direkt über Amazon bestellen.
Weiteres zu Prof. Dr. Brepohl und seinem Buch finden Sie in folgendem Beitrag sowie zum selbst mitreden in diesem Forenthema, an dem sich Prof. Dr. Brepohl von Zeit zu Zeit selbst beteiligt.